Herz ueber Bord
hörte ausnahmsweise brav zu.
Auch ich fand Kerschmanns Ausführungen ganz interessant, vor allem, als er von den besten Fischgründen und Tauchgebieten der Welt zu erzählen begann. Ich hatte in Hamburg einen Schnuppertauchkurs im Schwimmbad absolviert und mich, nachdem ich an Bord der Harmony gegangen war, sofort zu einem Tauchgang angemeldet.
In Grand Turk gab es herrliche Strände. AuÃerdem lockten unbewohnte Inseln in der Nähe, die es zu erkunden galt. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Und wenn es aufgrund meiner Arbeit als Runner diesmal nicht klappen würde, hätte ich noch immer die Möglichkeit, dies zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. In La Romana oder Aruba beispielsweise. Wir hatten schlieÃlich noch ein paar nette Inselchen vor uns.
»Wie kommen wir denn an Land? Mit Tenderbooten?«, wollte ein Zuhörer in der ersten Reihe wissen.
»Haben Sie heute noch nicht aus dem Fenster ihrer Suite geblinzelt?«, lachte Kerschmann. »Auch wenn Grand Turk ziemlich klein ist, kann es mit einem supermodernen Terminal aufwarten. SchlieÃlich machen hier viele Kreuzfahrtschiffe Station.«
»Was halten Sie davon, wenn Sie mal mit Ihrem schlauen Vortrag aufhören, damit wir das alles zu sehen kriegen. So ein Tag vergeht doch viel zu schnell.« Die meisten Köpfe fuhren herum und ich entdeckte Ole, den Hawaiimann, in einer der letzten Reihen. Der Typ hatte echt eine groÃe Klappe! Aber irgendwie hatte er auch recht: Ich wollte endlich raus und selbst erleben, was unsere Traumlocation zu bieten hatte.
Leises Flüstern setzte ein, das schlieÃlich lauter wurde, und Kerschmann lächelte tapfer.
»Dann sind meine Lippen ab jetzt versiegelt. SchlieÃlich will ich kein Spielverderber sein. Treffpunkt um zehn an der Gangway. Der Rest findet live an Land und zu Wasser statt«, kündigte er als Letztes an. Verhaltenes Klatschen und Stühlerücken folgten. Dann leerte sich der Saal.
Ich nickte Ole zu, verlieà mein Plätzchen an der Tür und schmiedete während des Gehens weiter Pläne. Governorâs Beach, ein Strandabschnitt, über den ich in meinem Mini-Reiseführer gelesen hatte, kam für mich als Ziel infrage. Vielleicht begegnete ich dort auch Brian?
Als ich die Küche ansteuerte, lief ich noch mal Mum über den Weg. Sie studierte ihre Aufgabenliste und knabberte dabei an ihrem Brillenbügel herum. Wir lächelten uns aus sicherer Entfernung zu, als sich eine Tür öffnete und Kapitän Troller auf den Gang trat. Mum zuckte regelrecht vor ihm zurück. So, als habe er eine ansteckende Krankheit oder sei ein Monster. Nach den ersten Schrecksekunden versuchte sie, die angespannte Situation herunterzuspielen, indem sie gereizt lächelte. Ihr Gesicht sah dabei leider wie eine Maske aus. Kapitän Troller fasste sich als Erster, nickte Mum und mir zu und ging â vielleicht eine Spur zu schnell â davon.
Ich kam näher und sah Mum eindringlich an. »Der Käptân ist vielleicht keine Stimmungskanone, ein Alien ist er aber auch nicht.« Und dann schob ich noch etwas hinterher, das ich nicht länger hinunterschlucken konnte. »Du weiÃt ja, Geheimnisse kommen irgendwann ans Tageslicht. Also, rück lieber gleich raus damit.«
Ehe meine Mutter sich äuÃern konnte, piepste ihr Pager. Vermutlich hatte sie sich noch nie so gefreut, irgendwo hinzumüssen, wie in diesem Moment. Als sie an mir vorbeihetzte, glaubte ich, ihren viel zu schnellen Herzschlag zu hören.
In der Schiffsküche herrschte an diesem Morgen unerwartete Ruhe. Zwar fiel einem der Tellerwäscher ein halbes Dutzend Teller laut krachend zu Boden, doch im GroÃen und Ganzen arbeitete die Mannschaft konzentriert vor sich hin, ohne dass gebrüllt wurde.
Enzo schlug mir vor, den Vormittag zu nutzen, indem ich einen Bummel durch Cockburn Town machte und hinterher ein bisschen am Strand abhing. Er tippte mit dem Zeigefinger mehrmals auf seine Armbanduhr. »Pünktlich um eins bist du allerdings zurück, Katja. Dann gibt es Lunch.«
»Lunch an Bord, während drauÃen eine schnuckelige Karibikinsel wartet?« Ich konnte es kaum glauben.
»Denkst du, unsere Passagiere halten heute Diät oder werden mit einem Lunchpaket abgespeist?«, schnaubte er. »Und um dich zu informieren: Es gibt Menschen, die die Reise zum x-ten Mal machen und deshalb Landgänge streichen. Das Amore ist heute
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