Herz nach Maß (German Edition)
er sich Jack zuwandte. Er legte eine Hand auf Jacks Oberschenkel und wiederholte: »Alle möglichen Sachen.«
Das Geräusch eines klingelnden Telefons brachte Jack zurück in die Gegenwart. Er atmete tief ein und schüttelte die alten Erinnerungen ab. Was zwischen ihm und Luke passiert war, war eine uralte Geschichte. »Schnee von gestern«, hätte Emma gesagt, obwohl er ihr nie etwas von dieser Nacht erzählt hatte. Er hatte es nie auch nur einer Menschenseele erzählt.
***
Der Fußboden war verlegt – breite Dielen aus satt gefärbtem Eichenholz, die dem Raum eine warme Atmosphäre verliehen. Erneut stand Jack auf der Leiter. Gewissenhaft entfernte er die wenigen kaputten Zinnkacheln und ersetzte sie durch neue. Er hatte es geschafft, das gleiche Muster wiederzufinden, ein klassisches Eichenblatt-Motiv in Schmetterlingsform.
»Ich habe die in einem Laden für Küchenzubehör gefunden. In der Bar daneben spiele ich hin und wieder Pool-Billard. Das sind tatsächlich Originalkacheln, die der Besitzer bei einem Nachlassverkauf aufgetan hat. Sie können nichts Authentischeres als die hier bekommen«, fügte er mit einem zufriedenen Lächeln hinzu.
Die neuen Schränke und Arbeitsflächen, die noch immer in riesigen Bahnen durchsichtiger Plastikfolie eingewickelt waren, waren geliefert worden und nahmen einen Großteil des Wohnzimmers ein. Es versetzte Will einen Stich, als er erkannte, dass Jack bei der Geschwindigkeit, in der er arbeitete, innerhalb der nächsten Woche fertig sein würde – und dann wäre Jack weg.
Seit sie gemeinsam auf der Terrasse Mittag gegessen hatten, waren drei Tage vergangen. Jack war weiterhin nett und freundlich, zeigte jedoch nicht den Hauch eines Interesses, auf mehr als auf eine professionelle Beziehung zwischen ihnen aus zu sein.
Will, der daran gewöhnt war, zu bekommen, was er wollte, insbesondere, wenn es um Männer ging, stand auf verlorenem Posten. Eines Abends im Fitnessstudio hatte er sich in einem schwachen Moment Paul anvertraut. Sie hatten gerade eine anstrengende Partie Racquetball beendet und saßen bei einem kalten Getränk in dem kleinen Café des Fitnessstudios zusammen.
»Und, wie kommst du mit deinen Renovierungen voran?«, fragte Paul unschuldig.
»Gut«, antwortete Will mürrisch. »So gut, dass sie fast beendet sind. Dann wird er weg sein.«
»Dann wird wer weg sein?«
»Jack. Jack Crawford, der Handwerker.«
»Und was kümmert dich das?« Paul schlug sich gegen die Stirn. »Jetzt kapier ich! Das ist der Kerl, auf den ich eifersüchtig sein sollte. Der verheiratete Hetero, der alt genug ist, um dein Vater zu sein.« Er lachte.
»Er ist nicht alt genug, um mein Vater zu sein«, schoss Will verärgert zurück. »Er ist nur vierzehn Jahre älter als ich. Aber ja...« – seine Mundwinkel zogen sich nach unten, als er hinzufügte: »… er ist hetero, richtig.«
»Du kennst meine Theorie diesbezüglich.«
»Ja, ja. Du denkst, dass niemand vollkommen immun ist, ich weiß. Du denkst, die gesamte menschliche Spezies ist eine einzige, große, sexuelle Schatzkiste, die darauf wartet, geplündert zu werden. Du denkst, wir sind alle bisexuell, aber die Gesellschaft bestimmt uns entweder zum einen oder zum anderen. Ich weiß, ich weiß.«
»Tja, die Erfahrung ist auf meiner Seite, oder? Erinnerst du dich an Jason?«
Jason war einer der Einpacker im örtlichen Supermarkt, laut Paul ein griechischer Gott. Paul war von dem Moment an verzaubert gewesen, als der Mann ihn gefragt hatte, ob er lieber eine Papier- oder eine Plastiktüte haben wollte. Obwohl er verlobt war, war er dennoch Pauls hartnäckigem Charme erlegen. Sie hatten ein paar wilde Nächte gehabt, bevor Paul das Interesse verloren hatte und weitergezogen war.
Will wusste, dass der einzige Grund für Pauls anhaltendes Interesse an ihm selbst exakt der war, dass sie nie etwas oberhalb der Hüfte miteinander zu tun hatten. Sie waren, um es mit Pauls Worten zu sagen, Fickfreunde.
»Ich erinnere mich an Jason, aber der war nur ein leicht zu beeinflussendes Kind. Dieser Mann ist Mitte vierzig. Er war hundert Jahre lang verheiratet. Zweifellos ist er in seinen äußerst heterosexuellen Pfaden der Tugend festgefahren.«
»Hast du ihm schon mal auf den Zahn gefühlt? Verabredet er sich wieder? Trifft er sich mit anderen Frauen? Wenn nicht, warum? Ist er einsam? Wenn du entschlossen bist, dem Kerl an die Wäsche zu gehen, könntest du vielleicht den Umweg über eine Freundschaft gehen.« Mit den Fingern malte
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