Herz aus Eis
Erdgeschoß aufgehalten und dort nach dem Rechten gesehen. Ins Obergeschoß hatte sie so gut wie gar nicht hineingeschaut, und vieles hier war ihr noch neu. Der östliche Teil des U-förmigen Gebäudes bildete das Quartier für Gäste, und heute würde sich Blair in einer der Suiten für die Trauung ankleiden. Im zentralen Teil befanden sich links vom Korridor mit dem Vogelhaus die von Edan bewohnten Räume, und rechts davon ein Kinderzimmer, ein Bad und das Wohnzimmer der Kinderschwester.
Hinter dem Kinderzimmer schloß sich dann der lange Flügel an, der Houston und Kane gehörte. Kane hatte auf der Rückseite ein Badezimmer, relativ klein, aber mit einer herrlichen Aussicht auf die Gärten. Houstons Zimmer, von dem seinen durch ein Badezimmer mit Marmorwänden getrennt, war bei weitem das größte, mit pastellfarbener Täfelung und farbigen Stichen von Blumen und Girlanden, die lediglich als Platzhalter dienten für die Gemälde, die hier noch aufgehängt werden sollten.
Das Badezimmer war mit rosa und weißem Marmor ausgestattet, und die Seite, die zum Ankleiden bestimmt war, hatte Wände, die mit geflammten pinkfarbenen Platten verkleidet waren. Dahinter befanden sich ein Salon und ein privates Eßzimmer, wenn sie und Kane allein speisen wollten.
»Ich werde mich nie in diesem Haus zurechtfinden können«, sagte Tia, als sie von der Besichtigung der Räume hinter dem Schlafzimmer zurückkam. »Und schau dir mal diesen Dachgarten an.«
»Dachgarten?« fragte Houston und ging zu den Doppeltüren, vor denen Tia stand. Sie öffnete eine davon und trat hinaus in ein wunderschönes Labyrinth aus Topfpflanzen und Blumen. Steinbänke versteckten sich im Grün. Das war alles noch nicht hier gewesen, als sie zum letzten Mal von der Loggia hinter ihrem Schlafzimmer auf das Flachdach mit der Brüstung hinausgeblickt hatte.
»Sieh dir das an«, sagte Sarah und deutete auf eine weiße Karte, die an einem großen Feigenbaum befestigt war. Die meisten Pflanzen des Dachgartens waren durch einen dünnen Lattenrost darüber, der einen hübschen Schatten auf den Boden warf, vor der sengenden Colorado-Sonne geschützt. Houston nahm das Kärtchen entgegen.
Ich hoffe, es gefällt Ihnen. Ich wünsche Ihnen alles Gute zu Ihrer Hochzeit.
Edan
»Es ist ein Geschenk von Edan«, sagte Houston und betrachtete lächelnd den Garten als Symbol ihres Glücks, das sie am heutigen Tag empfand.
Ehe Houston noch etwas sagen konnte, flog die Tür auf, und Mrs. Murchison kam herein, als wäre ein Wirbelsturm hinter ihr her.
»Es sind viel zu viele Leute in meiner Küche!« zeterte sie, den Blick auf Houston gerichtet. »Ich weiß nicht, wie ich bei diesem Gedränge überhaupt kochen soll. Und Mr. Kane hat sowieso schon so viel zu tun, da er doch heute fast einen ganzen Werktag opfern muß.«
»Einen Werktag opfern . . .« wiederholte Meredith entsetzt.
»Glauben Sie denn, Houston sitzt nur herum und dreht Däumchen?«
Houston legte ihrer Freundin die Hand auf den Arm. Mrs. Murchison stand ganz unter Kanes Bann und würde diesen Mann zweifellos bis zum letzten Blutstropfen verteidigen. »Ich werde wieder ins Erdgeschoß hinuntergehen«, sagte Houston und übersah dabei geflissentlich das Hochzeitskleid, das Sarah bereits auspackte. Es war noch nicht gebügelt, und bestimmt mußten auch noch ein paar Nähte nachgebessert werden.
Als sie das Erdgeschoß erreichte, entdeckte sie noch mehr Anzeichen einer Katastrophe. Mehrmals hörte sie Kane in seinem Büro brüllen, und jemand stieß Houston in die Spülküche hinein, als Kane draußen durch den Korridor Richtung Garten stürmte. Sie beneidete ihn um seine Freiheit und wünschte sich gleichzeitig, bei ihm zu sein. Morgen, dachte sie. Morgen würden sie gemeinsam im Garten spazieren gehen.
Es waren nur noch zwei Stunden bis zur Trauung, als sie endlich wieder in den Oberstock zurückkehren konnte.
»Houston«, sagte Opal. »Ich denke, du solltest dich jetzt umziehen.«
Houston zog sich langsam aus und dachte, wenn sie sich das nächste Mal entkleiden würde . ..«
»Wer, in aller Welt, ist die Frau?« fragte Anne, als Houston in ein Hemd aus so feiner Baumwolle stieg, das sie nur ein Flüstern auf ihrer Haut war. Das Oberteil hatte kleine Knopflöcher, durch die pinkfarbene Seidenbänder gezogen waren, und das Unterteil war von Hand mit winzigen Rosenknospen bestickt.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Tina, die zu Anne an das Geländer des Dachgartens getreten war. »Aber es muß die
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