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Herz aus Glas (German Edition)

Herz aus Glas (German Edition)

Titel: Herz aus Glas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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wusste auf den Tag genau, wann ich welches Buch gelesen und wie es mir gefallen hatte.
    »Du bist echt ein Autist, weißt du das?«, grummelte ich, und als er mich gekränkt ansah, fuhr ich fort: »Ich habe es damals nur angelesen. Kannst du dich an den genauen Inhalt des Buches erinnern?«
    »Klar.«
    »Erzähl ihn mir!«
    »Wie weit bist du damals gekommen?«
    »Nicht weit.« Ich lieferte ihm eine kurze Zusammenfassung der wenigen Seiten, die ich hier auf Sorrow gelesen hatte. »Wenn ich das Ganze richtig verstanden habe, heiratet die Heldin ihren Maxim de Winter und geht mit ihm nach Manderley.«
    Dad lehnte sich zurück. »Im Grunde fängt die Geschichte da erst richtig an. Die Erzählerin kommt nach Manderley und muss feststellen, dass ihre Vorgängerin, de Winters erste Frau Rebecca, dort noch allgegenwärtig ist.«
    Ich stieß ein Schnauben aus. »Klingt ja fast ein bisschen nach mir«, murmelte ich nur halb im Scherz. Eine kalte Hand griff mir ins Genick und streichelte mich ganz sanft. Plötzlich musste ich an Grace denken und dass sie behauptet hatte, Geister würden einen Dinge finden lassen.
    Madeleines Geist ist dabei, Sie in den Wahnsinn zu treiben . So ähnlich hatte sie sich ausgedrückt. Ich kämpfte gegen das zunehmende Gefühl an, dass sie womöglich recht hatte.
    Dads Miene verfinsterte sich.
    »Wenn du die Stirn noch mehr runzelst, siehst du bald aus wie ein Dackel!«, ermahnte ich ihn.
    Er ignorierte den Einwurf. »In dem Buch versucht die Haushälterin, die Erzählerin in den Wahnsinn zu treiben«, erzählte er weiter.
    »Na, das passt«, sagte ich mit einem Anflug von galligem Humor. »Grace nervt ganz schön!« Aber im Stillen dachte ich an das Gewisper auf der Klippe, an das Schaudern, das mich immer wieder in der Halle des Herrenhauses überfiel. An die häufigen Schwindelanfälle und das Gefühl, mich durch dichten Nebel kämpfen zu müssen. »Wie geht das Buch aus?«, fragte ich.
    Dad schüttelte sanft den Kopf. Er hasste es, das Ende von Büchern zu verraten, selbst wenn er darum gebeten wurde.
    »Komm schon!«, rief ich. »Wenn du es mir nicht sagst …« Ich wusste nicht, womit ich ihm drohen sollte, also unterbrach ich mich.
    Er seufzte. »Also schön! Am Ende des Buches stellt sich heraus, dass diese Rebecca keineswegs so eine liebenswerte, perfekte Frau war, wie die Erzählerin glauben soll. Im Gegenteil: Sie war ein manipulatives Biest, das de Winter in der Hand hatte und ihn ausgenutzt hat, wo sie nur konnte. Wenn ich mich recht erinnere, hat er sie in dem Roman sogar getötet.«
    Ich musste an die Sätze denken, die Charlie unterstrichen hatte. Tatsächlich schien es in ihnen genau um das zu gehen, was Dad mir eben erzählt hatte.
    Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe herum.
    »Worüber grübelst du nach?«, fragte Dad.
    Ich winkte ab. »Das ist nur langweiliger Teenagerkram, glaub mir, das interessiert dich überhaupt nicht!«
    Aber er ließ sich nicht so leicht abspeisen. Er blickte auf seine Armbanduhr. »Bis Mitternacht ist noch ein bisschen Zeit. Ich denke, wir können sie ganz gut mit diesem ganz normalen Vater-Tochter-Kram füllen, oder?«
    Ich schwankte zwischen zwei Bedürfnissen hin und her, die sich gegenseitig ausschlossen. Zum einen hätte ich mich meinem Vater gern anvertraut und ihm alles erzählt, was in den letzten Tagen passiert war. Diese ganze Geistergeschichte eingeschlossen. Aber – und das war die andere Seite der Medaille – ich wusste auch, dass Dad mir nicht würde helfen können. Wahrscheinlich würde er alles nur noch schlimmer machen. Darum hatte ich gleichzeitig auch Angst, ihm zu viel zu erzählen.
    Ich beschloss, ihm wenigstens ein kleines bisschen zu sagen. »Ich habe in einer Buchhandlung in Chilmark ein Buch gefunden, das offenbar Charlie gehört hat.«
    »Rebecca«, vermutete er.
    Ich nickte. »David hat mich gebeten, es ihm zu geben, aber ich kann es nicht wiederfinden. Ich dachte, ich hätte es in meinen Nachtschrank getan, aber da ist es nicht.«
    Er stand von der Couch auf. »Hast du im Regal nachgesehen? Vielleicht hat dieses Dienstmädchen es aufgeräumt.«
    »Da ist es nicht.«
    »Soll ich dir suchen helfen?« Er wirkte froh, mir mit einer so unkomplizierten Tätigkeit helfen zu können.
    Gemeinsam suchten wir jeden Winkel des Appartements ab. Wir sahen unter dem Bett nach, hoben die Matratze hoch, durchkämmten jede Ecke und jeden Winkel. Vergeblich.
    Ein lautes Knallen draußen zeigte uns schließlich, dass es Mitternacht

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