Herrscher über den Abgrund
Rhin Fanyi anzusehen schien, während er Sander von ihr wegdrängte, galt seine ganze Aufmerksamkeit der Wand hinter dem Stuhl. Sander packte den Hammerstiel fester.
„Du gehörst mir, Barbar …“
Der Klang der Stimme tönte in Sanders Ohren. War das tatsächlich feiner Nebel, der sich um Fanyi bewegte, oder ließen ihn seine eigenen Augen im Stich? Das Metall auf seinem Kopf begann, heiß zu werden. Er konnte nur noch mühsam atmen.
Er gehörte niemandem! Er gehörte sich selbst. Bei dem Kalten Eisen, das nur ein Schmied formen konnte – er gehörte sich ganz allein!
„Barbar, ich kann das Leben aus dir heraussaugen – mit meinem Willen …“
Sander rang nach Luft. Es war Zeit, er mußte etwas tun.
Es blieb ihm keine andere Wahl.
Kaltes Eisen. Er kämpfte gegen die Gewalt, die der andere auf ihn ausübte, mit der er ihn niederschlagen wollte, mit der er ihn demütigen wollte.
„Kaltes Eisen“, schrie er laut.
Der Druck, der auf ihm lastete, veränderte sich ein wenig, als sei das Ding, dem er gegenübertrat, erstaunt.
Sander bewegte sich – er ging nicht auf Fanyi zu, wie das „Ding“, das hier herrschte, es haben wollte, sondern auf die Wand. Er mußte all seine Kraft zusammennehmen, eine Anstrengung machen, die größer war als die, mit der er sich Maxim gestellt hatte, – und damals schon hatte er geglaubt, daß er sein Letztes geben würde. Und mit dieser übermenschlichen Anstrengung schleuderte er den schweren Hammer gegen die gläserne Fläche.
Sie splitterte, Sprünge liefen sternförmig über das Glas, wo der Hammer es getroffen hatte.
Um ihn ballte sich eine so mächtige Kraft, ein so gewaltiger Druck – bereit, ihn zu vernichten.
Nein! Er verweigerte sich dem Willen, der nun entschlossen war, ihn zurückzuhalten. Sander schwankte. Rhin, die Fischer, er konnte sie nahe fühlen, sie stützten ihn. Zum zweitenmal schlug er zu und traf genau denselben Fleck.
Ein Krachen ertönte, ein helles Splittern von fallendem Glas, und eine Öffnung, kaum so groß wie seine Faust, tat sich auf. Sander selbst aber wurde fast auf die Knie geworfen von einer Kraft, die er später nicht mehr beschreiben konnte.
Trotzdem kroch er näher, kämpfte gegen den Druck verzweifelt an mit seinem Willen, seinem Wissen, daß er, mit allem, was er war, verloren war, wenn er jetzt aufgab. Er erreichte die Wand.
Zentimeter um Zentimeter schob er die Hand hinauf. Der Hammer war ihm schon längst entfallen. Jetzt faßten seine Finger den Rand des Loches, obgleich die scharfen Ecken in sein Fleisch schnitten. Und als er sicher war, daß er festen Halt hatte, verlagerte er das gesamte Gewicht seines Körpers in diese eine Hand.
Einen Moment voller Schmerzen und Furcht zweifelte er, ob seine Anstrengung ausreichte. Aber dann brach das Glas oder das glasähnliche Material; über seinen Kopf und seine Schultern ergoß sich ein Splitterregen. Ein Luftstoß kam ihm entgegen, der denselben scharfen Geruch hatte wie unten in der Kammer, aus der er Fanyi befreit hatte.
Sander tastete nach dem Hammer. Seine rechte Hand war glitschig von Blut, und er fürchtete, daß er den Stiel des Werkzeugs nicht fest und sicher genug halten konnte. Doch mit seiner linken Hand – ja!
Er hob den Arm, wog den Hammer ungeschickt in der Hand. Aber sein Hieb traf und erweiterte die Öffnung. Das war die Tür, die zu dem „Ding“ führte, auch wenn er nur auf Händen und Knien hindurchkriechen konnte und fast erdrückt wurde von dem gewaltigen Gewicht, das auf ihm lastete.
Sander zog sich über die hohe Schwelle, die von dem Rahmen gebildet wurde. Er fiel nach vorn in ein anderes Zimmer. Niemand war hier. Erstaunt blinzelte er, noch ganz benommen. Denn obgleich Fanyi immer von dem Herrscher dieser Anlage als „es“ oder „das Ding“ gesprochen hatte, hatte er sich irgendwie vorgestellt, daß es einen Körper haben mußte – vielleicht einen ähnlichen wie die metallene Maschine mit den Armen. Was er hier erblickte, waren nur große Behälter, ganze Reihen großer Behälter. Auf der Vorderseite von einigen leuchteten Lichter auf oder huschten über die Fläche.
Eine Erleichterung gab es: Als er durch die Öffnung gestürzt war, hatte gleichzeitig das Gefühl des enormen Drucks nachgelassen. Sollte dies das Versteck des Feindes sein, dann fehlte hier jedenfalls eine Verteidigungsanlage, vielleicht hat es nicht damit gerechnet, daß es jemals gefunden wurde.
„Ungesetzliches und unangemeldetes Eindringen …“
Das war nicht die
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