Herz des Himmels (German Edition)
einfach. Erstens, ist es mit dem Karacordwappen versiegelt und zweitens, ist es mehr als leicht, mit einigen guten Nachforschungen herauszufinden, dass an Kaithlyn Hayworths Geburtstag ein Angriff stattfand und ihr dabei das Ryogan entwendet wurde.“
„Also wieso hat er gestanden? Was für eine Erklärung gibt es dafür?“, fragte Kaithlyn verwirrt.
„Ihm war einfach klar, dass es keinen Ausweg mehr für ihn gab. Mr Grim kennt die Gesetze, wahrscheinlich wollte er sich selber ein reines Gewissen schaffen oder dachte er würde milderes Urteil bekommen. Bei Gericht sagte er nichts über Mitschuldige oder lautere Motive, er sagte einzig und allein, er habe sich dadurch bereichern wollen.“
„Er lügt!“, rief Kaithlyn ungebremst. Sie dachte an das silberblonde Mädchen. Kaithlyn hatte sie doch damals alle belauscht. Kale, Azaria und Grim. Was würde es ihr nützen, es Grau zu sagen? Es war nicht seine Angelegenheit.
„Seine alleinige Aussage genügt vollkommen für ein Urteil“, schloss Garu.
Ihr Herz begann zu flattern, wild und hitzig in ihrer Brust. Sie konnte dem nichts entgegensetzen. Warum wollte sie das überhaupt? Woher kam das Mitleid? Merren Grim kannte die Gesetze. Er hatte ihr Ryogan gestohlen. Er verdiente es. Oder? Er kam ihr törichter Weise so vor, als würde sie bereits einen zweiten Menschen in den Tod treiben. Der Gedanke war unerträglich.
„Zum Tode verurteilt“, wiederholte sie kleinlaut, als wäre es nicht wahr, wenn sie es leise sagte.
„Morgen schon wird er hingerichtet“, sagte Garu, als dachte er, Kaithlyn würde das interessieren. Sie bekam eine Gänsehaut bei dieser Vorstellung und rieb sich wärmend die Arme, während sie sich ausmalte, wie Grim wohl streben würde. Es war nur eine natürliche Reaktion, redete sie sich ein, jeder würde so empfinden, der Tod ist ein schreckliches Urteil.
„Wer hat den Hinweis gegeben?“, fragte Kaithlyn.
„Er war anonym“, erinnerte Garu sie. Sie fühlte sich so elend, als wäre sie gerade in allen Fächern durchgefallen.
„Sicher“, meinte sie tonlos.
„Das scheint dich sehr mit zu nehmen“, sagte Garu direkt.
„Du irrst dich. Ich bin nur müde“, log sie, um nicht darüber sprechen zu müssen und setzte eine ausdruckslose Miene auf, um es Garu noch schwerer zu machen, auch nur irgendetwas in ihrem Gesichtsausdruck ablesen zu können.
„Ich vergesse oft, dass der Tageszyklus der Menschen so ganz anders ist als meiner“, meinte er entschuldigend.
„Danke, dass du mir das alles gesagt hast. Wo ist das Ryogan? Bekomme ich es wieder?“
„Natürlich“, sagte Garu. „Ich hab es direkt nach der Verhandlung eingesteckt und mitgebracht. Wir benötigen diesen Beweis nicht mehr.“
Er griff unter seinen langen Reiseumhang und zog ein klobiges Päckchen heraus. Er legte es zwischen die beiden auf den Tisch. Kaithlyns Herz machte einen Hüpfer. Sie schob es näher zu sich und wickelte es aus dem weichen, fast samtenen Papier. In ihren Händen hielt sie eine schmale Schriftrolle aus gefärbtem Glas. Darauf waren Mosaike zu sehen, die dunkel schimmerten und die beiden runden Enden des kunstvoll gearbeiteten Gefäßes, waren mit Juwelen besetzt. Rote Rubine und blaue Saphire strahlten so hell, das der Raum von einem bunten Farbspiel erleuchtet wurde. Kalt und glatt lag das Ryogan nun endlich in Kaithlyns Händen.
Vorsichtig wendete sie es, um es von allen Seiten betrachten zu können. Ihre Augen glommen erwartungsvoll auf. In der Mitte des kostbaren Gefäßes saß das Wappen der Karacords, das silbermatt glänzte. Kaithlyn tippte mit einer Fingerspitze dagegen und es leuchtete für eine Atemzug lang so hell auf, dass sie die Augen schließen musste.
Garu beobachtete sie neugierig.
Kaithlyn zog an der rechten Seite den kristallinen Stopfen heraus und ein Zischen entfuhr dem Ryogan, als würde es atmen oder wäre erwacht. Begierig und dennoch sachte zog Kaithlyn das Pergament heraus. Es fühlte sich viel zu dünn und leicht an, dafür, dass es alle geheimen Zauber des Drachenclans enthalten sollte. Sie hatte es sich mehr wie ein Buch vorgestellt, dick und schwer. Dieses eine Pergament sollte Jahrhunderte alte Überlieferungen und Geheimnisse bewahren? Kaithlyn entfaltete es und hielt dabei den Atem an. In einer Schrift, so dünn, wie unsichtbare Striche und einer Kunst, so schön anzusehen, wie ein intensiv buntes Gemälde, dass einen zu anderen Orten trug, standen dort viele Sätze, die sich noch während Kaithlyn sie las
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