Herz ueber Bord
Mittag voll. Du wirst schon sehen.« Ich nickte beflissen, versprach, pünktlich zurück zu sein, und eilte aus der Küche.
In meiner Kabine schlüpfte ich in mein Strandkleid und setzte den Sonnenhut auf. » Ready for the beach! «, freute ich mich, als mein Blick zu dem kleinen Schreibtisch aus Nussholz wanderte, an dem ich saÃ, wenn ich meine Mails checkte. Nur noch rasch den Posteingang kontrollieren und ein paar Zeilen an Inka schreiben, dann wäre es Zeit, mich abzumelden und das Schiff zu verlassen.
Ich fand zwei Nachrichten in meinem Postfach. Papa und Inka hatten mir geschrieben. Als Erstes klickte ich Papas Nachricht an. Er schrieb, dass er pausenlos arbeite und mit seinem Buch gut vorankomme, uns aber schrecklich vermisse. Damit du einen Eindruck davon bekommst, wie es Wölfchen und mir hier ergeht, schicke ich ein Foto mit , schrieb er. Auf dem Schnappschuss trug er einen dicken Pullover und hielt eine Tasse Tee in der Hand. Wölfchen, unser Familienkater, lag zufrieden auf seinem SchoÃ. Papa hielt ein Blatt Papier direkt über Wölfchens Ohren in die Höhe, auf das er eine Botschaft geschrieben hatte: So sehen Zurückgebliebene aus!
Ich musste lachen, klickte auf Antworten und tippte ein paar nette Sätze an ihn. Dann schickte ich die Mail los und suchte mit den Augen die nächste Zeile.
Inkas Mail zeigte im Betreff drei Fragezeichen: ??? Herrje, was hatte das nun wieder zu bedeuten? Ich war schon drauf und dran, sie anzuskypen, als ich den Ton hörte, der einen Anruf ankündigte. Freudig nahm ich das Gespräch an.
»Hi, Katja, du Glückskind«, begrüÃte Inka mich.
»Inka!«, freute ich mich. »Ich wollte dich gerade anskypen, aber du bist mir zuvorgekommen. Na, wie läuftâs in Hamburg?«
Inkas Gesichtsausdruck war undurchdringlich, aber ich wusste, dass die drei Fragezeichen im Betreff ihrer Mail sich jeden Moment aufklären würden. »Während du in der Hitze der Karibik brütest, ist bei uns der Winter ausgebrochen. Der Wind pfeift um die Häuser und es regnet ohne Unterlass.«
»Zieh dich bloà warm an«, antwortete ich.
»Hoffentlich wird aus dieser kalten Nässe in der kommenden Nacht kein Schnee.«
Inka philosophierte übers Wetter? Das hatte es, seit wir uns kannten, noch nicht gegeben. Das schien ihr nun auch bewusst zu werden.
»Keine Angst, ich werde keines dieser alten Meckerweiber, die nichts anderes zu tun haben, als über ihre Krankheiten und das Wetter zu faseln.«
»Ah ja«, gab ich zur Antwort. »Was steckt denn hinter deiner plötzlichen Angst vorm Schnee?«
»Sven«, klärte Inka mich auf.
»Sven?«, wiederholte ich. »Hat der plötzlich eine Schneeallergie entwickelt?«
Inka zog ihre Stirn in unschöne Falten. »Er hat sich vor unserem Haus postiert«, erzählte sie. »Und es sieht ganz so aus, als ginge er dort nicht mehr weg.«
Ich hatte keinen Schimmer, was sie damit meinte. Warf Sven Steinchen an ihr Fenster, um sie nach unten zu locken? Oder plante er ein musikalisches Ständchen, um ihr Herz neu zu entflammen?
Inka holte zum Höhepunkt ihrer Geschichte aus. »Seit geschlagenen vier Stunden und â¦Â«, sie schaute kurz auf die Uhr, »23 Minuten steht dieser Idiot nun schon vor unserem Haus. Und es wird von Stunde zu Stunde kälter.«
»Und wie ich dich kenne, machst du dir genauso lange ernsthaft Sorgen um ihn.«
Inkas Kopf verschwand kurz vom Bildschirm, kehrte aber rasch wieder zurück. »Klar! Ich renne dauernd zum Fenster und stiere runter. Was will er nur von mir?« Sie schüttelte genervt den Kopf. »Er steht einfach rum und tut nichts.«
»ScheiÃÃÃe!«, entfuhr es mir. Wenn das nicht Psychoterror vom Feinsten war. Sven lungerte vor Inkas Haus rum, wohl wissend, dass sie sich Sorgen um ihn machen würde. Darauf zielte er ab.
Inka seufzte laut auf und berichtete weiter. »Wie gesagt, Sven steht im Türeingang. Ab und zu vertritt er sich die Beine und geht ziellos herum. Dann kann ich ihn von hier oben sehen. Er ist wie ein streunender Hund, der kein Zuhause hat. Ob seine Daunenjacke wohl warm genug ist?«
»Inka, hallo. Komm zu dir«, griff ich ein. »Du redest nicht über den Weihnachtsmann, der alle lieb hat und Geschenke bringt, sondern über Sven, der dich wie den letzten Dreck behandelt hat. Also wenn du mich fragst, kannâs dir schnurz
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