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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Cheney
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hatte, und schon kurz darauf hatte Marianne den Teller geleert und den Löffel beiseitegelegt.
    Mariannes Füße waren warm, ihr Hunger gestillt. Sie stellte fest, dass sie nicht mehr ganz so nervös war wie zuvor. Auf dem Tisch neben dem Tablett lag ein Buch, das sie nun aufnahm und zerstreut zu lesen begann. Es ging darin um Bäume, um die verschiedenen Arten, ihr Wachstum und ihre Entwicklung. Nicht eben eine fesselnde Lektüre, obwohl mehr als ein Abschnitt leicht unterstrichen war, was darauf hinwies, dass jemand das Buch mit großem Interesse studierte.
    Wenige Minuten später legte Marianne das Buch beiseite und stand ungeduldig auf. Später erinnerte sie sich nicht daran, dass sie einen bewussten Entschluss getroffen hätte, zu Mr Desmonds Schreibtisch zu gehen. Nachdem sie einmal dort stand, begann sie jedoch, müßig die Papiere und persönlichen Kleinigkeiten darauf zu betrachten.
    Neben anderen Dingen lag dort ein dickes, in Glas eingegossenes ausländisches Geldstück, das Mr Desmond als Briefbeschwerer gebrauchte. Marianne konnte nicht wissen, dass die Münze aus dem ersten Kartenspiel im Ausland stammte, an dem Desmond teilgenommen hatte, als er noch fast ein Knabe war. Damals hatte er noch das Wohlwollen seines Vaters genossen und sich angeblich in Paris aufgehalten, um die Kunst einiger alter Meister zu studieren. Die Münze war kaum ein Symbol des Sieges.
    Desmond hatte in jenem Spiel erbärmlich verloren und war gezwungen gewesen, seine „Kunststudien“ abzubrechen. Doch der erfahrene Spieler, der ihm den Großteil seines Geldes abgenommen hatte, hatte ihn auch gelehrt, seine Gegner niemals völlig mittellos zurückzulassen. Monsieur Deveraux hatte ihm die Münze in die Hand gedrückt und ihn eingeladen, ein andermal wiederzukommen. Daraufhin hatte Desmond sich das Geldstück von einem Glasbläser als Erinnerung fassen lassen.
    Auf dem Schreibtisch lagen auch ein abgegriffenes Kartenspiel, ein Fingerhut aus Elfenbein und ein kleines Samtbeutelchen mit einem ungeschliffenen Edelstein darin, und jedes Teil hatte seine Geschichte. Die meisten Gegenstände standen mit der einen oder anderen Spieleskapade in Zusammenhang, obwohl der Fingerhut ein Andenken an ein romantischeres Abenteuerdarstellte. Marianne, die sich der persönlichen Geschichte hinter jedem Stück nicht bewusst war, betastete sie wenig interessiert und legte sie gedankenlos zurück, bevor sie sich mit dem nächsten Stück beschäftigte.
    Zwischen den verschiedenen Andenken befanden sich auch eine Anzahl anderer Dinge, und Mariannes Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln, als sie auf die Unordnung hinunterblickte. Schreibfedern lagen verstreut umher, ein Tintenfass, ein fleckiger Tintenlöscher, Schreibwerkzeuge und Papiere waren aufs Geratewohl zusammengeschoben.
    In einer Ecke des Schreibtisches lag ein Stapel Briefe, von denen einige vor langer Zeit abgeschickt waren und die Mr Desmond, wie sie argwöhnte, größtenteils nie beantwortet hatte. Sie nahm den ersten Umschlag, drehte ihn um und entdeckte, dass er nicht einmal geöffnet war. Belustigt begann sie, die Schreiben durchzusehen, um festzustellen, wie viele nicht gelesen und schon gar nicht beantwortet worden waren.
    Marianne hatte den Stapel halb durchgearbeitet, als ihr Gewissen sie zu plagen begann. Was sie da tat, hätte man durchaus als Schnüffelei bezeichnen können. Sie beschloss aufzuhören, nahm aber widerspenstig noch einen letzten Umschlag. Dieser war wenigstens geöffnet worden. Doch dann fiel ihr Blick auf den Absender in der oberen linken Ecke, und sie vergaß sämtliche guten Absichten, Mr Desmonds Papiere in Ruhe zu lassen.
    Der Brief stammte von Mr Horace Carstairs, East Coventry Lane sechzehn, London. Ohne die geringsten Skrupel öffnete Marianne den Umschlag und nahm den Brief heraus. Er war vor zwei Monaten geschrieben worden, kurz nach dem Ausflug, bei dem Mrs Avery sie in Reading ins Museum und in die Gemäldegalerie geführt hatte.
    Desmond, alter Freund ,
    ich habe in letzter Zeit oft über unsere beiderseitig vorteilhaften geschäftlichen Transaktionen in den vergangenen Jahren nachgedacht, vor allem über eine, deren Früchte Sie wohl immer noch genießen. Denn Sie haben weder einen Versuch unternommen, mir die junge Dame zurückzuschicken, noch beanstandet, sie sei weggelaufen. Und als ich über diese Sache nachdachte, kam mir eine geniale Idee .
    Durch Ihre Beschäftigung sind Sie mit einigen wohlhabender Herren bekannt, die London

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