Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
ernst sein mit Eurem Wunsch, Buße zu tun und die Welt hinter Euch zu lassen.«
    Roselynne bedachte ihn mit einem Blick, der ihre tiefblauen Äugen fast schwarz wirken ließ.
    »Ihr ahnt gar nicht, wie ernst es mir damit ist, Justin d'Amonceux«, entgegnete sie leise, und die verborgene Qual machte ihre sonst so wohlklingende Stimme harsch und brüchig. »Lasst uns reiten.«
    Sie trieb ihr Pferd an und preschte voraus. Justin sah ihr nach, und Jacques, der wie so oft stummer Zeuge ihrer Auseinandersetzungen gewesen war, wagte zum ersten Mal einen Kommentar.
    »Du machst einen Fehler. Schick sie nicht fort.«
    Sein Herr schnaubte. »Ich würde einen Fehler machen, wenn ich es nicht täte, mein Freund.«
    »Und wie willst du weiter leben, wenn du dein Herz hinter diesen Mauern dort einsperrst?«
    »Pah!«
    Die eine verächtliche Silbe spornte auch den treuen Hengst an, der sich streckte, um die dürre Mähre einzuholen, die nun über den Fahrweg zum Kloster trabte. Der Ritter bekämpfte den absurden Wunsch, das Mädchen aus dem Sattel zu reißen und mit ihm davon zu preschen. Welch ein närrischer Gedanke. Er musste doch froh sein, diese Magierin loszuwerden, die ihn so durcheinander brachte. Die Töchter des Rosenturms von Hawkstone hatten nichts in seinem Leben zu suchen.
    Roselynne hörte das Trommeln der Hufe hinter sich und wünschte sich ihrerseits, den flinken kleinen Zelter unter dem Sattel zu haben, der in den Ställen von Winchester stand und nie wieder seine Herrin tragen würde. Es war das letzte Mal, dass sie den Wind eines Rittes auf ihrem Antlitz spürte und die Welt ohne Mauern im Horizont verschwinden sah. Sie entsagte der Freiheit. Aber sie tat es mit Freuden. Es gab nichts, was sie hier draußen hielt.
    Es blieb ohnehin keine Zeit für Reue. Schon vernahm sie den Klang der Glocken hinter den Mauern, und Justin d'Amonceux ragte wie ein dritter Turm neben ihr auf. Sie war sich der Tatsache durchaus bewusst, dass er nur tat, worum sie ihn gebeten hatte, aber es half nichts. Die Eile, mit der er daran ging, seine Aufgabe zu erledigen und sie zurückzulassen, kränkte sie.
    Kurz darauf durchschritt sie an seiner Seite den rechteckigen Kreuzgang des Klosters, nachdem ihnen eine runzelige alte Nonne den Weg gewiesen hatte. Sie fanden die Äbtissin wie von ihr angekündigt in der Krankenabteilung, wo sie Kräuter mit einem Mörser zerrieb und die Mischung mit wenigen Tropfen Öl zu einer Paste verarbeitete. Roselynne erschnupperte den Duft von Mandelöl und Rosmarin.
    Beim Geräusch ihrer Schritte wandte die fromme Frau den Kopf. Ihre Augen weiteten sich beim Anblick des hoch gewachsenen Ritters. »Justin? Bist du das wirklich oder lassen mich meine alten Augen im Stich?«
    »Weder sind Eure Augen alt, noch seid Ihr es selbst, ehrwürdige Mutter«, entgegnete er in vollendeter Höflichkeit.
    Roselynne fiel trotzdem auf, dass er eine seltsame Distanz zu der frommen Dame wahrte, die nun auf ihn zutrat und einen ungeduldigen Laut von sich gab.
    »Du darfst mich küssen, Neffe!«, teilte sie ihm gnädig mit. »Du brauchst gar nicht so steif und hochnäsig auf mich herabzusehen, mein Junge! Ich freue mich, dass du gekommen bist.«
    Wäre Roselynne nicht so angespannt gewesen, sie hätte sich über das sichtliche Widerstreben amüsiert, mit dem der Ritter die schmale Hand der Nonne küsste und das Knie beugte. Er war es nicht gewöhnt, einer Frau solche Ehren zu erweisen. So aber sah sie lediglich über den unbedeckten blonden Schädel hinweg auf den Tisch mit dem Mörser und den Kräuterbehältern und wartete darauf, dass sich die Aufmerksamkeit der beiden ihrem Anliegen zuwandte.
    »Und Ihr, mein Kind? Was führt Euch hinter die Mauern von Montivilliers?«, vernahm sie die warme Stimme der Äbtissin und fand sich einem Blick aus hellblauen Augen ausgesetzt, die sie beunruhigend gründlich musterten.
    Es waren die Augen ihres Neffen, und sie verwirrten die junge Frau so sehr, dass verlegene Röte in ihre Wangen stieg und sie vergeblich nach Worten suchte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es dieses kristallklare Feuer ein zweites Mal auf Erden gab.
    »Ich bringe Euch die Dame Roselynne de Cambremer, ehrwürdige Mutter«, übernahm der Graf von d'Amonceux an ihrer Stelle die Erklärungen. »Sie wünscht sich Euren Nonnen anzuschließen und für ihre Sünden Buße zu tun. Ich habe ihr mein Wort gegeben, dass sie unter Eurem persönlichen Schutz stehen wird.«
    »Wir stehen alle unter dem Schutz Gottes, mein

Weitere Kostenlose Bücher