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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Bedeutung, mußte Sander sich eingestehen, wenn er sonst auch ein intelligentes Tier war.
    Jetzt verengte sich der Pfad und führte sie auf die andere Seite des Wasserfalls. Das Getöse war so laut, daß sie sich nicht verständlich machen konnten, nicht einmal, um sich gegenseitig Mut zuzusprechen. Es gab jetzt nur noch eine einzige ausgefahrene Spur, die gefährlich nahe am Abgrund entlangführte. Sander preßte sich eng an den aufsteigenden Felsen und zerrte Fanyi mit sich. Ihre Kleider, ihre Haare und ihre Gesichter waren feucht vom Gischt. Rhin war vorausgetrottet, sie aber kamen nur langsam voran. Sander wurde schwindelig; er mußte gegen das Verlangen ankämpfen, den festen Halt zu verlassen – aber wenn er das tun würde, wäre es wahrscheinlich ihr Untergang.
    Fanyi krallte sich an seine Felljacke, daß ihre Knöchel weiß hervortraten. Mit der anderen Hand hielt sie den Anhänger umklammert, und ihre Lippen bewegten sich, als flüstere sie einen Zauberspruch.
    Der Weg wollte kein Ende nehmen. Zweimal mußten sie, auf dem Bauch liegend, vorwärtsrobben, weil rostiges Metall ihnen den Weg versperrte. Aber die Wagenspuren waren immer noch zu sehen, und Sander empfand Bewunderung für die, die es gewagt hatten, diesen Weg entlang zu fahren. Oder vielleicht hatten sie es bereits so oft getan, daß sie das Entsetzen der Verwüstung vergessen hatten.
    Schließlich hatten sie den Wasserfall hinter sich gelassen, und zu ihrer Rechten lag ein See, gesprenkelt mit Felseninseln und Riffen aus erstarrter Lava. Am jenseitigen Ufer, gerade noch erkennbar, war eine Mündung, die zu einem zweiten Fluß gehören mußte, so als hätte der See zwei Zuflüsse.
    Zwischen ihnen und dem See begann sich eine neue Trümmerwand aufzutürmen. Und hier entdeckte Sander, daß der Pfad offenbar teilweise durch Menschenhand erweitert worden war. Doch war er auch hier nur so breit wie ein Wagen, ein sehr schmaler Wagen. Wenn Sander allerdings den enormen Arbeitsaufwand bedachte, kam er zu dem Schluß, daß am Ende des Pfads tatsächlich etwas sein mußte, das reiche Belohnung für all die Mühe versprach.
    Jetzt ging Sander rascher. Er lief, die Augen fest auf den Boden gerichtet, daß ihm der Schweiß ausbrach und sein Herz zum Zerspringen pochte. Der Weg senkte sich allmählich.
    Als sie auch die Stelle hinter sich gelassen hatten, die von Menschenhand verbreitert worden war, öffnete sich der Pfad, und sie konnten erkennen, daß er hinunterführte, fast bis zum Wasserspiegel des Sees.
    Das Seeufer, das ihnen am nächsten lag, war bar aller Vegetation. Nicht einmal den armseligsten Busch konnten sie in dieser trostlosen Gegend erkennen. Aber jenseits des Sees leuchtete das herbstgelbe Laub von Bäumen, und das Grün der Uferlinie sah aus, als gäbe es dort Schilf.
    Weiter hinab stiegen sie; dort trafen sie auf Rhin und die Fischer. Die drei Tiere versperrten ihnen den Weg, als wollten sie sie warnen.

Geheimnisvolle Lichtzeichen

    Rhin bellte kurz, und Sander begann zu laufen, paßte allerdings genau auf, daß er nicht mit dem Fuß in einer der ausgefahrenen Wagenspuren hängenblieb. Der Kojote schien aufgeregt, doch verriet der Ton seines Bellens auch Vorsicht. Er hatte den Kopf in Richtung auf die erstarrte Trümmerwoge gewandt, aus der sie gekommen waren.
    Als die Fischer sahen, daß die beiden Menschen sich näherten, verschwanden sie zwischen den Spalten und Höhlen der Wand. Rhin bellte noch einmal und folgte ihnen.
    In den Steintrümmern, zwischen den verbogenen Metallteilen, die bisweilen in Seen erstarrter Lava steckten, gab es genügend Möglichkeiten, sich zu verbergen. Hinter ihnen dröhnte der Wasserfall, und Sander konnte beim besten Willen keinen anderen Laut vernehmen. Sorgsam prüfte der Schmied jeden Tritt und half dann Fanyi hinauf. Schließlich gelangten sie an eine Stelle, an der eine Felsnadel, abgesprengt vom Muttergestein, aufragte. In dem Spalt türmte sich Geröll, das teilweise scharfe Kanten aufwies, so daß kaum Raum für alle blieb. Aber hier hatten sich die Fischer auf den Bauch niedergelassen und krallten sich mit den Pfoten fest.
    Rhin, ebenfalls platt an die Steine gepreßt, regte sich nicht: sein graues Fell war auf dem grauen Untergrund kaum wahrzunehmen.
    Für Sander und Fanyi blieb kaum Platz. Sander machte seinen Pfeilwerfer schußbereit, sobald er sich niedergelassen hatte. Rhin blickte starr den Weg zurück, den sie eben zu ihrem Versteck hinaufgeklettert waren, und hatte die Ohren aufgerichtet.

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