Herz aus Eis
kommen sollen. Vor zwei Wochen schon habe ich dem Pflegedienst mitgeteilt, dass ich alle hinausgeworfen habe und niemanden mehr hier haben will. Es ist also nicht mein Problem, wenn sie ihre Zeit verschwendet.“
Draußen vor der Tür rieb Elizabeth sich den schmerzenden Nacken. Ja, sie vergeudete wirklich nur Zeit, wenn sie weiter hier stehen blieb. Sie reckte die Schultern, holte tief Luft und drückte die Türklinke herunter.
„Guten Tag, Mr. Koumantaros.“ Ein schneller Blick, und sie hatte das Innere des Raumes erfasst – die heruntergelassenen Rollläden, der mit Medikamenten überladene Tisch, der Stapel ungelesener Zeitungen in einer Ecke des Raumes, die Ausgaben mindestens eines ganzen Monats.
„Sie haben gelauscht und dringen hier unbefugt ein“, Kristianrichtete sich abrupt im Rollstuhl auf, seine Stimme zitterte vor Wut.
Ohne ihn zu beachten, ging sie zu dem Tisch und studierte interessiert die Medikamentenschachteln und -fläschchen. „Lauschen war nicht notwendig, Mr. Koumantaros. Sie haben so laut geschrien, dass man jedes Wort mithören konnte. Und da ich die Verantwortung für Ihre Pflege übernommen habe, handelt es sich auch nicht um unbefugtes Eindringen.“
Ein Schauer durchlief die gekrümmte Gestalt in dem Rollstuhl. Ein Verband verdeckte Kristians Augen. Den dunklen Schopf leicht zur Seite geneigt, lauschte er auf die Geräusche, die darauf schließen ließen, wie Elizabeth sich in dem Raum bewegte. „Ihre Dienste wurden bereits aufgekündigt.“
„Sie wurden überstimmt.“ Elizabeth legte die Pillenschachtel ab und betrachtete ihren Patienten. Der Verband ließ die scharfen Züge seines Gesichts noch härter wirken. Schwarze Bartstoppeln zogen sich über das markante Kinn. Seit die letzte Krankenschwester gegangen war, hatte er sich wohl nicht mehr rasiert.
„Von wem?“
„Von Ihren Ärzten. Unser Pflegedienst steht in ständigem Kontakt zu ihnen. In den letzten Monaten tauchte immer wieder die Frage nach Ihrer geistigen Verfassung auf.“
„Sie belieben zu scherzen!“
„Nein, ganz und gar nicht. Man fragt sich inzwischen, ob Sie in einer Institution nicht besser aufgeho…“
„Raus!“ Mit dem ausgestreckten Arm zeigte er auf die Tür. „Sofort!“
Elizabeth rührte sich nicht, stattdessen musterte sie ihn genau. Er wirkte ungepflegt, richtig schmuddelig. So gar nicht wie der weltgewandte und mächtige Finanztycoon, der er gewesen war, mit Landsitzen und Schlössern überall auf der Welt verstreut, wo in jedem einzelnen eine schöne Geliebte auf ihn wartete. „Ihre Ärzte sorgen sich um Sie, Mr. Koumantaros. Und ich auch“, fügte sie leise hinzu. „Sie brauchen Hilfe.“
„Das ist absurd. Wären die Ärzte so besorgt, dann kämen sie selbst. Und Sie kennen mich nicht. Sie können nicht hier hereinplatzen und nach zwei Minuten ein Urteil abgeben.“
„Da ich Ihren Fall betreue, seit Sie aus der Klinik entlassen wurden, kann ich das. Keiner weiß mehr über Sie und Ihre Rehamaßnahmen als ich. Und da Sie von Anfang an so schwierig waren, sehe ich es als meine persönliche Aufgabe an. Diese Mutlosigkeit jedoch ist neu.“
„Ich bin nicht mutlos, sondern nur müde.“
„Dann nehmen wir das als Erstes in Angriff.“ Elizabeth schlug die Akte auf, die sie mitgebracht hatte, und machte sich Notizen. Es war wichtig, alles genau zu dokumentieren, schließlich musste sie ihren Pflegedienst absichern. „Während Sie sich hier in dieser Einöde abschotten, wartet man in Athen auf Sie. Es gibt Leute, die sich wünschen, dass Sie nach Hause kommen.“
„Ich lebe jetzt hier.“
Sie sah zu ihm hin. „Sie haben nicht die Absicht, zurückzukehren?“
„Jahre habe ich in die Renovierung investiert, um dieses Gemäuer zu einem modernen Heim umzufunktionieren, das meinen Ansprüchen entspricht.“
„Das war vor Ihrem Unfall. Jetzt ist es höchst unpraktisch für Sie, hier zu leben. Weder Familie noch Freunde können Sie ohne Weiteres besuchen, Sie leben völlig zurückgezogen …“
„So will ich es“, sein Ton wurde schärfer. „Das ist jetzt mein Zuhause.“
„Und was ist mit Ihrem Unternehmen? Mit Ihren Geschäften? Haben Sie die zusammen mit Freunden und Familie aufgegeben?“
„Wenn das Ihre Vorstellung von Krankenpflege ist …“
„Ja, natürlich.“ Sie sah keinen Grund, einen Rückzieher zu machen. „Ich bin nicht hier, um Ihnen nach dem Mund zu reden. Auch nicht, um Sie zu verhätscheln. Sondern um Sie wieder auf die Beine zu
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