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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Cheney
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war schon immer boshaft und rachsüchtig. Aber er kennt mich schlecht, wenn er glaubt, dass ich mich nicht ebenfalls rächen kann. Ich werde umfassende Wiedergutmachung verlangen.“ Carstairs hatte halblaut vor sich hingemurmelt, sodass seine Worte für Bernie größtenteils unverständlich waren, aber sein bedrohlicher Tonfall war nicht zu überhören.
    Der junge Mann rutschte auf seinem Stuhl nach vorn und wollte aufstehen. Er hatte den starken Eindruck, es sei besser für ihn, wenn er ginge.
    Carstairs’ Blicke waren ziellos durch den Raum gewandert, aber Bernies Bewegung alarmierte ihn. Mit einem Mal sah er wieder auf den jungen Man und kniff nachdenklich die Lider zusammen. „Sie sagen, Sie sind ein guter Freund von Mr Desmond?“
    Bernie schluckte. Vielleicht war er zu offen gewesen. Dass dieser Mr Carstairs Desmond kannte, hieß ja nicht unbedingt, dass sie einander mochten.
    „Ich … ich würde ihn keinen engen Freund nennen“, stammelte Bernie. „Er ist eher ein Bekannter. Eigentlich weniger als das. Er war mein Lehrer. Hat mir Plato nahegebracht“, fügte Bernie mit einem schwachen Lächeln hinzu. „Tja, ich muss mich auf den Weg machen. Tut mir leid, Sie belästigt zu haben, Mr Carstairs.“
    Bernie stand auf und ging zur Tür, aber Carstairs hielt ihn auf. „Hinsetzen“, befahl er ein zweites Mal.
    Bernie drehte sich zu Carstairs um in der Absicht zu protestieren und stellte fest, dass er in die Mündung einer gefährlich aussehenden Pistole blickte.
    „Hinsetzen, sagte ich“, ordnete Carstairs noch einmal an.
    Gehorsam kam Bernie der Aufforderung nach. Am meisten beschäftigte ihn der Gedanke, dass es eine Schande war, so kurz vor seinem Hochzeitstag zu sterben.
    Als Marianne die letzte Karte zwischen Daumen und Zeigefinger nahm und damit an ihre Wange tippte, hämmerte jemand laut gegen die Vordertür.
    Desmond und Marianne fuhren vor Verblüffung heftig zusammen. Es war schon nach zwölf. Das Jahr hatte eben gerade begonnen, und sie hatten nicht damit gerechnet, dass das schicksalhafte Drama, das sich in der Bibliothek abspielte, vor irgendetwas gestört würde.
    Der Lärm an der Eingangstür hörte nicht auf. Aus ihrem Zimmer rief Mrs River: „Mr Desmond? Sind Sie das, Mr Desmond?“
    Desmond schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. „Einen Augenblick“, sagte er. Betont blickte er auf die Karte, die Marianne immer noch vor ihm verbarg, aber sie machte keine Anstalten, sie aufzudecken, und als das Klopfen weiter anhielt, rief Mrs River noch einmal. „Mr Desmond?“
    „Ich gehe schon, Mrs River“, rief er laut. „Legen Sie sich nur wieder hin.“
    Er eilte hinaus in die Empfangshalle, und Marianne hörte, wie er die Vordertür entriegelte. Das laute Pochen hörte auf. Sie legte die Karte umgekehrt auf den Tisch und trat an die Tür der Bibliothek.

    „Wie kommen Sie dazu, mitten in der Nacht einen solchen Lärm zu veranstalten?“, fragte Desmond soeben zornig.
    Er hatte eine der Lampen mitgenommen, aber auch in ihrem Schein erkannte Marianne den Burschen, mit dem Desmond sprach, nicht.
    „Bedaure, Sie zu stören, Mister“, meinte der Fremde und tippte sich entschuldigend an den Rand seiner Mütze. „Aber ich hatte strikte Anweisung, dafür zu sorgen, dass Sie dies noch heute Nacht bekommen. Man hat mir gesagt, Sie würden den Brief lesen wollen, und es würde Ihnen nichts ausmachen, wenn ich Sie wecke.“
    Der Mann zog einen zusammengefalteten Papierfetzen aus seinem Mantel und reichte ihn Mr Desmond.
    Die Lampe in der einen Hand, entfaltete Desmond mit der anderen mühsam das Papier und hielt es ans Licht. Sofort blickte er auf und sah wieder den Boten an. „Haben Sie das heute bekommen?“, fragte er.
    „Erst heute Nachmittag, Sir. Hab’ mich verdammt abgehetzt, um herzukommen, und dann ist noch das eine oder andere dazwischengekommen.“ Der Mann wischte sich den Mund, und Marianne vermutete, dass wenigstens eines der Dinge, die ihn aufgehalten hatten, eine Rast in einer Taverne am Wegesrand gewesen war. Bestimmt hatte der Vorwand, dass es eine kalte Nacht und außerdem noch Silvester war, dem Mann ausgereicht, um die verspätete Übermittlung der Botschaft zu rechtfertigen.
    Dass es sich um schlechte Nachrichten handelte, war an Desmonds sorgenvoller Miene und angespannter Haltung erkennbar. „Können Sie mich fahren?“, fragte er eindringlich.
    „Dazu hat man mich geschickt“, erwiderte der Mann.
    „Nun, kommen Sie kurz herein. Machen Sie die Tür zu. Lassen Sie

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