Herz aus Eis
finde, schenke ich ihr das auch.«
»Einfach so?« fragte Edan. »Du willst ihr sagen, daß sie Weggehen soll — daß du mit ihr fertig bist?«
»Sie wird froh sein, mich wieder loszuwerden.« Kane trank den Whisky aus. »Und ich habe in meinem Leben keine Zeit für eine Frau. Bring sie nach Haus, ja?« Damit verließ er wieder das Büro.
Kapitel 10
Houston weinte sich in dieser Nacht in den Schlaf. Es war ihre Verwirrung, die sie so elend machte. Die meiste Zeit ihres Lebens hatte sie unter der Herrschaft ihres Stiefvaters verbracht, und Duncan Gates besaß eine strenge Vorstellung davon, was eine Lady zu tun und was sie nicht zu tun hatte. Houston war stets bemüht gewesen, nach diesen Vorstellungen zu leben. Jedesmal, wenn sie gegen diese Regeln verstoßen hatte, war das im geheimen geschehen.
Bei Leander hatte sie nur Rücksicht genommen. Er brauchte eine Lady als Frau, und Houston war zu dieser Lady geworden. Öffentlich und privat war sie eine Lady gewesen. Ihr Betragen war stets tadellos.
Doch in Wahrheit hatte Leander nach einem Wesen verlangt, das weit davon entfernt war, eine Lady zu sein. Sein Ausspruch, wie wunderbar Blair doch wäre, brannte in ihrem Herzen.
Doch dann trat Kane in ihr Leben, der so anders war als Lee: ohne Lees Schliff, ohne dessen Gefühl für den eigenen Wert. Doch Kane hatte nach einer Lady verlangt, und wenn sie keine war . . .
Sie würde nie den Ausdruck des Abscheus auf seinem Gesicht vergessen, nachdem sie sich mit ihm auf dem Boden gewälzt hatte.
Wie konnte sie einen Mann erfreuen? Sie hatte geglaubt, Lee wünschte sich eine Lady; doch das war nicht der Fall. Sie hatte geglaubt, aus dieser Erfahrung gelernt zu haben, daß Männer in Wahrheit sich eine leidenschaftliche Frau wünschten. Aber nicht Kane. Er wünschte sich eine Lady.
Je mehr sie nachdachte, um so heftiger weinte sie.
Später am Tag, als Blair in Houstons Zimmer kam, sah sie die rotgeweinten, geschwollenen Augen ihrer Schwester und schlüpfte zu ihr ins Bett. Eine Weile lang sagten sie nichts; doch dann begann Houston abermals zu weinen.
»Ist dein Leben so schrecklich?« fragte Blair.
Schniefend nickte Houston an Blairs Schulter.
»Taggert?« fragte Blair.
Wieder nickte Houston. »Ich weiß nicht, was er von mir will.«
»Höchstwahrscheinlich alles, was er bekommen kann«, sagte Blair. »Du mußt ihn nicht heiraten. Niemand zwingt dich dazu. Wenn du nur klar und deutlich sagen würdest, ich will Leander, könntest du ihn zurückbekommen, glaube ich.«
»Leander will dich haben«, sagte Houston, sich im Bett aufsetzend.
»Er will mich nur haben, weil ich ihm gab, was du ihm nicht geben wolltest«, sagte Blair. »Houston, du liebst Leander. Der Himmel weiß, warum: aber du liebst ihn, hast ihn seit Jahren geliebt. Bedenke, was die Ehe mit ihm bedeuten würde. Du könntest in dem Haus leben, das er für dich gebaut hat, deine Kinder bekommen und . . .«
»Nein«, sagte Houston und nahm ein Taschentuch aus der Nachttischschublade. »Leander gehört dir auf eine Weise, wie er mir nie gehört hat. Er möchte viel lieber dich haben.«
»Nein, das will er nicht! Du weißt nicht, was du da sagst. Er mag mich überhaupt nicht. Heute morgen im Krankenhaus sagte er, ich wäre ein Puppendoktor, der mehr schadete als nützte und . . .« Sie vergrub das Gesicht in den Händen.
»Vielleicht mag er dich nicht als Medizinerin; aber er liebt deine Küsse«, sagte Houston wütend. »Oh, Blair, entschuldige bitte. Ich bin nur müde und so durcheinander. Vielleicht sind es die Nerven vor der Hochzeit.«
»Was hat Taggert dir getan?«
»Nichts«, sagte Houston und barg ihr Gesicht im Taschentuch. »Er ist stets mehr als ehrlich zu mir gewesen. Ich denke, ich belüge mich vielleicht nur selbst.«
»Und was soll das nun wieder bedeuten?«
»Ich weiß es nicht. Ich muß arbeiten«, sagte sie und stieg aus dem Bett. »Es gibt noch so viel zu tun bis zum Tag der Hochzeit.«
»Du hast immer noch vor, ihn zu heiraten?« fragte Blair leise.
»Wenn er mich noch haben will«, flüsterte Houston, ihrer Schwester den Rücken zukehrend. Nach dem Abend gestern hat er seinen Entschluß vielleicht geändert, dachte Houston, und die Aussicht auf ein Leben ohne Kanes Launen — und ohne seine Küsse — stimmte sie traurig. Sie sah sich stumm in einem Schaukelstuhl mit ihrer Häkelnadel sitzen.
»Möchtest du mir bei den Vorbereitungen für die Hochzeit helfen?« fragte Houston und drehte sich wieder zu ihrer Schwester um.
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