Herz des Himmels (German Edition)
gleich mit den anderen?“
Kaithlyn nickte. „Auf dem Dach. Dort liegt ein Boot. Kaine scheint sich hier überall umgesehen zu haben.“
„Stehlen wir es?“, fragte Rose vorsichtig. Stehlen . Schon wieder dieses Wort.
„Naja…ich borge es mir.“
„Wer kann segeln?“
„Kaine“, sagte Kaithlyn.
„Ah, er hat also verborgene Talente“, sagte Rose sarkastisch. Beide lachten.
„Er kennt sich mit so was aus. Als Kopfgeldjäger reist er doch viel, oder? Wie die Luftnormaden.“
Rose schien dasselbe gedacht zu haben. „Meine Eltern bringen mich um, wenn sie das herauskriegen“, murmelte sie. „Wenn die Monster ihnen nicht zuvorkommen.“
Kaithlyn irrte nervös in ihrem Zimmer umher und legte alle möglichen Sachen aufs Bett, von denen sie glaubte, sie später gebrauchen zu können. Darunter war Rose´ Kompass, ein paar Klamotten, der Spiegel aus Evelyns Laden (Kaithlyn wusste auch nicht, warum sie ihn einpacken wollte), ein kleines Taschenmesser, das Notizbuch ihres Großvaters und das Buch von Evan Hayworth. Auf solch abenteuerlichen Reisen war sie nicht vorbereitet gewesen. Sie besaß nichts weiter, was ihr nützlich erschien. Nachdem alles in einer Tasche verstaut war, zog sie sich Mantel und Schal an, wartete auf Rose. Wenige Minuten später stand Rose reisefertig mit einem großen Rucksack auf dem Rücken vor ihr.
„Was hast du alles eingepackt?“, fragte Kaithlyn. Harlow gähnte bereits.
„Nur wichtige Dinge“, murmelte Rose. Die drei machten sich auf den Weg zum Aufzug, jener der in die Küche führte. Als sie unten ankamen war alles dunkel.
„Ist jemand da?“, fragte Kaithlyn laut. Niemand antwortete.
„Die Luft ist rein“, meinte Rose und schaltete das Licht an. Innerhalb von wenigen Minuten hatten sie sämtliche Schränke und die Vorratskammer durchkämmt. Kaithlyn wickelte Brot ein, Käse, Trockenfleisch – alles, was sich ein paar Tage halten würde. Dann verteilte sie die Rationen auf vier gleich große Päckchen. In ihr eigenes Bündel, legte sie zwei Rationen Kianki Futter mit hinein. Rose verstaute Wasserflaschen in ihrem Gepäck.
Treppe für Treppe stiegen sie höher. Es dauerte eine Weile, bis sie die ein oder andere Aufstiegsmöglichkeit überhaupt fanden. Eine hatte so gut hinter einem Wandteppich versteckt gelegen, dass die Freundinnen mehrmals daran vorbei gelaufen waren, bis Harlow einen Luftzug gespürt hatte. Niemand kann alle Winkel des Gebäudes kennen. Niemand, dachte Kaithlyn. Dass die oberen Stockwerke vielleicht nicht erkundet werden sollten, kam ihr nicht in den Sinn. Wenigstens gab es ab dem dritten Stock ein Treppenhaus, das nicht unterbrochen wurde, sondern an einem Stück weiter hinaufführte. Die Treppe war so staubig, dass sie bei jedem Schritt förmlich sehen konnten, wie Staubpartikel kleine Wölkchen bildeten. Harlow nieste ununterbrochen.
„Wie weit ist es noch?“, jammerte das Kianki. Kaithlyn sah die Stufen hinauf, die nur von Rose´ Taschenlampe (sie war so klug gewesen, an eine zu denken) beleuchtet wurde, wodurch ihr Sichtradius nicht sonderlich groß war. Kaithlyn selbst, spürte, wie ihre Atemfrequenz anstieg und ihre Beine meinten, bereits hunderte Stufen hinter sich zu haben.
„Ihr habt es bald geschafft!“, schallte eine vertraute Stimme zu ihnen herunter. „Noch drei Absätze.“ Melora war vor ihnen oben angekommen? Wie hatte sie den Weg schneller finden können als Kaithlyn?
„Warum habt ihr nicht den Aufzug benutzt?“, fragte Melora, als sie keuchend oben angekommen waren. Melora streifte sich den Pony aus dem Gesicht und grinste verschmitzt. „Der Weg hier wird jedenfalls nicht oft benutzt“, hustete sie, hielt sich eine Hand vor den Mund. Man konnte die Vergangenheit förmlich schmecken.
„Es gibt einen Aufzug?“, fragte Kaithlyn und hätte sich am liebsten eine Hand gegen die Stirn geschlagen, um sich selbst zu bestrafen. Natürlich musste es einen geben, der nicht nur in die Küche, sondern auch hinaufging.
„Sicher“, meinte Melora. „Mehrere.“
Kaithlyn sah sich kurz um. Sie standen auf einem leeren geräumten Dachboden. Eine Ratte huschte über den Boden und Rose packte Harlow noch rechtzeitig im Genick, bevor sie hinterher eilen konnte. Melora, die ebenfalls eine Taschenlampe im Gepäck hatte, leuchtete Kaithlyn ins Gesicht.
„Können wir dann endlich los?“, fragte sie genervt. Im Nebenzimmer sah der Dachboden schon ganz anders aus. Sauber und hell. Der Boden war aus braunem Parkett, ein
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