Herrscher
Mauk.
»Kannst du Königin Girta und Togu-mah einen Heilzauber geben?«, fragte sie Kovok-mah.
»Togu-mah wird sich bald zu Muth’la gesellen«, erwiderte Kovok-mah. »Kein Kraut kann seinen Schmerz heilen.«
»Dann behandle die Königin. Gibst du ihr das Blatt, das sie schlafen lässt?«
»Hai. Es wird wehtun, die Pfeilspitze zu entfernen.«
Dar wandte sich in der Menschensprache an Girta. »Girta, wir geben dir einen Heilzauber für deine Wunde. Dann wirst du schlafen. Wenn du wach wirst, sind wir weit weg von hier.«
»Und mein Sohn?!«
»Er wird heute Nachmittag König sein. Daraus solltest du Hoffnung schöpfen. Man hat ihn getäuscht, aber vielleicht können wir Kols Pläne vereiteln.«
»Und wie?«
»Ich weiß es noch nicht. Ich weiß nur, dass du dazu am Leben bleiben musst und dieser Ort hier nicht sicher ist.«
»Oh, Dar, wie dumm ich doch war!«
»Ja, aber jetzt bist du es nicht mehr. Dieser Tag soll uns beide etwas lehren, damit wir künftig eine bessere Wahl treffen. «
Kovok-mah, der inzwischen seinen Heilkräuterbeutel geholt hatte, kniete sich neben Girta hin. Dar nahm die Hand der Königin. »Ein Ork ist gestorben, damit du leben kannst. Glaubst du nun, dass Kovok-mah dir helfen will?«
»Ja.«
»Dann lasse ich dich jetzt in seiner Obhut. Ich muss zu Togu-mah.« Dar fing einen Anflug von Panik in Girtas Gesicht auf, doch im Moment drückten sie andere Probleme. Sie eilte an die Seite Togu-mahs. Er lag auf dem Boden. Lama-tok kniete neben ihm und drückte Lappen auf seinen Hals und seinen Nacken. Sie waren von Blut befleckt, wie auch die Vorderseite seines Kettenhemdes. Bei seinem Anblick wurde Dar übel. Sie ignorierte ihren empfindlichen Magen und kniete sich neben ihren sterbenden Mintari. Sein Gesicht war grau, seine Augen halb geschlossen. Doch als er sie sah, sagte er leise: »Muth Mauk … Welche Ehre.«
»Thwa. Du hast mir Ehre erwiesen.« Dar hätte gern etwas gesagt, das die Bedeutung seines Opfers hervorgehoben hätte, doch ihr fehlten die Worte, um ihre Gefühle auszudrücken. Sie spürte Entsetzen, Liebe, Trauer, Bedauern und Dankbarkeit. Und alles gleichzeitig. Sie konnte nur seine Wange streicheln und sagen: »Shashav, Togu.«
Togu-mah lächelte.
Dar wäre gern an seiner Seite geblieben, doch sie hatte noch andere Pflichten. Sie ging dorthin, wo Kovok-mah Girta verarztete. Die Königin hatte das betäubende Blatt gekaut und schlief schon.
Kovok-mah zeigte Dar die Stelle, an der der Pfeil Girtas Schulter durchbohrt hatte.
»Wird sie überleben?«, fragte Dar.
»Ich glaube, ja«, erwiderte Kovok-mah. »Vorausgesetzt, die Wunde eitert nicht.«
Dann wandte Dar sich an Sevren und sprach ihre nächste Sorge an. »Warum hat Kol noch nicht angegriffen?«
»Ich schätze, er hat nicht genügend Männer. Jene, die sich ›Männer der Königin‹ nennen, sind viel weniger als die alte Garde des Königs, und er muss sie überall verteilen. Er braucht eine Ermächtigung des Königs, um Söldner nach Taiben zu beordern.«
»Die wird er zweifellos bald bekommen«, sagte Dar. »Vielleicht hat er sie sogar schon. Wir müssen hier weg sein, bevor seine Söldner hier eintreffen.«
»Ja. Alle glauben, du hast unsere Königin ermordet. Das bedeutet ganz sicher Krieg.«
Obwohl Dar wusste, dass rasches Handeln angesagt war, durfte sie nichts überstürzen. Ich kann nicht auf einen Angriff warten. Ihr unterstanden weniger als vierzig Orks, während ihr Gegner ganze Regimenter herbeirufen konnte. Ich muss
fliehen, und Kol weiß es. Was wird er also tun, während er auf Verstärkung wartet? Die Antwort war offensichtlich. »Kol wird den Pass besetzen«, sagte sie, »um uns den Rückweg abzuschneiden.«
»Ja, das wäre logisch«, sagte Sevren. »Er braucht nicht viele Männer, um einen so engen Pass zu halten.«
»Ich kenne einen anderen Weg, der nach Hause führt. Er ist länger und schwieriger, aber …« Dar hielt inne, denn ihr wurde bewusst, dass Kol, wenn er über die Neue Straße marschierte, ihr Heim eher erreichte als sie und sie dann vermutlich dort erwartete.
»Aber?«, erkundigte sich Sevren.
»Der Pass. Kol wird ihn für sich nutzen.«
»Ja. Und nichts kann ihn daran hindern.«
»Oh, doch.« Dar nickte. »Ich kann den Pass für immer verschließen, aber nur dann, wenn ich eine Botschaft auf die andere Seite bringen kann.«
»Eine Handvoll Bogenschützen könnten das verhindern. «
»Ja, aber nur, wenn sie zuerst dort sind.« Dar wollte den Orks gerade sagen, dass sie
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