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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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könnte, doch als Angst und Unruhe schwanden, stieg Ärger in ihm hoch. Niemand sollte erfahren, daß er auf diese Weise überwältigt worden war. Er spürte, daß in der Erforschung seiner Gedanken Verachtung mitgeschwungen hatte und daß der, der ihn ein paar Augenblicke in seiner Gewalt gehabt hatte, nur eine geringe Meinung von ihm hatte.
    Nein, er würde sie nicht fragen.
    Sander holte den Sack mit den Werkzeugen und dachte an die geheimen Gesänge, die die Arbeit des Schmieds begleiten mußten. Undeutlich erinnerte er sich an etwas, was ihm sein Vater erzählt hatte. Es sollte Orte der Vergangenen Zeit geben, von denen unerklärliche Einflüsse auf die Menschen ausgingen und sie zu unbekannten Diensten zwangen. Doch man konnte sich dagegen wehren. Das gehörte zu den Geheimnissen der Schmiedezunft.
    Sander fand in seiner Tasche Drahtstücke aus dem eisernen Schiff. Er verglich ihre Länge und begann, die Enden zu einem Zopf zu flechten. Dann legte er ihn sich wie ein Band um den Kopf, so daß er die Stirn direkt über den Augen bedeckte, verflocht die Enden ineinander und befestigte sie.
    Eisen, – kaltes Eisen – hatte eine Bedeutung, die noch aus der Vergangenen Zeit stammte. Es konnte einen Schutz bieten, wenn man es auf bestimmte Art verarbeitete. Bisher hatte er nie Grund gehabt, diese Überlieferung zu erproben, obgleich viele aus der Horde Amulette aus Kaltem Eisen trugen, von denen er sogar einige selbst nach ihren Wünschen geformt hatte. Damals hatte er insgeheim gedacht, es sei Aberglaube; aber jetzt konnte er sich gut vorstellen, daß es Feinde, oder einen Feind, gab, die mehr zu fürchten waren als Ungeheuer, Weißhäutige oder eifersüchtige Händler.
    Der geflochtene Kopfreif aus rostigem Metall war fertig, und Sander knüpfte nun kürzere Drahtstückchen zu einem komplizierten Knoten, den er an einem Lederriemen befestigte. Das sollte für Rhin sein. Freilich hatte er keine Ahnung, ob auch der Kojote ähnlichen Einflüssen unterliegen konnte, wie sie ihn erschüttert hatten; doch er wollte alle Vorkehrungen treffen, die möglich waren.
    Jetzt blieben nur noch Fanyi und die Fischer. Die Tiere würden ihn wahrscheinlich nicht an sich herankommen lassen, vermutete Sander. Sie duldeten Sander und den Kojoten nur, weil Fanyi es so wollte. Und das Mädchen – nun, sie war erfreut gewesen, als sie den „suchenden Gedanken“ bemerkt hatte, und sie würde jeden Kontakt mit jemandem, der über derartige Fähigkeiten verfügte, begrüßen. Wahrscheinlich kam das daher, weil sie eine Zauberpriesterin war. Aber wenn solche Kontakte von den Priestern als normal angesehen wurden …! Wenn es nach ihm ginge, würde er sie auf der Stelle verlassen und in die Finsternis hinausgehen. Ärger und Angst setzten ihm stark zu, doch er wollte ihnen nicht nachgeben. Nein, sie würden die Reise gemeinsam fortsetzen, bis er Grund hatte zu der Annahme, daß Fanyi diesem … diesem Sucher mehr glich als ihm.
    Hart und unbequem schloß sich das Metall um seine Stirn, und Sander rezitierte im Geist die Worte, die jeder Schmied sprechen mußte, wenn er ein Werkzeug oder eine Waffe herstellte. Dann schürte er das Feuer, und die Fischer legten sich wieder ruhig neben Fanyi. Der Einfluß, der ihr Lager heimgesucht hatte, mußte demnach verschwunden sein. Sander verstaute sein Werkzeug wieder.
    Hinter der Klippe, die das Ufer des Flusses bildete, kroch langsam die Dämmerung herauf. Er hoffte, daß dieser Tag sie endlich zum Ende der Stadt führen würde oder doch wenigstens zu dem Ziel, das Fanyi suchte. Sein Widerwillen gegen die Ruinen wurde immer größer.
    Fanyi bewegte sich und öffnete langsam die Augen. Beunruhigt stellte Sander fest, daß sie fast ebenso entrückt wirkte, wie wenn sie ihren Anhänger umschlossen hielt.
    „Es ist hier –, er ist hier.“ Ihre Stimme wurde leiser. Sie blinzelte, als mache sie sich aus einem Traum frei. Und dann, als sie sich aufrichtete, strahlte sie.
    „Sander – es ist hier! Hörst du mich?“ Sie packte seinen Ärmel und schüttelte ihn. „Ich habe eine Vision gehabt!“ Sie war außer sich vor Freude. „Wir werden ihn bald erreichen – den geheimen Ort. Und dort ist jemand, jemand, der sehr wichtig ist.“
    „Wer?“ fragte er ausdruckslos.
    Sie schien überrascht, und die Freude war aus ihrem Gesicht wie weggeblasen.
    „Ich … ich kann mich nicht erinnern. Aber – es war eine wirkliche Vision. Wir werden finden, was wir suchen!“
    Ihre Begeisterung versetzte ihn in

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