18), bekam ich einen Job bei einer großen Versicherung in München. Ich hätte pendeln können, aber dazu hatte ich keine Lust. Und meine Mutter hatte wohl auch nicht so richtig Lust, dass ich bei ihr wohnen bleibe. Obwohl ich manchmal etwas einsam war, fühlte ich mich in meiner kleinen 2-Zimmer-Wohnung sauwohl. Damals gab es durchaus noch Ecken in München, die bezahlbar waren. Heute ist die Gegend meiner ersten Wohnung (Glockenbachviertel) übervölkert mit trendigen Medienmenschen, Architekten und hippen Müttern. An jeder Ecke gibt es Cafés, Restaurants, Schokospezialläden und Biosupermärkte. Damals gab es lediglich ein Kino, Second-Hand-Geschäfte und einen Gemüsehöker. Ich bin zwischenzeitlich ein paar Mal umgezogen, wohne aber nach wie vor im selben Viertel, in der Nähe der Isar. Das Kino gibt es immer noch, aber ich war bestimmt seit drei Jahren nicht dort.
Zurück zu Karin. Wenn ich mich richtig erinnere, war sie ein paar Jahre älter als ich. Sie führte mich quasi in alles ein, was die Liebe betrifft. Ich war total happy, endlich eine Freundin gefunden zu haben, aber sie hat die ganze Sache nicht ganz so ernst wie ich genommen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich schon damals nicht viel über mich und meine Gefühle geredet habe. Jedenfalls deutete sie so etwas an. Wir waren ca. 7–8 Monate zusammen, dann machte sie Schluss. Ich heulte Rotz und Wasser, ließ mir aber nach außen hin nichts anmerken. Wir blieben gute Freunde.
So richtig glücklich war ich mit meiner ersten Beziehung im Nachhinein nicht, aber ich konnte wohl froh sein, dass ich überhaupt eine Frau gefunden hatte, die mich ins Reich der Leidenschaft einführte.
So, das war es vorerst mit den Frauen meines Lebens. Ende von Teil 1 sozusagen, denn der Fisch wartet, und es ist schon recht spät. Ich hoffe, Dir geht es gut.
Alles Liebe.
Dein Berti
PS . Nicht, dass Du glaubst, ich würde mich nicht für Dein Leben interessieren. Ich weiß sehr genau, dass Du jetzt gerade ein Date mit dem Kollegen Deiner Schwester hast. Aber ich bin ganz ruhig, denn ich weiß, er ist nichts für Dich.
***
So 20. November 16:00
Betreff: Sushi so groß wie Pferde
Von:
[email protected] An:
[email protected] Liebe Sara,
ich weiß nicht, ob man das Sushi nennen kann, was ich da gestern fabriziert habe. Und warum ich vorher die Küche geputzt habe, wo anschließend alles voller klebrigem Reis war, ist mir auch ein Rätsel. Hast Du Sushi schon einmal selbst gemacht? Man schmiert eine störrische Masse Reis auf ein dünnes Algenblatt, muss alles gut festdrücken und gleichzeitig hoffen, dass die Alge nicht kaputtgeht. Der Reis gehört sehr dünn gestrichen, darauf kommt dann der Fisch. Beides darf nicht zu groß geraten, denn sonst wird die Rolle viel zu dick, und man bekommt sie kaum noch in den Mund. (Das ist mir passiert!) Dazu mischt man Wasabi an, ein Pulver, das mit Wasser vermengt eine scharfe Paste ergibt. Man kann diese Paste dann noch mit Soya-Soße vermengen oder direkt auf das Sushi schmieren. Man darf nur nicht zu wenig Wasser nehmen, sonst wird das Wasabi zu scharf. Es ist eine Schärfe, die wie ein Schuss in die Nase steigt und kurz darauf Tränen in die Augen treibt. (Ist mir auch passiert.)
Ich trank Sake dazu, den ich fertig gekauft hatte. Der war also makellos. Ich habe jedoch darauf verzichtet, ihn warm zu machen. (Er wäre mir wahrscheinlich angebrannt oder Ähnliches.)
Mit Dir wäre es bestimmt ein amüsanter Abend gewesen. So war es eine Mischung aus gutem, altem Wutanfall und einem Wir-essen-alle-mit-den-Fingern-Kindergeburtstag.
Jetzt bin ich vom Besuch bei meiner Mutter zurück und habe dort auch schon mein Sushi-Abenteuer erzählt. Meine Mutter kannte Sushi nicht, und so habe ich es ihr ausführlich erklärt. Aber immerhin wusste sie heute, wer ich bin.
Den Rest des Tages werde ich wohl die Wohnung noch einmal putzen müssen und die Wäsche für die nächste Woche raushängen. (Kleiner Spießer-Scherz!) Vielleicht kriege ich auch noch Post von Dir, und wir können über Dein gestriges Date chatten. Ich bin zu allen Schandtaten bereit.
Konbanwa und gute Nacht
Dein Berti
PS . Ein Rätsel: In diesem Brief ist ein japanisches Wort versteckt, das «Guten Abend» heißt. Wo im Brief befindet es sich?
***
Mo 21. November 22:22
Betreff: Was für ein Tag
Von:
[email protected] An:
[email protected] Liebe Sara,
heute war im Büro der Teufel los.