Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
Zeiten, in denen das ein Vorteil ist.«
Beldre schniefte leise. »Solche Zeiten habe ich nie gekannt. Es sieht so aus, als ob ich mein ganzes Leben lang immer wieder vertraut habe und verletzt worden bin. Und jetzt ist es wieder genauso.«
Spuki saß neben ihr und verspürte ein Gefühl der Enttäuschung über sich selbst. Kelsier, sag mir, was ich sagen soll!, dachte er. Aber Gott schwieg. Der Überlebende schien keine Ratschläge zu geben, die über die Einnahme der Stadt hinausgingen.
Es schien alles so einfach zu sein, als Spuki den Befehl gegeben hatte, Beldre gefangen zu nehmen. Doch warum saß er jetzt mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend neben ihr?
»Weißt du, ich glaube an ihn«, sagte Beldre.
»An deinen Bruder?«
»Nein«, antwortete sie und schüttelte sanft den Kopf. »An den Obersten Herrscher. Ich war eine gute kleine Adlige. Ich habe immer meine Zahlungen an die Obligatoren geleistet – manchmal habe ich ihnen sogar zu viel gegeben und sie auch bei den kleinsten Dingen zu Zeugen gerufen. Außerdem habe ich sie bezahlt, damit sie mir Unterricht in der Geschichte des Reiches geben. Ich war der Meinung, es sei alles in Ordnung. Und dann haben sie versucht, mich zu töten. Es hat sich herausgestellt,
dass ich zur Hälfte eine Skaa bin. Mein Vater hatte unbedingt ein Kind gewollt, und meine Mutter war unfruchtbar. Er hatte zwei Kinder mit einem der Dienstmädchen – und meine Mutter war damit sogar einverstanden.«
Sie schüttelte den Kopf. »Warum hat er das getan?«, fuhr sie fort. »Ich meine, warum hat er sich keine Adlige ausgesucht? Aber nein, mein Vater musste unbedingt die Dienstmagd nehmen. Vielleicht hat sie ihm besonders gut gefallen …« Sie senkte den Blick.
»Bei mir war es mein Großvater«, sagte Spuki. »Ich habe ihn nie gekannt. Bin auf der Straße aufgewachsen.«
»Manchmal wünschte ich, das wäre ich auch«, meinte Beldre. »Dann würde das alles vielleicht einen Sinn ergeben. Was kannst du machen, wenn die Priester, die dafür bezahlt wurden, dich zu unterrichten und denen du mehr vertraust als deinen Eltern, dich zur Hinrichtung abholen? Ich bin mit ihnen gegangen. Ich wäre gestorben. Aber dann …«
»Dann was?«, fragte Spuki.
»Dann habt ihr mich gerettet«, flüsterte sie. »Die Mannschaft des Überlebenden. Ihr habt den Obersten Herrscher gestürzt, und in dem Chaos danach sind Leute wie ich einfach vergessen worden. Die Obligatoren hatten zu viel damit zu tun, sich bei Straff einzuschmeicheln.«
»Und dann ist dein Bruder an die Macht gekommen.«
Sie nickte schwach. »Ich dachte, er würde ein guter Herrscher sein. Er ist wirklich ein guter Mensch! Er will nur, dass alles sicher und beständig ist. Frieden für alle. Aber manchmal tut er den Menschen etwas an … und er erteilt ihnen Befehle …«
»Es tut mir leid«, sagte Spuki.
Sie schüttelte den Kopf. »Und dann bist du gekommen. Du hast dieses Kind vor den Augen von Quellion und mir gerettet. Du bist in meinen Garten gekommen und hast mich nicht einmal bedroht. Ich dachte … vielleicht ist er wirklich so, wie
es in den Geschichten heißt. Vielleicht wird er uns helfen. Und da ich nun mal ein Dummkopf bin, bin ich hergekommen.«
»Ich wünschte, es wäre alles so einfach, Beldre«, sagte Spuki. »Ich wünschte, ich könnte dich gehen lassen. Aber hier geht es um ein höheres Wohl.«
»Weißt du, das ist genau das, was Quellion immer sagt«, meinte sie.
Spuki verstummte.
»Ihr beiden habt einiges gemeinsam«, fuhr sie fort. »Ihr seid stark. Und gebieterisch.«
Spuki kicherte. »Du kennst mich nicht sehr gut, oder?«
Sie errötete. »Du bist der Überlebende der Flammen. Glaube nicht, ich hätte die Gerüchte nicht gehört. Mein Bruder kann mich schließlich nicht von all seinen Besprechungen fernhalten. «
»Gerüchte sind selten verlässlich«, sagte Spuki.
»Du gehörst zur Mannschaft des Überlebenden.«
Spuki zuckte die Achseln. »Das stimmt. Aber ich bin nur durch Zufall zu ihnen gekommen.«
Sie runzelte die Stirn und sah ihn an.
»Die anderen hat Kelsier selbst ausgesucht«, erklärte Spuki. »Hamm, Weher, Sazed – und sogar Vin. Auch meinen Onkel hat er aufgenommen. Und dadurch hat er mich als Dreingabe bekommen. Ich … ich habe nie wirklich zu ihnen gehört, Beldre. Ich war so etwas wie ein Beobachter. Ich habe Wache gestanden. Zwar bin ich bei den Planungen dabei gewesen, aber alle haben mich nur wie einen Laufburschen behandelt. Im ersten Jahr musste ich Wehers Becher
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