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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Cheney
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es gründlich leid, auf Briefe zu warten, in denen andere über mein Schicksal entscheiden“, erklärte Marianne bitter.

18. KAPITEL
    Man beschloss, dass Marianne in Mrs Curtains Haus, bei Rachel, übernachten sollte. Heute Abend konnte sie nichts mehr unternehmen, und morgen würde sie mehr ausrichten, wenn sie eine Nacht geschlafen und gut gefrühstückt hatte.
    Sie war jedoch entschlossen, in aller Frühe aufzubrechen. Und sie hatte entschieden, allein zu fahren. Aber auch Miss Rachel verfügte über eine erstaunliche Entschlossenheit.
    „Ich kann unmöglich hier in Reading warten, während Sie aufbrechen, um herauszubringen, was aus meinem Verlobten geworden ist“, sagte sie.
    „Was denken Sie nur?“, rief Marianne aus.
    „Ich denke, dass ich mindestens ebenso darauf brenne, die beiden Gentlemen zu finden wie Sie, und vielleicht brauchen Sie ja Hilfe“, erklärte Rachel und schob ihre Brille hoch.
    Marianne tat, als wolle sie widersprechen, lenkte dann jedoch schnell ein und gestand, sie werde sich sicherer fühlen, wenn sie sich nicht allein in Londons trügerischen Morast zu stürzen bräuchte.
    „Londons trügerischen Morast?“, fragte Rachel. „Ich dachte, wir wollten zur Nationalbank?“
    „Genau das“, erwiderte Marianne in einem Tonfall, der Gefahr und Intrigen andeuten sollte.
    Nervös lachte Miss Tamberlay auf. Sie hoffte, dass Marianne einen Scherz machte, und Marianne war sich ziemlich sicher, dass es so war. Doch die beiden sollten noch herausfinden, dass London über einige sehr gefährliche Niederungen verfügte.
    Gegenüber ihrer Tante behauptete Rachel, Miss Trenton sei eine sehr liebe Freundin, die sie eingeladen habe, mit ihr einige Tage in London zu verbringen. „Sie glauben doch auch nicht, dass wir länger fort sein werden, oder?“, fragte sie mit gedämpfter Stimme.
    „Oh nein“, beruhigte Marianne sie.
    Mrs Curtain willigte nur zögernd ein. Am liebsten hätte sie dieses Arrangement mit Rachels Eltern abgesprochen, doch die lebten in Bedford, und Rachels reizende Freundin wollte am nächsten Morgen abreisen. Die Tante meinte, die Sache sei wohl in Ordnung, jedenfalls, wenn Miss Trenton wirklich eine sehr liebe Freundin sei und die Mädchen in London jemand treffen würden.
    „Wir werden auf jeden Fall in London jemand treffen“, versicherte Marianne. Und das war nicht gelogen. Im Zentrum von London wimmelte es von Menschen. Dort würden sie bestimmt jemandem begegnen.
    So bestiegen die beiden jungen Damen die Postkutsche. In London angekommen, zog Rachel das Papier, das Bernie ihr hinterlassen hatte, hervor, und die beiden jungen Damen brauchten nur einen Einspänner zu rufen, um sich zur Bank fahren zu lassen.
    Marianne segnete von ganzem Herzen Mr Desmonds Großmut und ihre eigene Sparsamkeit. Sie hatte den dicken Umschlag mit dem Taschengeld mitgebracht, das Mr Bradley zuverlässig jede Woche an die Farnham-Akademie geschickt und das sie nie angerührt hatte. Solange das in ihrem gehäkelten Gürteltäschchen steckte, verfügten die Mädchen praktisch über unbegrenzte Mittel.
    Wenig später entließ der Fahrer, der inzwischen zwei der Geldscheine aus Mariannes Umschlag in der Tasche hatte, sie vor einem beeindruckenden Backsteingebäude, über dessen Doppeltüren in großen metallenen Lettern „Nationalbank von London“ geschrieben stand.
    Sie hakten einander fest unter, stießen die schweren Türen auf und betraten das Bauwerk. Die Decke der Haupthalle wölbte sich zwei, vielleicht drei Stockwerke hoch über ihnen. Hinter gläsernen Schaltern und an den im Raum verteilten Schreibtischen saßen viele Männer in schwarzen Anzügen, aber sie wirkten so starr in ihrer Haltung, als wären sie Wachsfiguren. Laut hallten die Schritte der beiden jungen Damen in dem Gebäude wider.
    Marianne zog Rachel hinter sich her und ging auf einen jungen Mann zu, der hinter einem Schreibpult mit der Aufschrift „Darlehen“ saß.
    „Ja bitte?“, fragte der bleiche Jüngling. „Kann ich Ihnen helfen?“
    „Wir wüssten gern, ob ein gewisser Mr Bernard Brewster bei Ihrer Bank einen Kredit erhalten hat“, sagte Marianne in dem naiven Glauben, sie würde an diesem Ort eine einfache Antwort auf eine direkte Frage erhalten.
    Der junge Mann blickte zu ihnen hoch. Auf seinem verhärmten Gesicht lag ein überheblicherAusdruck. „Ich bedaure. Und worum geht es?“
    „Um ein Darlehen, das Mr Bernard Brewster beantragt hat“, wiederholte Marianne, verblüfft, dass sie sich beim ersten

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