Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
vorbeigekommen und hatten versucht, die Stadt anzugreifen. Nun standen sie reglos da und warteten auf sein stummes Kommando vor der Verteidigungsanlage.
Die Soldaten öffneten das Tor und ließen Vin, Elant, Fatren und Vins einzelnen Koloss-Diener ein. Die meisten betrachteten das Ungetüm mit Misstrauen – was durchaus verständlich war. Vin befahl ihm, den toten Inquisitor auf den Boden zu legen, und brachte ihn dann dazu, den drei zu folgen, als sie die aschebedeckte Straße entlanggingen. Vin hatte eine besondere Philosophie: Je mehr Menschen die Kolosse sahen und sich an diese Kreaturen gewöhnten, desto besser war es. Dann hatten die Leute weniger Angst vor den Ungetümen, und es machte es ihnen leichter zu kämpfen, falls sie den Kolossen noch einmal in einer Schlacht gegenüberstehen sollten.
Bald hatten sie das Ministeriumsgebäude erreicht, das Elant bei seinem ersten Besuch in der Stadt bemerkt hatte. Vins Koloss trat vor und riss die Bretter von den Türen.
»Das Ministeriumsgebäude?«, fragte Fatren. »Wozu soll das denn gut sein? Wir haben es schon durchsucht.«
Elant sah ihn an.
»Herr«, fügte Fatren verspätet hinzu.
»Das Stahlministerium stand in direkter Beziehung zum Obersten Herrscher«, erklärte Elant. »Die Obligatoren waren seine Augen im ganzen Reich, und durch sie kontrollierte er den Adel, wachte über den Handel und stellte sicher, dass sich keine Häresien einschlichen.«
Der Koloss brach die Tür auf. Elant betrat das Haus und verbrannte dabei Zinn, damit er in dem schwachen Licht besser sehen konnte. Vin tat offenbar dasselbe, denn sie hatte keine Schwierigkeiten, sich einen Weg an den zerbrochenen Planken
und den über den Boden verstreuten Möbelteilen zu bahnen. Anscheinend hatten Fatrens Männer diesen Ort nicht nur »durchsucht« – sie hatten ihn verwüstet.
»Ja, ich weiß von den Obligatoren«, sagte Fatren. »Hier gibt es keine, Herr. Sie sind zusammen mit dem Adel gegangen.«
»Die Obligatoren haben sich um einige sehr wichtige Projekte gekümmert, Fatren«, sagte Elant. »Sie haben zum Beispiel herauszufinden versucht, wie man neue Metalle verwenden kann, und sie haben nach Spuren von Terris-Blut für Zuchtprogramme geforscht. Eines ihrer Projekte ist von ganz besonderem Interesse für uns.«
»Hier«, rief Vin von einer Stelle, an der etwas in den Boden eingelassen war. Eine verborgene Falltür.
Fatren warf einen Blick zurück auf das Sonnenlicht; vielleicht wünschte er sich gerade, er hätte ein paar Soldaten mitgenommen. Neben der Falltür entzündete Vin eine Laterne, die sie von irgendwoher geholt hatte. In der Schwärze des Kellers wäre nicht einmal mit Zinn etwas zu sehen. Vin öffnete die Falltür, und sie kletterten eine Leiter hinunter, die in einem Weinkeller endete.
Elant ging zur Mitte des kleinen Raumes und betrachtete ihn eingehend, während Vin die Wände absuchte. »Ich habe es gefunden«, sagte sie eine Sekunde später und klopfte mit der Faust gegen eine bestimmte Stelle der steinernen Wand. Elant kam herbei und stellte sich neben sie. Da war ein kleiner, kaum sichtbarer Schlitz zwischen den Steinen. Elant verbrannte Stahl und sah, wie zwei schwach blaue Linien auf Metallplatten wiesen, die hinter den Steinen versteckt waren. Zwei stärkere Linien deuteten auf eine große Metallplatte in der Wand hinter ihm, die mit gewaltigen Bolzen sicher im Stein befestigt war.
»Fertig?«, fragte Vin.
Elant nickte und fachte sein Eisen an. Sie zogen gleichzeitig an der Platte, die in der Wand verborgen war, und verankerten
sich dabei, indem sie ebenfalls an den Platten in der rückwärtigen Wand zogen.
Nicht zum ersten Mal war Elant vom Weitblick des Ministeriums beeindruckt. Wie hatte es wissen können, dass eines Tages eine Gruppe Skaa die Kontrolle über diese Stadt übernehmen würde? Diese Tür war nicht nur versteckt gewesen – sie war so errichtet worden, dass nur ein Allomant sie öffnen konnte. Elant zog weiterhin in beide Richtungen zugleich und fühlte sich dabei, als würde sein Körper von zwei Pferden gedehnt, die in entgegengesetzte Richtungen trabten. Zum Glück stärkte die Kraft des Weißblechs seinen Körper und bewahrte ihn davor, auseinandergerissen zu werden. Neben ihm ächzte Vin vor Anstrengung, und bald glitt ein Teil der Wand auf sie zu. Es wäre unmöglich gewesen, den dicken Stein nur mit einem Hebel aufzustemmen, und es wäre äußerst schwierig und langwierig gewesen, ein Loch hineinzuschlagen. Doch mit Allomantie
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