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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Cheney
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gelegentlich aufsuchen, in geschäftlichen Angelegenheiten oder auch nur, um an einem Kartenabend in freundschaftlicher Runde teilzunehmen. Diese Männer sind fremd in der Stadt, reisen für gewöhnlich allein und brauchen zweifellos Gesellschaft. Als Herren von Stand wollen sie sich gewiss nicht mit ungewaschenen Straßendirnen abgeben. Und möglicherweise bekleiden sie gewisse gehobene Stellungen, sodass sie sich nicht in der Lage sehen, ein exklusiveres Etablissement aufzusuchen .
    Daher ist mein Vorschlag, diesen Gentlemen junge Damen zuzuführen, die ebenso frisch und unverdorben sind, wie die junge Marianne es war, ehe Sie Ihren Anspruch auf sie geltend gemacht haben. Die Herren würden auf ziemlich dieselbe Weise, eben am Kartentisch, zu ihnen kommen, nur dass der Einsatz und das Ergebnis des Spiels im Voraus feststünden .
    Den Profit würden wir natürlich teilen, wobei Sie die Kunden beschaffen und ich die Mädchen. Natürlich habe ich kein unerschöpfliches Reservoir an Mündeln, doch ich versichere Ihnen, dass ich in der Lage bin, meinen Teil des Handels zu erfüllen .
    Ich glaube, Ihnen mit diesem Vorschlag nähertreten zu können, da Sie sich derzeit eines ähnlichen Arrangements erfreuen. Ihr fortgesetzter Gebrauch des Mädchens entspricht natürlich unserer Übereinkunft, und als Gentleman würde ich niemals Einspruch dagegen erheben. Doch unser Arrangement ließ trotz des ausgeklügelten Dokuments, das Ihr Anwalt aufgesetzt hat, gewisse Details offen, und ich bin nicht überzeugt davon, dass es juristisch stichhaltig ist .
    Ich warte ungeduldig darauf, von Ihnen eine Antwort auf meinen Vorschlag zu erhalten .
    Ihr ergebener Diener H. Carstairs
    Entsetzt blickte Marianne auf das Papier, das sie in Händen hielt. Das war zu furchtbar! OnkelHorace schlug vor, Mr Desmond solle sich mit ihm zusammentun, um andere junge Frauen in dasselbe Unglück zu stürzen wie sie.
    In einem Anflug von Selbstironie blickte sie sich in der luxuriös ausgestatteten Bibliothek von Kingsbrook um und gestand sich ein, dass ihr Elend so schlimm nicht war. Doch noch immer betrachtete Mr Desmond sie offensichtlich als Teil seiner „Spielgewinne“.
    Sie würde … sie würde sich lieber umbringen, als sich von diesem Teufel in Besitz nehmen zu lassen. Aber sie konnte auch nicht weglaufen, und sie konnte Desmond nicht verprellen, denn sonst würde er vielleicht nicht länger mit ihr herumspielen, sondern sie einfach zurück zu Carstairs schicken.
    Zum ersten Mal wurde Marianne richtig klar, dass sie auf einem sehr schmalen Grat wandelte.
    Von der Eingangstür her hörte Marianne Geräusche und fuhr heftig zusammen. Mit zitternden Händen steckte sie den Brief wieder in den Umschlag und diesen in die Mitte des Briefstapels zurück. Schritte näherten sich, und die Stimmen waren jetzt deutlich zu vernehmen.
    „Ist Miss Trenton schon da?“, hörte sie eine tiefe, wohlmodulierte Männerstimme fragen – unverkennbar die von Mr Desmond.
    „Sie wartet, seit sie eingetroffen ist, in der Bibliothek auf Sie, Sir“, sagte Mrs River.
    „Sehr gut“, meinte Desmond. Nun flog die Tür zur Bibliothek, die Marianne angelehnt gelassen hatte, ganz auf, beinahe, so schien es, vor der Macht seiner Persönlichkeit zurückweichend.
    Mr Desmond trug einen schwarzen Gehrock mit hohem Kragen, über den sein dunkelbrauner Schopf fiel. Sein Haar war, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte, noch länger geworden.
    Marianne biss sich auf die Lippen, aber das Beben ihres Körpers konnte sie nicht unter Kontrolle bringen. Dies war der Schurke, der abscheuliche Pläne mit ihr hatte und die teuflische Absicht hegte, sich mit Onkel Horace zusammenzutun und „Geschäfte“ mit ihm zu machen. Er war unbarmherzig, ein Ungeheuer und, wie sie bekümmert feststellte, genauso unglaublich gut aussehend, wie sie ihn in Erinnerung hatte.
    In seiner Stimme schwang nichts von der Bedrohung mit, die er für sie darstellte. „Mrs River sagte, Sie hätten hier auf mich gewartet. Ich hoffe doch, nicht allzu lang“, begann er.
    „Nein, nicht lange“, flüsterte sie.
    „Aber lange genug, wie ich sehe“, meinte er.
    Marianne wurde blass und errötete schuldbewusst. Sie fürchtete, sie habe eine verräterische Ecke von Carstairs’ vernichtendem Brief aus dem Stapel hervorschauen lassen. Aber Desmonds Blick war auf das Tablett mit dem leeren Teller gerichtet, das auf dem Lesetisch stand.
    „Oh ja. Mrs Rawlins hat mir einen Teller Suppe geschickt. Ich hoffe, das war

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