Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
Regierungszeit vor etwa tausend Jahren ausgerottet.
Vor einem Jahr war die Frau, die Sazed geliebt hatte, gestorben. Und jetzt wollte er wissen … nein, er musste wissen …, ob die Religionen der Welt eine Antwort für ihn bereithielten. Er würde die Wahrheit herausfinden, oder er würde jeden einzelnen Glauben endgültig auslöschen.
Weher sah ihn immer noch an.
»Ich würde lieber nicht darüber reden, Graf Weher«, sagte Sazed.
»Wie es dir beliebt«, sagte Weher und hob seinen Becher. »Vielleicht könntest du deine ferrochemischen Kräfte dazu einsetzen, die Unterhaltung im angrenzenden Raum zu belauschen …«
»Ich glaube nicht, dass das schicklich wäre.«
Weher lächelte. »Mein lieber Terrriser, nur du könntest eine Stadt erobern wollen und dir gleichzeitig Sorgen darum machen, ob das dem Herrscher gegenüber ›schicklich‹ ist.«
Sazed senkte wieder den Blick und war etwas verlegen. Aber er konnte Wehers Bemerkung nicht einfach abtun. Obwohl sie beide keine Armee nach Lekalstadt geführt hatten, waren sie
tatsächlich als Eroberer gekommen. Sie wollten diese Eroberung lediglich statt mit dem Schwert mit einem Blatt Papier durchführen.
Alles hing davon ab, was in dem angrenzenden Zimmer geschah. Würde der König den Vertrag unterzeichnen oder nicht? Weher und Sazed blieb nichts anderes übrig als abzuwarten. Es verlangte ihn danach, die Mappe wieder zur Hand zu nehmen und die nächste Religion im Stapel zu betrachten. Mehr als einen ganzen Tag hatte er über die Canzi nachgedacht, und nun, nachdem er sein Urteil gefällt hatte, wollte er sich gern das nächste Blatt vornehmen. Während des vergangenen Jahres hatte er zwei Drittel der Religionen durchgearbeitet. Kaum hundert waren übrig geblieben, allerdings lag die Zahl näher bei zweihundert, wenn man alle Untersekten und abhängigen Religionsgemeinschaften dazuzählte.
Das Ende war nahe. In den nächsten Monaten sollte es ihm gelingen, den Rest der Religionen durchzusehen. Er wollte jeder einzelnen eine angemessene Betrachtung schenken. Sicherlich würde eine der verbliebenen die Essenz der Wahrheit enthalten, nach der er suchte. Sicherlich würde eine von ihnen ihm sagen, was mit Tindwyls Geist geschehen war, ohne sich bei einem halben Dutzend anderer Punkte selbst zu widersprechen.
Aber im Augenblick war es ihm peinlich, in Wehers Anwesenheit zu lesen. Also zwang sich Sazed dazu, sitzen zu bleiben und geduldig abzuwarten.
Das Zimmer war nach der Mode des alten Reichsadels reich ausgeschmückt. Sazed war an solchen Glanz nicht gewöhnt – nicht mehr. Elant hatte den meisten Zierrat verkauft oder verbrannt – sein Volk hatte während des Winters Nahrung und Wärme benötigt. König Lekal hatte es anscheinend anders gemacht, oder es lag daran, dass die Winter hier im Süden nicht so hart waren.
Sazed schaute aus dem Fenster neben dem Sessel. Lekalstadt besaß keinen richtigen Palast; bis vor zwei Jahren war es nur eine ländliche Siedlung gewesen. Das Herrenhaus bot jedoch einen hübschen Blick auf die rasch wachsende Stadt – die eher aus Baracken als aus richtigen Häusern bestand.
Dennoch beherrschte diese Barackenstadt Ländereien, die sich innerhalb von Elants Verteidigungsring befanden. Also brauchten sie König Lekals Gefolgschaft. Deshalb hatte Elant eine Abordnung – zu der auch Sazed als Erster Botschafter gehörte – losgeschickt, um die Treue des Königs Lekal einzufordern. Und dieser Mann beriet sich nun im angrenzenden Raum mit seinen Ratgebern und versuchte zu entscheiden, ob er den Vertrag, der sie zu Elant Wagers Untertanen machte, annehmen sollte oder nicht.
Erster Botschafter des Neuen Reiches …
Sazed war nicht besonders stolz auf diesen Titel, denn er bedeutete, dass er nun tatsächlich ein Mitglied des Reiches war. Sein Volk, das Volk von Terris, hatte geschworen, keinen Menschen mehr seinen Herrn zu nennen. Es hatte tausend Jahre in Unterdrückung verbracht und war wie Tiere einem Zuchtprogramm unterworfen worden, das den vollkommenen, gelehrigen Diener hervorbringen sollte. Erst mit dem Untergang des Letzten Reiches waren die Terriser in die Lage versetzt worden, sich selbst zu regieren.
Bisher hatten sie allerdings dabei keine gute Arbeit geleistet. Natürlich war es nicht gerade hilfreich gewesen, dass die Inquisitoren den gesamten Rat der Terriser dahingemetzelt hatten, so dass Sazeds Volk fortan ohne Regierung und Führung dastand.
In gewisser Weise waren wir Heuchler, dachte er. Der Oberste
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