Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
zuvor. Er konnte den Umfang der zusätzlichen Kraft nicht verändern oder beeinflussen, denn das hier war weder Allomantie noch Ferrochemie. Es war Hämalurgie.
Für jeden Stachel war jemand gestorben. TenSoon versuchte, nicht zu viel darüber nachzudenken, so wie er nicht darüber nachzudenken versuchte, dass er diese Segnung nur besaß, weil er jemanden aus seiner eigenen Generation getötet hatte. Der Oberste Herrscher hatte jedes Jahr diese Stacheln verteilt und
den Kandras die gewünschte Anzahl gegeben, damit sie eine neue Generation schaffen konnten.
Er hatte nun vier Stacheln, zwei Segnungen, und war damit einer der mächtigsten lebenden Kandras. Seine Muskeln spannten sich an. Selbstsicher sprang TenSoon vom Gipfel der Felsformation herunter und landete sicher auf dem etwa zwanzig Fuß tiefer gelegenen aschebedeckten Boden. Er machte sich auf den Weg und rannte nun viel schneller. Die Segnung der Kraft ähnelte der Kraft eines Allomanten, wenn er Weißblech verbrannte, aber sie war nicht dasselbe. TenSoon konnte nicht unendlich lange weiterlaufen, und er konnte auch nicht durch ein plötzliches Anfachen zusätzliche Stärke erlangen. Doch er benötigte keine Metalle, um die Kraft in Gang zu halten.
Er lief nach Osten. Der Erste Vertrag war sehr klar formuliert. Wenn Ruin zurückkehrte, sollten die Kandras den Vater aufsuchen und ihm dienen. Aber leider war der Vater tot. Diese Möglichkeit hatte der Erste Vertrag nicht bedacht. Da er nun den Vater nicht mehr aufsuchen konnte, tat TenSoon das Nächstbeste. Er suchte nach Vin.
Ursprünglich hatten wir angenommen, dass ein Koloss die Vereinigung zweier Wesen zu einem einzigen war. Das war falsch. Kolosse sind keine Verschmelzung von zwei Personen, sondern von fünf, wie es die vier Stacheln verraten, die zu ihrer Erschaffung notwendig sind. Natürlich nicht fünf Körper, sondern fünf Seelen.
Jedes Stachelpaar verleiht das, was ein Kandra die Segnung der Kraft nennen würde. Doch jeder Stachel verformt den Kolosskörper ein wenig mehr und macht ihn immer nichtmenschlicher. Das ist der Preis der Hämalurgie.
Kapitel 40
N iemand weiß genau, wie Inquisitoren gemacht werden«, sagte Elant aus dem vorderen Teil des Zeltes zu einer kleinen Gruppe, zu der Hamm, Cett, der Schreiber Noorden und Demoux gehörten. Vin saß im hinteren Teil und versuchte noch immer zu begreifen, was sie herausgefunden hatte. Menschen … alle Kolosse … sie alle waren einmal Menschen gewesen.
»Es gibt aber viele Theorien darüber«, fuhr Elant fort. »Nach dem Sturz des Obersten Herrschers haben Sazed und ich einige Nachforschungen betrieben und von den Obligatoren, die wir befragt haben, interessante Tatsachen erfahren. Zum Beispiel waren die Inquisitoren vorher gewöhnliche Menschen – Menschen, die sich an ihr früheres Leben erinnern, nun aber neue allomantische Fähigkeiten besitzen.«
»Das beweisen unsere Erfahrungen mit Marsch«, warf Hamm ein. »Auch er hat sich daran erinnert, wie er früher war, obwohl er all diese Stacheln im Körper hat. Und als er zum Inquisitor wurde, bekam er die Kräfte eines Nebelgeborenen.«
»Entschuldigung«, sagte Cett, »aber würde mir bitte einmal jemand erklären, was das alles mit der Belagerung der Stadt zu tun hat? Hier gibt es keine Inquisitoren.«
Elant verschränkte die Arme vor der Brust. »Es ist wichtig, Cett, weil wir uns nicht nur mit Yomen im Krieg befinden, sondern mit etwas, das wir nicht verstehen – mit etwas viel Mächtigerem als bloß diesen Soldaten in Fadrex.«
Cett schnaubte verächtlich. »Glaubt Ihr noch immer an das Gerede über Verdammnis und Götter und so weiter?«
»Noorden«, sagte Elant und sah den Schreiber an. »Bitte sage Graf Cett, was du mir heute Morgen berichtet hast.«
Der frühere Obligator nickte. »Also, Herr, es ist so. Die Anzahl der Menschen, die dem Nebel zum Opfer fallen, ist einfach zu regelmäßig, um Zufall sein zu können. Die Natur arbeitet mit dem organisierten Chaos – Zufall im kleinen Maßstab und erkennbare Tendenzen im größeren. Ich kann nicht glauben, dass etwas Natürliches so regelmäßige Ergebnisse hervorbringt.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Cett.
»Nun, Herr«, erklärte Noorden, »stellt Euch einmal vor, Ihr hört irgendwo außerhalb Eures Zeltes ein Klopfgeräusch. Wenn es sich gelegentlich wiederholt und kein regelmäßiges Muster bildet, könnte es der Wind sein, der eine lockere Zeltklappe immer wieder gegen eine Stange bläst. Aber wenn es mit
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