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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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bewegten die Finger auf eine Weise, als würden sie sich damit verständigen.
    Man konnte deutlich sehen, daß das, was sie vor sich sahen oder erahnten, ihnen nicht gefiel. Der Anführer drängte das Reittier weiter. Seine Hand ruhte auf dem Schwertgriff. Freilich, die Speere der verborgenen Amphibien waren zwei-, dreimal so lang, und jeder der Wasserbewohner konnte einen Reiter erledigen, bevor dieser nahe genug war, um sich zu verteidigen.
    Sander sah, wie die Speerschäfte sich bewegten: man bereitete sich auf die Schlacht vor. In diesem Augenblick erfüllte ihn plötzlich der Wunsch, aufzuschreien und die Weißen zu warnen. Nur die Erinnerung an die Ereignisse vor mehr als zehn Jahren im Flachland hielt ihn zurück. Damals waren die Weißhäutigen wie die Teufel gewesen, schlachteten ohne Mitleid und töteten schließlich sich selbst. Ihre Schreckenstaten gehörten so sehr zur Überlieferung seines Stammes, daß er normalerweise keinen Finger für sie rühren würde. Andererseits waren sie Menschen so wie er, während ihre Feinde, die mit ihren Speeren im Hinterhalt lauerten, keiner ihm bekannten Welt angehörten.
    Fanyi legte eine Hand auf die Schulter des Schmieds. Sie zwang ihn, sich nicht zu bewegen, und umklammerte mit der anderen seinen Arm so fest, daß er nicht einmal einen Pfeil abschießen konnte. Mit den Lippen formte sie deutlich ein „Nein“. Ärger und Furcht durchzuckten ihn. Wenn Fanyi tatsächlich seine Gedanken lesen konnte, wie es den Anschein hatte, so gefiel ihm dies ganz und gar nicht.
    Der Anführer der Weißen bewegte sich vorsichtig weiter – und dann wirbelte aus dem Nichts ein Speer durch die Luft. Nur die rasche Bewegung seines Reittiers bewahrte den Mann davor, durchbohrt zu werden. Jetzt stürzten die Wasserwesen aus ihren Verstecken, hüpften auf den Pfad und bildeten eine bewehrte, stachelige Wand. Es war offensichtlich: die Weißen konnten keinen Angriff wagen, denn sie besaßen nur die Waffen, die Sander in ihren Händen sah.
    Der Mann, der das Horn trug und der mehrere Längen hinter den Schwertträgern ritt, bewegte sich als erster. Er setzte das Horn an die Lippen, stützte das andere Ende auf den Hals seines Reittiers und blies mit mächtigen Backen.
    Der schreckliche Ton war für Sander ein Schock, und er hielt sich die Ohren zu. Er spürte, wie Rhin zitterte, als schlügen ihn die hohen Töne wie eine Gerte. Fanyi löste ihren Griff von Sanders Schulter und packte die Fischer, die sich wanden und drehten.
    Hatte der Hornstoß eine entsetzliche Wirkung auf sie, so kam er noch unerwarteter für die Amphibien. Zwei ließen ihre Speere fallen und sanken auf den Boden, wo sie ausgestreckt liegenblieben, als litten sie unsägliche Qual. Ihre Freunde zogen sich zurück, und als sie eine, wie es schien, sichere Entfernung zwischen sich und die Schwertmänner gebracht hatten, begannen sie rascher zu fliehen. Die Weißhäutigen trieben ihre Tiere an und folgten den Wasserwesen. Der Anführer beugte sich hinunter und schlug auf die zwei Amphibien auf dem Boden ein, so daß ihre zuckenden Körper stillagen. Dann bogen sie um einen Felsvorsprung und verschwanden in einer Staubwolke den Weg hinunter, den die Wasserkreaturen zuvor gekommen waren.
    Sander machte keine Anstalten, sich und seine Begleiter aus dem Versteck zu führen. Er vermutete immer noch, daß die Weißen nur die Vorhut bildeten und daß ihnen ein ganzer Stamm folgte, wie es damals in der Ebene passiert war.
    Rhin jedoch entspannte sich, und die Fischer lösten sich aus Fanyis Griff. Sie stießen Schreie aus, als wollten sie ihre Begleiter zur Eile antreiben. Sander war also gezwungen, zu glauben, daß diesen Weißen niemand folgte, jedenfalls nicht direkt. Und wenn das stimmte, dann war es besser, so rasch wie möglich dieses schreckliche Gebiet zu verlassen.
    Er blieb bei einem der beiden Wasserwesen stehen, hob – ohne genau unter den braun gesprenkelten Helm zu sehen – den Speer auf und nahm ihn mit.
    Der Schaft war viel zu lang, aber er dachte, daß er ihn würde kürzen können. Die Widerhaken waren so hervorragend gearbeitet, daß er dem, der sie gefertigt hatte, vielleicht wider Willen Anerkennung zollen mußte.
    Die Fischer, befreit von Fanyis Hand und Befehl, huschten um den Felsvorsprung und verschwanden. Sander war sich nicht sicher, ob es klug war, den Weg fortzusetzen. Sollte es tatsächlich hinter ihnen eine weitere Abteilung der Weißen geben, konnte es geschehen, daß sie zwischen die beiden

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