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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Cheney
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die Treppe hinauf und steckte den Kopf durch die Tür, die nur angelehnt war. „Ist da jemand?“
    „Was wollen Sie?“, fragte jetzt jemand von oben.
    Rasch ging Bernie auf die Straße zurück, legte den Kopf zurück und sah zum ersten Stockwerk hinauf, wo sich jetzt ein Fensterladen geöffnet hatte.
    „Ich suche nach …“
    „Was meinen Sie?“, rief jemand und unterbrach ihn.
    „Ich komme nach oben“, sagte Bernie laut.
    Er stieß die Tür ganz auf und stolperte durch den Schutt, der dahinter lag. Eine wacklig aussehende Treppe führte nach oben, die Bernie vorsichtig hinaufstieg. Im ersten Stock befand sich eine weitere Tür, die fest verschlossen war. Bernie klopfte.
    „Wer ist da?“, rief jemand von drinnen scharf, dieselbe Stimme wie eben. Von Nahem klang sie kratzig und barsch.
    „Mr Bernard Brewster, Sir. Ich glaube, Sie kennen meinen Vater …“
    Er wurde grob unterbrochen. „Ich kenne keinen Bernard Brewster.“
    „Gewiss, Sir, aber wie ich schon sagte, glaube ich, dass mein Vater und Sie vor einigen Jahren eine geschäftliche Transaktion …“
    Die schmale Tür wurde aufgerissen. „Geschäftlich?“
    Der Mann, der ihn von der anderen Seite des Türrahmens aus anblinzelte, war äußerst hager. Er hatte ein spitzes Gesicht, und seine Nase war gebogen. Die Halbglatze war mit einem abstoßenden Schorf gesprenkelt, die Kleidung wirkte schmutzig, und als er die Tür öffnete, schlug Bernie ein Schwall säuerlich riechender Luft entgegen.
    „Mr Carstairs?“, fragte Bernie zweifelnd und hoffte aufrichtig, dies sei nicht der Mann, den er suchte.
    „Horace Carstairs, ja. Sie haben etwas von Geschäften gesagt.“ Jetzt klang seine Stimme messerscharf.
    Bernie räusperte sich. „Wie ich schon erwähnte, haben Sie und mein Vater vor etlichen Jahren ein Geschäft abgeschlossen, und gegenwärtig befindet er sich, vorübergehend , wohlgemerkt, in einer Lage, die eine ähnliche Transaktion erfordert …“
    „Sie wollen Geld leihen“, unterbrach Carstairs ihn und reduzierte damit Bernies verlegene Erklärung auf einen einzigen treffenden Satz.
    „Nun, so ist es.“
    „Kommen Sie herein. Setzen Sie sich.“ Mr Carstairs wischte einen Stapel Papiere und einen Haufen schmutziger Wäsche von einem Stuhl und beförderte sie in eine Ecke.
    „Brewster … Brewster. Hüte, wenn ich mich nicht irre. Ein Hutfabrikant. Jetzt fällt es mir wieder ein.“ Die Augen zusammengekniffen, musterte Carstairs den jungen Mann, der vor ihm saß. Er bemerkte den guten Schnitt seines Anzugs und die sehr gute Qualität des Stoffs. Doch auch jemand, der nicht Carstairs’ scharfen Blick besaß, hätte an Bernies Körperfülle, seinem glatten Gesicht und seinen weichen Händen erkannt, dass er aus einer wohlhabenden Familie stammte. „Ich schätze, Brewster hat sich ganz gut geschlagen, seit er sich damals törichterweise übernommen und mein kleiner Vorschuss ihm aus der Klemme geholfen hat. Brewster ist Ihr Vater?“
    „Ja“, bestätigte Bernie.
    „In der Tat“, meinte Carstairs und setzte seine Inspektion fort. „Die dicke Nase und das feiste Gesicht haben Sie offensichtlich von ihm.“
    Bernie räusperte sich von Neuem. Carstairs’ abfällige Äußerungen machten ihn nervös. „HörenSie, Mr Carstairs“, protestierte er, „wir wollen doch nicht persönlich werden. Ich bin in einer geschäftlichen Angelegenheit hier. Vielleicht war es falsch von mir, herzukommen. Haben Sie nicht ein Büro in der Stadt, an das ich mich wenden kann?“
    Bernie hatte keineswegs vor, das Büro dieses Mannes aufzusuchen, sobald er dieses Haus verlassen hatte. Er war sicher, dass es noch weitere private Geldverleiher gab. Und selbst falls er keinen davon auftreiben konnte oder, wenn doch, keinen Kredit bekam, konnte er immer noch darauf warten, dass die Bank zahlte.
    „Das hier ist mein Büro, junger Mann“, klärte Carstairs ihn auf. „Und Sie haben sich an mich gewandt. Vielleicht sind meine Geschäfte in letzter Zeit nicht so gut gegangen wie die der Brewster-Hutgesellschaft, ein Aufschwung, der, wie ich Sie erinnern darf, unmittelbar auf meine finanzielle Hilfe zur rechten Zeit zurückzuführen ist. Ich habe zwar gewisse … Rückschläge hinnehmen müssen.“ Carstairs’ Stimme klang so verbittert, dass Bernie zusammenzuckte. „Aber mit einem guten Geschäft könnte ich wieder auf die Beine kommen. Nur ein einziges gutes Geschäft.“
    Carstairs’ Augen funkelten jetzt so sehr, dass sich Bernie noch unbehaglicher fühlte.

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