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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Cheney
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mich nur …“
    Desmond zog den Mann nach drinnen und schloss die Tür. Aber dann stand er da und blickte verwirrt um sich. Er versuchte, gegen seinen Rausch anzukämpfen und sich zu sammeln.
    „Wollten Sie nicht packen?“, half ihm der Mann auf die Sprünge.
    „Nein. Nein, damit will ich keine Zeit vergeuden“, antwortete Desmond. „Meinen Mantel … Warten Sie hier. Ich bin gleich wieder da.“ Er wandte sich zuerst zur Treppe und ging dann stattdessen auf die halb geöffnete Tür der Bibliothek zu.
    Marianne trat einen Schritt zurück, als Desmond hereinkam. „Was ist geschehen?“, fragte sie.
    „Etwas, worum ich mich kümmern muss. Mach dir keine Sorgen“, erklärte er abwesend.
    „Ich soll mir keine Sorgen machen?“, rief sie ungläubig. „Peter, was ist los?“ Sie blickte auf die Notiz hinunter, die er immer noch in der Hand hielt.
    „Eine geschäftliche Angelegenheit“, erwiderte er. „Nur Geschäfte.“ Er zog die obere Schublade seines Schreibtisches auf und nahm seine lederne Brieftasche heraus. Schnell faltete er das Papier zusammen und steckte es hinein. Dann öffnete er eine andere Schublade, nahm ein verblüffend dickes Bündel Geldscheine heraus und stopfte es ebenfalls hinein.
    „Ich fürchte, ich muss mein Jackett zurückhaben“, sagte er, drehte sich zu ihr um und blickte auf das Kleidungsstück hinunter, in das sie immer noch gehüllt war.
    Während sie das Jackett auszog, war sie sich ihres halb entblößten Busens kaum bewusst, sondern sah Desmond stattdessen bestürzt an. „Wohin fährst du?“, fragte sie und reichte ihm seine Jacke.
    „Nach London“, antwortete er.
    „Noch heute Nacht?“
    „In einigen Tagen bin ich gewiss zurück.“
    „Aber …“
    „Keine Fragen“, meinte er warnend und hielt trotz seiner Hast einen Moment inne, um ihr fest in die Augen zu schauen. „Ich habe einfach keine Zeit, sie zu beantworten. Nicht heute Nacht.“
    Als er sich anschickte, aus dem Zimmer zu gehen, folgte sie ihm und wäre fast von hinten gegen ihn geprallt, denn er blieb vor dem Spieltisch stehen und blickte auf die neun aufgedeckten Karten und die eine, die noch umgekehrt dalag, hinab. Er wollte danach greifen, doch Marianne gebot ihm Einhalt, indem sie die Fingerspitzen auf die Karte legte.
    „Ich zeige sie dir, wenn du zurückkommst“, sagte sie.
    „Wenn ich zurück bin, könnte vielleicht alles anders sein“, erklärte er.
    „Komm einfach zurück.“

    Marianne trat hinter die Bibliothekstür, um sich mit ihrem zerrissenen Kleid vor den Augen des Fremden zu verbergen. Sie hörte, wie Mr Desmond seinen Wintermantel von dem Garderobenständer in der Halle nahm. Danach wurde die Tür geöffnet und wieder geschlossen, als die beiden Männer zusammen hinausgingen.
    Sie eilte zum Fenster der Bibliothek, schob den Vorhang beiseite und erblickte den Lichtschein der Kutschenlaterne. Fast sofort begann das Licht, sich zu entfernen, und kurz darauf konnte sie es gar nicht mehr sehen.

17. KAPITEL
    Am nächsten Tag hörten sie nichts von Mr Desmond. Da es auch an diesem Winterabend auf Kingsbrook früh dunkel wurde, wies Marianne Candy an, in allen Räumen des Erdgeschosses Kerzen und Lampen anzuzünden, damit man deren anheimelndes Leuchten schon von draußen sehen konnte.
    Doch es wurde immer später, und Mr Desmond kehrte nicht zurück. Mrs River trat in die Bibliothek, wo Marianne saß und über der Antigone des Sophokles brütete.
    „James, Candy und ich, wir würden alle gern zu Bett gehen“, sagte die Haushälterin.
    „Ja, sicher“, erwiderte Marianne ungeduldig.
    „Möchten Sie, dass ich all die Lampen brennen lasse?“, kam die Wirtschafterin endlich zur Sache.
    „Nein.“ Marianne seufzte. „Sie können sie löschen. Wenn Sie sich alle schlafen legen, kann ich es ebenso gut auch tun.“
    Auch am nächsten und übernächsten Tag kehrte Mr Desmond nicht zurück. Drei Tage vergingen, dann vier, bis schließlich die erste Woche des neuen Jahres sich dem Ende neigte. In einer weiteren Woche würden die Vorlesungen an der Universität wieder beginnen, und immer noch lagen die Karten unberührt auf dem Tischchen in der Bibliothek.
    Marianne fuhr jedes Mal hoch, wenn eine Kutsche vorüberfuhr, und hetzte Mrs River jeden Tag, nach der Post zu sehen.
    Eine Woche, nachdem Mr Desmond Kingsbrook verlassen hatte, erhielt Marianne endlich einen Brief, allerdings nicht von Peter. Die Absenderin war Miss Rachel Tamberlay.
    Meine liebe Miss Trenton ,
    ich weiß nicht, ob Sie mir

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