Herz im Zwiespalt (German Edition)
diesem selbstgefälligen Lächeln. Dennoch fehlte ihm jetzt die Zeit, sich mit Hamilton auseinander zu setzen.
»Ich wollte mich eigentlich nur verabschieden. Nach dem Abendessen trete ich die Heimreise an«, verkündete Hamilton freundlich.
»Ihr geht nirgendwo hin, bis ich meine Frau und den Jungen wieder bei mir habe«, erklärte George kalt. Ohne auf Hamiltons Einwände zu hören, winkte er zwei seiner Soldaten heran.
»Nehmt ihn in Gewahrsam.«
Dann wandte er sich an alle Anwesenden. »Durchsucht die ganze Burg!«, befahl er den Leuten. »Nan, du siehst dich in Archies Zimmer um. Rob, schau nach, ob Lizzys Stute fehlt, und danach verhörst du Hamilton. Der Mistkerl weiß mehr, als er vorgibt.«
Mit diesen Worten verließ George die Halle und stürmte in die Kapelle hinaus. Verdammt noch mal, sie hatten den Kerl noch immer nicht gefunden, der Lizz nach dem Leben trachtete. Auch McDerrel war wieder wie vom Erdboden verschwunden. Was, wenn er hinter alldem steckte? Was, wenn Lizz und Archie sich nun in McDerrels Händen befanden? Großer Gott, er durfte nicht einmal an diese Möglichkeit denken.
Systematisch suchte George die kleine Kapelle ab. Nur wenige Kerzen erhellten den Altar und tauchten den Raum in ein schummriges Licht. Von Pater Rudolpho war keine Spur zu entdecken. Hier war niemand.
George wollte gerade wieder die Kapelle verlassen, als er leise Kratzgeräusche hörte. Sofort zog er sein Schwert und folgte dem Geräusch. Das Scharren kam aus der kleinen Kammer, in der sich der Priester für die Messe vorbereitete. George stieß die Tür auf und erstarrte. Blitz und Donner lagen wie Geschenkpakete verpackt mitten im Raum. Die Schnauzen waren mit dicken Seilen zusammengebunden.
»Teufel und Verdammnis«, fluchte George und die Angst klammerte sich wie eine eisige Hand in seinen Nacken. Lizz und Archie waren in Gefahr. Er spürte es mit jeder Faser seines mächtigen Körpers.
Eilends befreite er die Hunde von ihren Fesseln. »Los, zeigt mir den Weg. Sucht Archie.« Sogleich stoben Blitz und Donner davon.
Zur selben Zeit kämpfte sich Lizz mit aller Macht aus den finsteren Fängen der Bewusstlosigkeit frei. Ihre Schläfe pochte entsetzlich vor Schmerz und sie stöhnte leise auf. Als sie die Hand an die Stirn heben wollte, spürte sie die Fesseln um ihre Handgelenke. Schlagartig war sie hellwach und Panik drohte sie zu übermannen. Sie zerrte und riss an den Fesseln, doch die Seile schnitten sich nur tiefer in ihr Fleisch. »Archie«, keuchte sie leise und versuchte sich zu dem Jungen umzudrehen, doch der Pfahl, an dem sie angebunden war, versperrte ihr die Sicht. Sie hörte nur die leisen, schluchzenden Laute des geknebelten Jungen.
»Wie ich sehe, hat mein Schlag dich doch nicht getötet, Dirne«, erklang eine krächzende Stimme vom Höhleneingang her.
Lizzys Kopf zuckte sogleich zu ihrem Angreifer herum und sie erkannte Pater Rudolpho. Doch irgendetwas war anders an dem Mann. Er trug wie immer die grob gewobene, braune Kutte eines Priesters, doch der Stoff hing seltsam lose an seinem Körper herab. Die üppige Leibesfülle war verschwunden und er war plötzlich sehr dünn ...
Ihre Augen wurden von mehreren Strohkissen angezogen, die am Boden lagen.
»Was sollte diese Verkleidung? Wer seid Ihr wirklich?«, forderte Lizz zu wissen und bemühte sich krampfhaft, die Angst nicht überhand gewinnen zu lassen.
»Ich bin dein Scharfrichter, du Dirne. Durch meine Hand wirst du zur Hölle fahren, denn das ist der Ort, an den du gehörst. Douglas und du, ihr hattet kein Recht dazu, mir den Jungen zu entreißen. Ich hätte seine Seele vor dem Höllenfeuer retten können. Aber ihr habt alles zerstört.«
»McDerrel«, keuchte Lizz entsetzt.
»Genau der.« Er zog sich das falsche Schnurrbärtchen und die buschigen Augenbrauen vom Gesicht. »Ich wurde von Gott gesandt, um euch beide zu richten.«
Seine funkelnden Augen fixierten Lizz mit so tiefem Abscheu, dass es ihr beinahe den Atem nahm. Großer Gott, dieser Kerl war wahnsinnig. Sie konnte es deutlich an dem fanatischen Glanz in seinem Blick erkennen. Lizzys Brust zog sich vor Entsetzen zusammen und jeder leise Schluchzer von Archie schnitt sich wie scharfe Dolchspitzen in ihr Herz. Wie gern würde sie ihn tröstend in die Arme schließen und ihm versichern, dass alles wieder gut werden würde ... Aber wie konnte sie das? McDerrel machte kein Geheimnis daraus, dass er sie beide töten wollte.
»Damit werdet Ihr nicht durchkommen. Lord Hamilton
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