Herz nach Maß (German Edition)
Paul bei dem Wort Freundschaft Anführungszeichen in die Luft.
»Du weißt schon, ihn zum Mittagessen oder ein paar Drinks oder so einladen. Nichts für ihn Bedrohliches. Lern ihn einfach außerhalb seiner Arbeit kennen. Sei ein mitfühlender Zuhörer, wenn er einen braucht. Nähere dich vorsichtig dem Thema deiner eigenen sexuellen Orientierung. Warte ab, wie er reagiert. Denk dran, das meiste von dem, was wir wollen, kann erreicht werden, indem wir uns das Ziel bildlich vorstellen und dann darauf zustreben.«
Als Will anfangen wollte, zu protestieren, hob Paul eine Hand. »Hey, du wirst es nie wissen, wenn du es nicht versuchst. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Solange er nicht unter die fünf Prozent der Bevölkerung fällt, die tatsächlich einhundert Prozent hetero sind, hast du eine Chance. Mehr als nur eine Chance, wenn man deinen heißen Körper und die traumhaft grünen Augen bedenkt. Scheiße, vielleicht holt er sich schon jede Nacht einen auf dich runter.«
Will schüttelte den Kopf. »Nicht jeder vertritt deine Weltansicht, Paul«, sagte er lachend. Nichtsdestotrotz hatte Paul vielleicht recht, zumindest, was die Möglichkeit anging, sich Jack zu nähern. Er würde warten, bis der Job so gut wie erledigt war – so verschaffte er Jack einen einfachen Ausweg, sollte er nicht interessiert sein.
***
Der Zeitpunkt kam sogar noch früher, als er erwartet hatte. Jack arbeitete schnell und bevor sie es richtig bemerkten, war die Küche so gut wie fertig. Will war begeistert, zu was sich der Raum entwickelt hatte, und gleichzeitig dämpfte die Aussicht, dass Jack bald weg sein würde, seine Stimmung.
Gestern war er, sehr zu Wills Enttäuschung, überhaupt nicht aufgetaucht. Als es nun an der Tür klingelte, ließ Will seinen Kaffee und die Zeitung liegen und beeilte sich, zur Haustür zu kommen. Jack stand mit einer großen Tüte in der Hand auf der Türschwelle.
»Hier sind endlich die Griffe für die Schranktüren. Ich hab's geschafft, das Eichblatt-Muster zu finden, über das wir gesprochen haben. Poliertes Silber.« Er hielt einen Griff hoch, damit Will ihn sich ansehen konnte. »Ich denke, sie werden einen netten Akzent setzen und sie passen zu der Zinndecke.«
Gemeinsam gingen sie zur Küche hinüber und standen Seite an Seite, während sie die glänzenden neuen Geräte, die strahlend weißen Schränke und die schwarzen Arbeitsflächen aus Marmor bewunderten.
Jack hielt einen der Griffe an einen Schrank und wandte sich Will auf der Suche nach Zustimmung zu. Will nickte – sie waren perfekt.
»Das rundet das Ganze ab. Ich werde nur noch eine weitere Schicht Farbe an der Wand über der Spüle und den Schränken auftragen und dann sollte ich hier fertig sein.«
»Sie sind wirklich was Besonderes«, schwärmte Will. »Ich kann nicht glauben, wie gut sich alles zusammengefügt hat. Sie sind ein echtes Universalgenie, wenn es um Renovierungen geht.«
Jack grinste. »Mir gefällt, was ich tue. Ich glaube daran, dass man alles für eine Sache geben muss, an der man gerade arbeitet – egal, was und wofür das ist. Wo wäre sonst der Sinn?«
»Tja, in der Tat«, murmelte Will. Pauls Bemerkung, dass Jack eventuell einsam war, geisterte ihm durch den Kopf. Er nutzte den Hinweis, den Jack ihm bezüglich seines Lebens in seiner vorherigen Anmerkung über den Laden für Küchenzubehör gegeben hatte, und bot mit einstudierter Beiläufigkeit an: »Ich habe mich gefragt… wenn Sie später nichts mehr vorhaben, könnten wir vielleicht eine Runde Pool spielen... ein paar Bier trinken, keine Ahnung. Da ich nicht mehr in die Stadt pendle, fällt mir hier abends manchmal die Decke auf den Kopf…«
Er brach ab. Jack würde zusagen oder ablehnen. Er würde ihn nicht drängen, falls Letzteres passierte. Es wäre ein Zeichen, dass niemals etwas zwischen ihnen geschehen konnte. Er würde es dann einfach auf sich beruhen lassen. Er würde Jack und seine nachdenklichen, blau-grauen Augen, seine kräftigen Unterarme und die muskulösen Schenkel für immer aus seinem Gedächtnis streichen.
»Klar, das wäre nett.« Jack lächelte. »Allerdings warne ich Sie lieber vor, ich habe den Großteil meiner Jugend ans Pool-Spielen verschwendet.«
»Das ist okay«, entgegnete Will. »Ich bin nicht ehrgeizig. Zumindest nicht, wenn es um Pool geht.«
***
Warum hatte er sich darauf eingelassen? Normalerweise zählte es zu Jacks Grundsätzen, sich nicht zu sehr mit den Leuten einzulassen, für die er arbeitete. Das schien ihm
Weitere Kostenlose Bücher