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Herz aus Eis

Titel: Herz aus Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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auf die Finger zu klopfen.
    Jetzt hatte sie so ein Gefühl, als wäre sie mitten während der Vorstellung in ein Theater gekommen und verstünde die Handlung des Stückes nicht, das auf der Bühne aufgeführt wurde, während sie neben Lee im Einspänner saß. Aber er sagte nichts, lächelte nur und lenkte seine Kutsche durch den Verkehr. Houston begann, wieder aufzuatmen. Es konnte nichts wirklich Schlimmes gestern abend passiert sein, wenn er lächelte.
    Er fuhr mit ihr zu einem Platz mit großen Felsen und hohen Bäumen, den sie noch nie gesehen hatte. Sie waren meilenweit von der Stadt entfernt an einem abgeschiedenen einsamen Ort.
    Kaum hatte er ihr aus der Kutsche geholfen — und mit solcher Hast, daß sie fast hingefallen wäre —, als er schon die Arme um sie legte und sie fast erdrückte. Sie hatte Mühe, genügend Luft zu bekommen, so daß sie seine Worte zunächst nicht hörte.
    » . . . aber nur noch an dich und den gestrigen Abend denken können«, sagte er. »Ich konnte noch den Duft deiner Haare an meinen Kleidern riechen, deine Lippen auf den meinen schmecken, deinen . . .«
    Houston vermochte sich endlich aus seiner Umarmung zu befreien. »Du konntest was?« keuchte sie.
    Er begann, ihr die Frisur zu zerzausen, und blickte sie sonderbar an. »Du wirst mir doch heute nicht wieder die keusche Braut Vorspielen wollen, nicht wahr? Möchtest du wirklich deine alten Gewohnheiten wieder aufnehmen nach gestern abend?«
    Während er auf Houston einredete, dachte sie fieberhaft nach. Doch sie konnte nicht glauben, was ihr als einzig mögliche Erklärung für seine bizarren Worte einfiel. Blair konnte doch nicht. . . konnte sich doch Lee nicht ergeben haben! Konnte sie? Unmöglich.
    »Houston, du hast mir bewiesen, daß du ganz anders sein kannst; also mußt du doch nicht wieder die unnahbare Eisprinzessin spielen. Ich weiß jetzt, wie du wirklich bist, und ich darf dir versichern, daß ich noch glücklicher sein werde, wenn ich diese kühle Frau von damals nie wiedersehe. Also komm her und küß mich so wie gestern abend.«
    Houston erkannte in diesem Moment, daß das viel mehr war, als ein Kompliment für Blair. Er hatte gestern abend nicht nur Blair genossen, sondern war auch zu der Einsicht gekommen, daß er die kühle Frau, mit der er verlobt war, nicht mehr sehen wollte. Sie schob ihn von sich. »Willst du damit sagen, daß ich gestern abend anders gewesen bin als sonst? Daß ich . . . besser gewesen bin?«
    Er lächelte auf eine idiotische Weise und fuhr fort, davon zu schwärmen, wie wundervoll Blair gewesen sei.
    »Du weißt genau, wie du gewesen bist. Es war, als sähe ich dich zum erstenmal. Ich wußte nicht, daß du so sein könntest. Vielleicht lachst du darüber, aber ich fing an zu glauben, daß sich hinter deinem kühlen Äußeren ein Herz aus Eis versteckte. Aber da du ja eine Zwillingsschwester hast, die schon bei der leisesten Herausforderung vor Feuer sprüht, muß etwas von ihrem Temperament auf dich abgefärbt haben.«
    Er packte sie wieder, ehe sie ein Wort erwidern konnte, und gab ihr einen unangenehmen, ihr die Lippen zerquetschenden Kuß; und als es Houston endlich gelang, sich dieser Zudringlichkeit zu erwehren, sah sie, daß er wütend war.
    »Du treibst das Spiel zu weit«, sagte er. »Du kannst nicht erst brennen vor Leidenschaft, um dann wieder das unberührbare Mädchen zu sein. Was bist du? Zwei Menschen in einer Person?«
    Houston hätte ihn am liebsten angeschrien, daß seine Lüsternheit der Falschen galt, daß er mit der kalten, frigiden und nicht mit der so feurigen Schwester verlobt war, die er vorzuziehen schien.
    Offenbar konnte Lee Gedanken lesen, weil sich sein Gesichtsausdruck plötzlich veränderte.
    »Das ist ein Ding der Unmöglichkeit, nicht wahr, Houston?« sagte er. »Sag mir, daß es falsch ist, was ich denke. Man kann doch nicht zwei grundverschiedene Wesen in einer Gestalt sein, oder?«
    Houston wußte nun, daß aus einem harmlosen Spiel eine ernste Sache geworden war. Wie hatte Blair ihr so etwas nur antun können?
    Lee entfernte sich ein paar Schritte von ihr und ließ sich schwerfällig auf einen Felsen nieder. »Hast du mit deiner Schwester gestern den Platz getauscht?« fragte er leise. »Habe ich den gestrigen Abend mit Blair verbracht statt mit dir?«
    Irgendwie gelang es ihr, ein Ja zu flüstern.
    »Ich hätte es sofort merken müssen, als sie diesen Selbstmörder so gut versorgte. Und sie wußte nicht einmal, daß wir in dem Haus waren, das ich für

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