Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
Vom Netzwerk:
können: Kol hatte ihnen befohlen, ihn passieren zu lassen. Schaudernd begriff sie, dass er vorhatte, zwei Königinnen auf einen Schlag anzugreifen. »Wenn das Tor geschlossen ist«, sagte sie zu Girta, »werden Kols Männer es bewachen.«
    »Er nennt sie ›Männer der Königin‹«, sagte Girta. »Sie sind mir treu ergeben.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Sevren. »Einige von denen kenne ich nämlich.«
    »Ich werde meinen Sohn nicht alleinlassen.« Girta schaute Dar an. »Leih mir deine Stiefel. Ich glaube, sie passen mir.«
    Dar überlegte kurz. Sie wägte ihre Hoffnung gegen ihren Pessimismus ab. Es bestand eine Möglichkeit, dass das Erscheinen der Königin Kols Intrige aufdeckte, doch nur dann, wenn man ihr den Empfang bereitete, mit dem sie rechnete. Und das war zweifelhaft. Dann seufzte sie und willigte in den Plan der Königin ein. »Du gehst aber nicht allein. Ich gebe dir eine Eskorte mit.«
    Girta protestierte, doch als Dar ihr verdeutlichte, dass sie darüber nicht diskutieren wollte, willigte sie zähneknirschend ein. Danach kam Kovok-mah zu Dar. »Muth Mauk, ich habe diese Mutter hergebracht. Wenn ihr etwas passiert, bin ich daran schuld. Bitte, lass mich sie beschützen.«
    Dar hätte ihm gern mitgeteilt, dass er nicht für ihre Beschlüsse geradestehen musste, doch als sie sah, dass er für sein Tun büßen wollte, gab sie seinem Ersuchen nach. Es schmerzte sie, weil sie wusste, dass sie ihn in Gefahr brachte.
Ich habe alle hier in Gefahr gebracht, dachte sie und kämpfte erneut gegen die Tränen an. Zwei haben schon für meine Dummheit bezahlt.
    Sie wählte vier weitere Orks für die Eskorte aus. Als sie ihre Rüstungen anlegten, schlüpfte Girta in Dars Stiefel und einige mitgebrachte Kleider. Als die Orks fertig waren, hielt Dar eine kurze Rede. »Die Große Mutter der Washavoki möchte nach Hause zurück, aber ich weiß nicht genau, wie man sie begrüßen wird. Grausame Washavoki wollen ihr vielleicht wehtun. Sie ist unsere Freundin, deswegen müsst ihr sie beschützen.« Dann stand sie im Türrahmen und schaute den Orks und Girta beim Abmarsch zu. Der fallende Schnee ließ sie gespenstisch wirken. Bald verschwanden sie. Erst dann schloss Dar die Tür und kehrte an die wärmende Feuerstelle zurück.
     
    Warten war Pein. Nur die schwache Möglichkeit, dass Girta Kols Verrat rückgängig machen konnte, erlaubte es Dar, ihre Verzweiflung zu beherrschen. Doch sie war wenig zuversichtlich, was dieses Szenarium anbetraf, und je länger sie wartete, umso stärker wurde ihre Furcht. Als ein Wachtposten endlich meldete, dass Orks sich der Kaserne näherten, lief Dar ihnen barfuß durch den Schnee entgegen.
    Obwohl sie anfangs nur graue Schatten wahrnahm, wusste sie gleich, dass irgendetwas nicht stimmte. Die Orks liefen, und es waren weniger als fünf. Je näher sie kamen, desto deutlicher waren sie zu erkennen. Einer trug Girta. Zwei weitere Orks trugen einen dritten. Einer fehlte.
    »Was ist passiert?«, rief Dar.
    »Die Washavoki haben uns mit Pfeilen beschossen«, rief einer der Orks während des Laufens. »Die Washavoki-Königin ist verwundet. Togu-mah auch! Garga-tok ist tot!«

    Erschrocken folgte Dar der Gruppe in die Kaserne. Kovok-mah trug Girta. Aus ihrer Schulter ragte ein Pfeil. Das gefiederte Ende war abgebrochen. Der Rest steckte noch in ihrem Fleisch und war von einem größer werdenden Blutfleck umgeben. Die Königin schaute Dar aus großen Augen an; ihr blasses Gesicht zeigte ihren Schreck und ihre Schmerzen.
    »Sie haben mich erkannt! Sie haben sich vergewissert, dass ich ihre Königin bin! Doch als das Tor aufging, standen da Bogenschützen, und die haben … haben …« Girta schüttelte sich und warf einen kurzen Blick auf den Pfeil in ihrer Schulter. »Ein Ork stand vor mir. Er hat mich abgeschirmt. Er ist für mich gestorben.«
    Dar schaute Kovok-mah an, der an der Wange blutete. »Garga-tok?«
    »Hai. Es war so, wie sie sagt. Er hat die für sie bestimmten Pfeile aufgefangen, bis einer ihn ins Auge traf und ihn fällte.« Kovok-mah machte das Zeichen des Baumes.
    In diesem Moment spürte Dar das volle Gewicht ihrer Regentschaft. Meine Beschlüsse haben alle heutigen Tragödien verursacht. Sie hatten das Schicksal Nagtha-yats, Magthajans und Garga-toks besiegelt. Dar wünschte sich von ganzem Herzen, sie hätte ihre Entscheidungen zurücknehmen können. Und sie wusste, dass sie auch weiterhin Entscheidungen fällen musste. Sie hatte keine andere Wahl; sie war Muth

Weitere Kostenlose Bücher