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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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trugen, so deutlich gespürt. Zum ersten Mal war sie sich auch ihres weiblichen Körpers voll bewusst, und unter halb gesenkten Wimpern prüfte sie verstohlen, ob er tatsächlich wohlgefällig genug aussah, um die Begehrlichkeit des Seigneurs zu wecken.
    Sie war eine gute Spanne kleiner und viel schmaler gebaut als ihre ältere Schwester, die er so leidenschaftlich geliebt hatte. Ihre dichten Haare wiesen zudem nicht die kleinste Spur der gefälligen Locken auf, die den Schopf Sophias wie einen rotgoldenen Sonnenuntergang aufleuchten ließen. Was auch immer sie versuchte, die schwarze Mähne stürzte sich unverändert glatt und schwer über ihren Rücken.
    Roselynne unterdrückte einen traurigen Seufzer, je weiter die Bestandsaufnahme ging. Die Brüste, die sie betonen wollte, waren ebenfalls nicht besonders üppig geraten. Erbittert rieb sie mit der Seife darüber, aber die Spitzen richteten sich weniger wegen der lieblosen Behandlung auf, sondern weil die Berührung die Erinnerung an tollkühne Hände weckte, die ihre mangelnde Fülle dennoch gestreichelt hatten. Würde er es wieder tun, wenn sie ihm Gelegenheit dazu verschaffte?
    Sie musste sich mit aller Gewalt beherrschen, damit sie nicht auch die anderen sensiblen Stellen ihres Körpers berührte, um das Echo der aufregenden Zärtlichkeiten wieder zu finden. Wie eigenartig, denn der Gedanke, sich selbst zu liebkosen, war ihr noch nie gekommen. Warum ausgerechnet heute? Was waren das für Wünsche, die plötzlich ihren Leib beherrschten, sobald sie an den goldenen Ritter dachte?
    Eine Spur zu hastig stand sie auf und strich sich die Wassertropfen von den Gliedern. Sie fröstelte trotz der Wärme des Kaminfeuers und hüllte sich fast ein wenig panisch in das weiche Tuch, das ihr Maud hinhielt. Sie rieb sich so heftig ab, dass ihre blasse Haut danach rötlich schimmerte und sie den Fluss des eigenen Blutes darunter spürte. Dann schlüpfte sie in einen wärmenden Hausmantel und überließ es ihrer Kammerfrau, die nassen Haare auszukämmen und mit ihrer Gehilfin über ein warmes Tuch zu breiten, damit die dicken Strähnen vor der Wärme des Kaminfeuers schneller trockneten.
    Sie saß mit dem Rücken zum Feuer und konnte im Augenblick nichts anderes tun, als die Hitze in sich aufzunehmen und Geduld zu haben. Genau das Letzte fiel ihr jedoch unerwartet schwer. Der seltsame Zwiespalt ihrer Gefühle führte dazu, dass sie ihr Leben mit völlig neuen Augen betrachtete.
    »Zappelt nicht ständig herum«, mahnte die Kammerfrau, weil die dunklen Seidenhaare bei jeder Bewegung der jungen Edeldame wieder vom Tuch rutschten. »Ich werde inzwischen sehen, ob ich das Festgewand glatt bekomme.«
    Roselynne nickte und erntete ein ungeduldiges Schnalzen für die gedankenlose Geste. Seltsamerweise erinnerte sie sich ausgerechnet in diesem Augenblick an eine Bemerkung Lady Lilianas, ihrer Mutter. Sie hatte ihren Gatten damit beruhigt, als jener sich vor geraumer Zeit einmal mehr Sorgen darum gemacht hatte, dass seine zweite Tochter so gar keine Anstalten traf, sich um einen der vielen Edelmänner zu kümmern, die bei ihm um ihre Hand anhielten.
    »Nicht eine Eurer Töchter wird als alte Jungfer enden, mein Lord. Aber bei keiner wird es Euch so schwer fallen, den Gemahl zu akzeptieren, den sie sich aussucht, wie bei dieser.«
    Die Lady des Rosenturms setzte ihre seherische Gabe nur selten ein. Aber man konnte sich immer darauf verlassen, dass die Dinge, von denen sie sprach, auch eintrafen. Der mächtige Lord von Hawkstone respektierte die besondere Fähigkeit seiner Gemahlin, wenngleich er stets einen unbehaglichen Schauer unterdrücken musste, sobald er damit konfrontiert wurde.
    Damals hatte Roselynne ebenso geschwiegen wie ihr Vater. Je weniger darüber geredet wurde, dass es an der Zeit war, einen Gatten für sie zu finden, umso sicherer fühlte sie sich. Heute fragte sie sich, ob es nicht ein Fehler gewesen war. Sie wusste nicht, woher sie mit einem Mal die feste Überzeugung nahm, dass es sich um Justin d'Amonceux gehandelt haben musste, von dem ihre Mutter sprach. Wenn er es tatsächlich war, dann traf auch der Rest dieser Prophezeiung zu. Der Lord von Hawkstone würde nicht damit einverstanden sein, dass sich seine Tochter mit einem Spion des Herzogs von Anjou zusammen tat.
    Wie konnte Justin ein so lebensgefährliches Risiko eingehen? Auch wenn er bei seinem ersten Besuch in England lediglich in Hawkstone gewesen war, er musste doch damit rechnen, dass er auf Mitglieder der

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