Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
überleben werden.«
Die Hauptmänner standen in einer kleinen Gruppe zusammen und sahen Wager an. Sie jubelten nicht über diese Rede, aber sie schienen nun ein wenig mehr Zuversicht zu haben. Sie zerstreuten sich und gaben Wagers Anweisungen an ihre Männer weiter.
Leise näherte sich Fatren dem Herrscher. »Wenn Eure Zahlen stimmen, dann sind sie uns im Verhältnis von fünf zu eins überlegen.«
Wager nickte.
»Sie sind größer, stärker und besser ausgebildet als wir.«
Wager nickte abermals.
»Also sind wir doch verloren.«
Nun sah Wager Fatren an und runzelte die Stirn. Schwarze Asche sprenkelte seine Schultern. »Ihr seid nicht verloren. Ihr habt etwas, das sie nicht haben – etwas sehr Wichtiges.«
»Und was ist das?«
Wager sah ihm tief in die Augen. »Ihr habt mich.«
»Herrscher!«, rief eine Stimme vom Verteidigungswall herunter. »Kolosse gesichtet!«
Sie machen bereits ihm zuerst Meldung, dachte Fatren. Er wusste nicht recht, ob er beeindruckt oder beleidigt sein sollte.
Sofort hielt Wager auf das Bollwerk zu und setzte seine Allomantie dazu ein, die Entfernung mit einem raschen Sprung zu überbrücken.
Die meisten Soldaten standen gebückt da oder verbargen sich unter dem Wall, obwohl der Feind noch weit entfernt war. Wager jedoch stand aufrecht in seiner weißen Uniform und blinzelte in die Ferne.
»Sie schlagen ein Lager auf«, sagte er lächelnd. »Gut. Graf Fatren, bereite deine Männer auf einen Anschlag vor.«
»Auf einen Anschlag?«, fragte Fatren, während er hinter Wager die Böschung hochkletterte.
Der Herrscher nickte. »Die Kolosse werden müde vom Marsch sein, und das Errichten des Lagers lenkt sie ab. Wir werden keine bessere Gelegenheit mehr haben, um sie anzugreifen.«
»Aber wir sind in der Verteidigungsposition!«
Wager schüttelte den Kopf. »Wenn wir warten, steigern sie sich möglicherweise selbst in einen Blutrausch hinein und stürmen
dann auf uns zu. Es ist besser, wenn wir angreifen, anstatt abzuwarten und getötet zu werden.«
»Wir sollen den Schutz des Bollwerks verlassen?«
»Diese Verteidigungsanlage ist beeindruckend, Graf Fatren, aber letztlich ist sie nutzlos. Du hast nicht genug Männer, um sie in ihrer ganzen Länge zu verteidigen, und die Kolosse sind für gewöhnlich größer und stämmiger als die Menschen. Sie werden einfach das Bollwerk erobern und halten, während sie von dort aus in die Stadt strömen.«
»Aber …«
Wager sah ihn an. Sein Blick war ruhig, aber fest und erwartungsvoll. Die Botschaft war einfach. Ich befehle jetzt hier. Es würde keine Diskussionen geben.
»Ja, Herr«, sagte Fatren und rief einige Boten herbei, damit sie den Befehl verbreiteten.
Wager sah zu, wie die Jungen davonschossen. Es schien eine gewisse Verwirrung unter den Männern einzusetzen; sie hatten nicht erwartet, angreifen zu müssen. Immer mehr Augen richteten sich auf Wager, der aufrecht auf dem Wall stand.
Er sieht wirklich wie ein Herrscher aus, dachte Fatren unwillkürlich.
Die Befehle liefen durch die Reihen der Soldaten. Die Zeit verging. Schließlich starrte ihn die gesamte Armee an. Wager zog sein Schwert und hielt es hoch in den aschfleckigen Himmel. Dann sprang er unmenschlich schnell von der Verteidigungsanlage herunter und rannte auf das Lager der Kolosse zu.
Einen Augenblick lang rannte er allein. Dann biss Fatren die Zähne zusammen, damit er nicht die Nerven verlor, und musste erstaunt feststellen, dass er dem Herrscher folgte.
Auf dem Bollwerk entstand ein großer Aufruhr, und die Soldaten rannten mit einem gemeinsamen Aufschrei und erhobenen Waffen auf den Tod zu.
Das Innehaben der Macht hat seltsame Dinge mit meinem Geist angestellt. Innerhalb weniger Augenblicke wurde ich vertraut mit der Macht selbst, mit ihrer Geschichte und den Arten, auf welche sie eingesetzt werden kann.
Doch dieses Wissen war deutlich anders als jede Erfahrung oder auch nur die Fähigkeit, die Macht zu benutzen. Ich wusste nun zum Beispiel, wie ich einen Planeten im Himmel bewegen konnte. Aber ich wusste nicht, wohin ich ihn setzen sollte, damit er sich nicht zu nah oder zu fern der Sonne befand.
Kapitel 2
W ie immer begann TenSoons Tag in der Dunkelheit. Das lag natürlich auch daran, dass er keine Augen hatte. Er hätte sie sich schaffen können, denn er entstammte schließlich der dritten Generation und hatte dadurch sogar für einen Kandra ein hohes Alter. Er hatte schon viele Leichen verdaut und dadurch gelernt, Sinnesorgane zu bilden, ohne ein
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