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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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das Gefühl, nur Ballast für die Männer zu sein.
    Und als seien diese Beleidigungen und Erniedrigungen nicht genug, war da noch eine Bedrängnis, die nicht nur der König spürte. Unter den Söldnern breitete sich Unbehagen aus, ein übersehbarer Unterton. Er war dem König aufgefallen, weil die Männer neuerdings im Flüsterton miteinander redeten und nervöse Blicke um sich warfen. Allem Anschein nach hatten sie weniger Angst vor dem, was vor ihnen lag, als vor dem, was ihnen folgte.
    Einmal, die Serpentine hatte kurz vor der Passstraße einen Knick gemacht, hatte Kregant kurz erspäht, was seinem Heer folgte: eine Männergruppe in einem gewissen Abstand. Sie trugen eine geschlossene Sänfte. Sie war schwarz,
und die Träger waren im gleichen Farbton gekleidet. Sie bewegten sich auf eine Weise, die in jedem Betrachter instinktiv Furcht erzeugte. Der König wurde den Eindruck nicht los, dass er lebende Leichname sah, die eine ebenso unnatürliche Last durch die Landschaft schleppten. Die Sänfte und ihre Träger ängstigten ihn, und er war nicht der Einzige, der so empfand. Sogar General Kol schien Unbehagen zu verspüren.
    Dies war alles, was den König und seinen General noch verband.
     
    Als Dar die Augen öffnete, erhellte sanftes Wintertageslicht den Raum. Draußen schneite es noch immer. Nir-yat saß in ihrer Nähe, ihre Miene wirkte ängstlich. Dar ächzte, denn sie war noch müde. »Ich muss baden.«
    »Ich komme mit, Schwester. Es gibt viel zu besprechen. Alle wissen, was du Tauma-yats Söhnen gesagt hast.«
    Dar war schlagartig hellwach. Ich habe sie nicht zum Schweigen verpflichtet! »Sind sie schon zurückgekehrt? Oder Auk-goth ?«
    »Thwa.«
    »Riecht das Haus nach Angst?«
    »Und wie.«
    »Als ich mit ihnen sprach, war ich übermüdet. Diese Furcht ist meine Schuld.«
    »Manchmal ist es klug, Angst zu haben. Furchtlose Vögel werden von den Füchsen gefressen.«
    Dar lächelte knapp. »Dann war mein Versehen also klug?«
    »Allen ist bewusst, in welcher Gefahr wir schweben. Ich glaube, das ist gut.«
    »Es ist nur dann gut, wenn ich für ihre Sicherheit sorgen
kann«, sagte Dar. »Ich muss entscheiden, was zu tun ist; dann lege ich meinen Plan vor. Aber das kann ich erst tun, wenn ich gebadet habe, denn ich bin noch ganz verschwitzt von dem langen Marsch.« Sie seufzte. »Vielleicht sollte ich Girta zu einem Bad einladen.«
    Nir-yat lächelte. »Sevren hat Weisheit gezeigt und sie überredet, sich zu waschen. Sie ist schon fertig.«
    »Welch erfreuliche Nachricht.« Dar stand auf. »Komm, Schwester, unterhalten wir uns, während ich mich wasche.«
    Dar ging nicht ins Gemeinschaftsbad, sondern in eine Wanne in einem Nebenraum ihres Hanmuthi. Während sie sich wusch, besprach sie mit Nir-yat, was zu tun war. Zwar bestand die Hoffnung, dass Kols Heer noch nicht abmarschiert war, doch Dar hielt es für unwahrscheinlich. Sie beschloss, Nir-yat in Erfahrung bringen zu lassen, wie viele Söhne man zusammenrufen konnte, um den Familiensitz zu verteidigen, und welche Waffen sie dazu brauchten. Zuvor wollte Dar sich mit der Tok-Sippe treffen, um herauszukriegen, ob man den Pass noch blockieren konnte.
    Dar zog sich an. Dann ging sie in Begleitung Sevrens und ihrer Mintari in die Große Kammer und rief die Vertreter der Tok-Sippe zu sich. Zwei Mütter und ein Sohn trafen ein. Dar hatte ihre Namen im Voraus erfahren, um sie traditionsgemäß zu begrüßen. Karam-tok war Muth-toks jüngere Schwester und hatte den gleichen muskulösen Körperbau wie die Matriarchin. Karam-tok wurde von der Wissenshüterin ihrer Sippe begleitet, einer älteren Mutter namens Gra-tok. Der Sohn, Tar-tok, trug einen Umhang, der anzeigte, dass er eine Führungsrolle innehatte. Er war riesig, der größte Ork, dem Dar je begegnet war. Seine Arme waren dicker als die Schenkel eines Menschen, und er wirkte, als hätte er die Muskeln bei der Bearbeitung dicker Steine erworben.

    Nachdem die Angehörigen der Tok-Sippe sich verneigt und Dars Grüße erwidert hatten, ergriff Karam-tok das Wort. »Wir wissen, warum du uns gerufen hast, Muth Mauk. Washavoki wollen über die Passstraße in unser Land einfallen.«
    »Nun können wir alle von der Klugheit eurer Großmutter profitieren«, sagte Dar. »Das Tor muss geschlossen werden. Lama-tok hat gesagt, es dauert ein bis zwei Tage. Kann es nicht schneller geschehen?«
    »Die Blockade des Passes ist ein schwieriges Verfahren«, erwiderte Karam-tok. »Man hat Reihen tiefer Löcher in den Fels

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