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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Misteln gesehen. Ich werde mich darum kümmern, dass wir die nötigen Zweige bekommen.
    Wenn Ihr erlaubt, nehme ich die Sache sofort in die Hand.«
    »Tut das, Dame Roselynne!«
    Die Prinzessin erteilte ihre Erlaubnis mit einer knappen Handbewegung, ehe sie sich wieder den Wäschetruhen zuwandte, in denen die kostbaren Gewebe gelagert wurden, die nur zu den höchsten Feiertagen über die Schragentische der großen Halle gelegt wurden. Von ihren Damen umringt, machte sie sich an die Prüfung der Bahnen, während Roselynne erleichtert den haushälterischen Debatten entfloh.
    Auch in Hawkstone war das Erntedankfest eine feierliche Angelegenheit, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, dass ihre Mutter ein einziges Mal deswegen so viel Durcheinander und Aufruhr veranstaltet hatte wie die königliche Prinzessin. Vom Keller über die Küche bis zu den Boten, welche die begehrten Einladungen austrugen, kümmerte sich Mathilda in eigener Person um jede noch so kleine Einzelheit.
    Mit ihren besorgten Bemühungen erreichte sie jedoch nur das Gegenteil, da sie das Gesinde ständig unterbrach und die eigenen Anweisungen widerrief. Gewöhnlich bemühte sich Roselynne, jenes Chaos zu vermeiden, aber in diesen Tagen versah auch sie ihren Dienst nicht mit der gewohnten Perfektion.
    Seltsamerweise fand sie nicht mehr die gewohnte Befriedigung in ihrem Amt als Hofdame. Das stetige Einerlei der Tage zwischen Wäschekammer, Vorratsräumen und Kapelle war mit einem Mal öde und schal geworden. Ihre gesamte Energie, ihre Gedanken und ihre Zeit waren ausschließlich darauf gerichtet, ein bestimmtes Gesicht im Gewimmel der Höflinge zu entdecken und die Umrisse einer gewinnenden Gestalt zu suchen. Dass all diese Aufmerksamkeit nicht erwidert wurde, stand auf einem anderen Blatt.
    Trotz des berauschenden Gefühls der unerwarteten Freiheit vergaß Roselynne nicht, sich umzusehen, ehe sie aus einer Seitenpforte zum Obstgarten lief. Der Graf von Duncan hatte mittlerweile die unheilvolle Gewohnheit entwickelt, ihr an den unmöglichsten Plätzen über den Weg zu laufen. Er belauerte sie, daran konnte es keinen Zweifel geben. Aber soweit sie wusste, hatte Rufus ihn und seine Männer gemeinsam mit anderen Rittern zu einem Wettbewerb im Bogenschießen aufgefordert. Der beste Schütze sollte beim Festmahl vom König persönlich geehrt werden.
    Der Wettbewerb fand auf der großen Turnierwiese statt, weit genug entfernt, damit sie den unerwarteten Luxus genießen konnte, mit sich und ihren Gedanken allein zu bleiben. Margaret und die jüngeren Ehrendamen hatten heimlich dagegen protestiert, dass sie nicht an dieser Veranstaltung teilnehmen und dem Sieger Beifall zollen konnten. Dass die Prinzessin die Organisation des Festmahles nicht den Dienstboten überließ, wollte ihnen nicht in den Sinn. Aber Mathilda teilte die nüchterne Auffassung ihrer verstorbenen Mutter von Pflicht und Ehre. Solange ihr Bruder keine Gemahlin nahm, war sie die erste Dame des Hofes, und sie würde dieses Amt nicht vernachlässigen.
    Glücklicherweise war der König viel zu sehr damit beschäftigt, seine Feinde in Schach zu halten und den ungesunden Ehrgeiz seines Bruders zu dämpfen, um allzu oft Feste zu feiern oder Pomp zu entfalten. Es lag ihm wenig an Prunk und glänzenden Auftritten. Turniere hielt er für Kraftverschwendung und die Jagd blieb sein einziges echtes Vergnügen.
    Desgleichen war er weit davon entfernt, Musiker, Poeten oder Gelehrte um sich zu scharen. Ihm ging es allein darum, das Reich seines Vaters zu stärken und seine Feinde zu vernichten. Kein Wunder, dass ein Edelmann von wahrer Kultur und raffinierter Eleganz, wie ihn Loup de Luthais auf so herausfordernde Weise verkörperte, aus dem Kreis seiner Ritter und Gefährten herausstach wie eine Rose aus gemeinen Feldblumen.
    Roselynne schloss das Gatter zur Obstwiese sorgsam hinter sich, denn die frei herumlaufenden Ziegen und Schweine der Burg schätzten die Früchte dieses Gartens ebenso wie die Menschen. Sie raffte die feinen Wollröcke ihres leuchtend blauen Obergewandes, damit sie den Falläpfeln ausweichen konnte, in denen die letzten Bienen summten. Sie wollte weder gestochen werden noch ihre Säume an den faulenden Früchten beschmutzen.
    Es roch betäubend nach Most, nach warmer Erde und reifenden Äpfeln. Im Vorbeigehen griff sie sich einen davon aus einem nieder hängenden Zweig und polierte ihn am Ärmel sauber, ehe sie ihre Zähne in die duftende Schale grub. Die Süße der Frucht füllte

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