Herz nach Maß (German Edition)
hätte auftauchen können, hatte er sich ausgerechnet diesen ausgesucht.
Eric lebte in New Jersey, wo er in der Personalabteilung einer großen Elektronikfirma arbeitete. Normalerweise rief er vorher an, ehe er die kleine Reise nach New Rochelle unternahm. Die letzten paar Male, seit er sich verlobt hatte, hatte er immer seine Zukünftige, Lisa, mitgebracht.
Um Gottes willen, war sie etwa auch hier? Panik überfiel Jack aus Neue. Warum kam er sich in dieser ganzen Sache wie ein fehlgeleitetes Kind vor, das an den Tisch kam, um zu erfahren, wie seine Strafe aussehen würde? Er befand sich immer noch in seinem eigenen Haus. Er war ein erwachsener Mann. Es war ja nicht so, als hätte er Emma betrogen – er war frei, zu tun und zu lassen, was er wollte.
Aber nicht so. Nicht so, dass er sich mit einem nackten Mann erwischen ließ, dessen Sperma von seinem Gesicht tropfte. Jack errötete, tief beschämt über das, was sein Sohn mitangesehen hatte.
Eric wartete am Tisch auf ihn, sein Gesicht verkündete unheilvoll seine Vorwürfe. »Ich bin fassungslos, Dad. Was würde Mom dazu sagen? Ich kann nicht glauben, dass ich tatsächlich gesehen habe, was ich da gesehen habe.«
Jack ließ sich auf einen Stuhl nieder. Plötzlich fühlte er sich sehr alt. »Ist Lisa auch da?«, fragte er, eher um die unausweichliche Konfrontation hinauszuschieben als wegen irgendetwas sonst.
»Nein. Wir… wir nehmen uns eine Auszeit. Von einander. Sie braucht« – seine Stimme klang spöttisch, obwohl Jack sicher war, dass er dahinter nur seinen Schmerz verbarg – »eine Weile ihren Freiraum, sagt sie. Was zum Teufel auch immer das heißen soll.«
»Tut mir leid«, sagte Jack und hatte Mitleid mit seinem Sohn, obwohl er auch froh über die kurzzeitige Ablenkung durch die Probleme eines anderen war.
Eric machte eine abweisende Geste mit der Hand. »Vergiss es. Wir kämpfen uns da schon durch. Und das ist jetzt kaum das Thema. Ich will wissen, was zur Hölle hier los ist, Dad. Hast du deinen Verstand verloren? Ich kann nicht glauben, wie widerlich –«
»Das reicht, Eric.« Jacks Verlegenheit wurde durch aufkommende Irritation ersetzt – oder zumindest teilweise ausgeglichen.
Wer war Eric, dass er über ihn urteilen konnte? Was wusste er über Jacks Leben, seit seine Frau gestorben war? Was wusste er überhaupt über das Leben? Trotzdem wusste er, dass es ein entsetzlicher Schock sein musste, von allen möglichen Menschen ausgerechnet seinen Vater mit einem anderen Mann zu sehen.
Er sah seinen Sohn an. Eric war schon immer der ehrgeizigere der beiden Jungs gewesen, der die zufälligen Launen des Lebens immer persönlich nahm. Während Jason über unglückliche Umstände lachen konnte, fraß Eric sie in sich hinein. Insgeheim hatten Jack und Emma sich immer gewundert, wie sie zu so einem ernsten, manchmal mürrischen Jungen gekommen waren.
Jack war überrascht, aber erfreut gewesen, als er vor zwei Monaten von Erics Verlobung erfahren hatte. Lisa schien ihm gut zu tun. Sie war fröhlich und liebenswert und riss ihn aus seinen Tiefs, wenn alle anderen zuvor bereits daran gescheitert waren.
»Pass auf, Junge, in was auch immer du da reingeplatzt bist, du bist uneingeladen vorbeigekommen –«
»Oh, jetzt brauche ich also schon eine persönliche Einladung in mein eigenes Haus«, schoss Eric hitzig zurück. »Als Mom noch gelebt hat, habe ich keine Einladung gebraucht. Ich bin hier aufgewachsen. Ich dachte immer, das hier wäre mein Zuhause.«
»Hör auf damit, Eric. Natürlich ist es dein Zuhause.«
»Tja, ich habe nicht erwartet, nach Hause zu kommen und meinem Vater dabei zuzusehen, wie er irgendeiner… irgendeinem Stricher einen bläst.« Erneut verzerrte sich Erics Gesicht. Er sah aus, als würde er gleich zu weinen anfangen.
Jack versuchte, ruhig zu bleiben, und erinnerte sich selbst daran, dass er dem Jungen dreiundzwanzig Jahre Erfahrung voraus hatte. »Das war kein Stricher, Eric. Das war ein Freund. Ist ein Freund.«
»Dein Freund «, spuckte Eric voller Verachtung aus. »Er ist in meinem Alter, Herrgott noch mal!«
»Er ist dreißig, auch wenn dich das absolut nichts angeht.« Jacks Tonfall war scharf. Er zwang sich zu einem tiefen Atemzug. Er musste einen Weg finden, die Dinge zu erklären, ohne Eric noch weiter aufzuregen.
»Oh, es geht mich also nichts an, dass sich mein Vater in eine verdammte Schwuchtel verwandelt –« Erics Stimme hob sich zu einem Schreien.
»Das reicht!«, rief Jack und ließ seine Faust auf
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