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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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der vergangenen Nacht in Zusammenhang? Oder gab es andere Gründe dafür, dass sie sich an diesem Morgen in aller Heimlichkeit aus seiner Umarmung geschlichen hatte?
    Er hatte sie bislang für eine junge Frau gehalten, die trotz aller ausgefallenen Launen ihrem Rang und ihrer noblen Geburt Ehre erwies. Sie würde die königliche Prinzessin nie aus einer bloßen Laune heraus in Sorge versetzen, geschweige denn den König verärgern. Was also war am Rande des heutigen Tages zwischen Nacht und Morgen geschehen?
    »Kümmert Euch um die Angelegenheit«, wies der König inzwischen seinen Burgvogt an, der den Befehl mit einer stummen Reverenz zur Kenntnis nahm. »Ich wünsche jede Wache, jeden Diener und jede Magd befragt. Ich erwarte Euren Bericht vor dem Mahl heute Abend. Dann werde ich entscheiden, ob ich einen Boten nach Hawkstone sende oder nicht.«
    Der Vogt eilte davon, die Befehle auszuführen. Rufus' Diener wussten, dass man weder seine Ungeduld noch seinen Jähzorn herausfordern sollte. Wenn er Anordnungen traf, mussten sie blitzschnell und auf die Silbe genau ausgeführt werden; dann allerdings erwies er sich als gerechter und freundlicher Herrscher.
    »Fasse dich in Geduld«, riet er danach seiner Schwester ebenso knapp. »Wer weiß, welche Grillen das Hawkstone-Mädchen davon abhalten, seine Pflichten zu tun. Vielleicht lässt du die Zügel deines Haushalts ein wenig zu locker, liebe Schwester.«
    Es war eine der seltenen Gelegenheiten, wo der König zu scherzen versuchte, und wie meistens klang es eher nach einem schroffen Verweis denn nach einem Versuch, die Prinzessin aufzumuntern. Der Seigneur de Luthais verstand indes sehr wohl, warum sich die hohe Dame mit versteinerter Miene zurückzog.
    Am liebsten wäre er ihr gefolgt und hätte auf der Suche nach Roselynne jeden Stein dieser Burg umgedreht. Allein, wie hätte er das dem König gegenüber begründen sollen? Seine Aufgabe zwang ihn in eine Rolle, die seinem eigentlichen Charakter zunehmend schwerer fiel. War es vorstellbar, dass diese eine besondere Nacht eine so gefährliche Bresche in die Mauern geschlagen hatte, hinter denen er sein wahres Ich verbarg?
    Dabei hatte er anfangs nur Erleichterung darüber verspürt, dass ihm Roselynne die unvermeidliche Ernüchterung im Morgengrauen erspart hatte. Als der Tag fortschritt, folgte männliche Gekränktheit, am Ende sogar Verärgerung. Wie kam sie dazu, den Spieß umzudrehen und ihn zu behandeln, wie ein Mann ein Mädchen behandelt hätte, mit dem er ein paar Stunden Vergnügen geteilt hatte, aber nicht mehr? Zu seinem großen Erstaunen entdeckte er, dass es ihm missfiel, so unwichtig für sie zu sein.
    Jetzt jedoch dachte er zunehmend daran, dass sie keine Lady war, die vor den Folgen ihrer Entscheidungen davon lief. Er hatte ihren Eigensinn kennen gelernt, ihren Stolz, ihren Mut und ihr Temperament, aber da war nie auch nur die kleinste Spur von Feigheit gewesen. W T er dieses Geschöpf von dem Weg abbringen wollte, den es für sich gewählt hatte, musste dies mit Gewalt tun. Welche Gewalt hielt sie also davon ab, ihren Dienst bei der Prinzessin anzutreten?
    Mit einem Mal witterten all seine Sinne Gefahr. Es kostete ihn seine ganze beträchtliche Selbstbeherrschung, die Rolle des kultivierten Edelmannes weiter zu spielen, der dem König schmeichelte, aber wiederum nicht so plump war, dass jener die Absicht dahinter merkte und sein Vertrauen zurückzog.
    »So in Gedanken, Messire de Luthais?« Der König warf seinem Gast einen jener düsteren Blicke zu, die so gut wie alles bedeuten konnten.
    Wie üblich gelang es dem Seigneur, sein Erstarren hinter der ein wenig geistesabwesenden Maske eines leisen Lachens zu verbergen, das keine Wärme in seine Augen brachte. »Verzeiht, aber die Sorge der königlichen Prinzessin um die Dame de Cambremer beschäftigt mich zu meinem eigenen Erstaunen. Was könnte einer so entzückenden Person im Schutze Eures Hofes zustoßen?«
    Rufus schnaubte unwillig. »Weiß ich's? Das Mädel hat seinen eigenen Kopf, wie alle Kinder Lord Hawkstones. Es sollte längst verheiratet sein, aber der Alte weigert sich, Druck auf sie auszuüben. Dabei gäbe es wahrhaftig eine stattliche Anzahl von Edelmännern, die ich gern mit einer so guten Partie belohnen würde. Ihr denkt nicht zufällig daran, Euch auf dieser Seite des Kanals niederzulassen? Ich hatte den Eindruck, dass Euch die körperlichen Reize der Kleinen gestern Abend stark beeindruckt haben. Sie hat ja kein Geheimnis daraus

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