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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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andere Stadt. So waren die Jahre vergangen, für SIE und für mich.
     
    »Ich habe sie kennengelernt, als ich zwanzig war, und mit siebenundzwanzig wollte ich ihr ein Porzellanschwein hinterherwerfen. Seitdem habe ich sie nie wieder gesehen. Das Porzellanschwein steht in meinem Schlafzimmer.«
     
    »Natürlich!« Sie lachte. »Du hast eine Schwäche für Reliquien. Habt ihr zusammengewohnt?«
     
    »Um Gottes Willen.« Meine Reaktion gab unfreiwillig Auskunft über IHRE Meinung zu diesem Thema. »SIE wollte eigentlich keine Beziehung zu einer Frau und ein gemeinsames Leben kam für SIE nicht in Frage.«
     
    »Aber sie hat dich geliebt?«
     
    »Auf IHRE Weise vielleicht schon. Auf meine nicht.«
     
    »Was ist deine Weise zu lieben?« Irene betrachtete einen fernen Punkt am Ende der Straße.
     
    »Das ist eine gute Frage.« Auf die ich keine Antwort hatte. Hättest du Lust, das mit mir zusammen herauszufinden, dachte ich, erschrak und zuckte mit den Schultern. Sie interpretierte mein schuldiges Schaudern als Ratlosigkeit.
     
    »Also hat sie sich einen Mann gesucht?« Obwohl die Fahrt mit Irene im Auto schön war und ich nichts gegen ihre Fragen hatte, wurde mir bei dieser Erinnerung der leere Brustkorb eng und ich musste tief Luft holen. »Sie hat sich das Leben gesucht, das besser zu ihr passte. Als ich es herausgefunden habe, war SIE schon ein ganzes Jahr verheiratet. Ein Jahr, in dem SIE auch mich wiederholt getroffen hatte. Und SIE war schwanger. Ich denke, deshalb hat SIE es mir überhaupt erzählt. Weil sich das ja nun nicht ewig verbergen ließ.« Und jeder der tausend Nägel, der sich mir bei IHREN vielen langen Abwesenheiten ins Herz gebohrt hatte, war als tödlicher Inhalt dieser explodierenden Splitterbombe durch meinen Körper geschossen und hatte sich in weit entfernte Organe gegraben.
     
    »Das ist nicht dein Ernst?« Irene legte mir die Hand auf den Arm und ich hörte ihrer Stimme an, dass sie wirklich entsetzt war. »Warum tut jemand so etwas?«
     
    »Das müsstest du SIE fragen.«
     
    »Und warum hast du das all die Jahre mitgemacht?«
     
    Das hatte ich mich auch schon gefragt, wurde allerdings nicht sehr gerne darauf angesprochen.
     
    »Weil ich das für Liebe gehalten habe? Und weil ich immer gehofft habe, dass SIE sich eines Tages ändert und dass die Worte, die SIE in den Nächten gesagt hatte, auch am Tag galten?«
     
    Die Musik im Radio wurde von einem Jingle unterbrochen, der aktuelle Nachrichten ankündigte. Ich hörte den ersten Satz und drehte das Radio noch lauter.
     
    »… gefunden. Das stillgelegte Zechengelände im Essener Stadtteil Burgaltendorf wird vor allem von Spaziergängern genutzt. Ein Hund hatte den ebenfalls in einem grünen Wollstrumpf abgestellten Fuß am späten Nachmittag gewittert und sein Halter hatte daraufhin die Polizei benachrichtigt. Es gibt noch keine Informationen von den Behörden, ob es sich bei dem neuen Fund um einen weiteren Toten handelt. Weitere Meldungen zu diesem Thema in den nachfolgenden Nachrichten.«
     
    Wir sahen uns wortlos an. Irene fand als Erste die Stimmbänder wieder. »Es hat nichts mit dir zu tun. Hast du gehört? Irgendeine Brache im Essener Süden.« Sie hatte recht, das war die gute Nachricht. Die schlechte war, dass es weiterging. Mit mir oder ohne mich. Wieder neue Schlagzeilen und Sondersendungen. Wieder Übertragungswagen, die wie unförmige Geier niedrig um die Fundorte kreisten.
     
    Wir warteten im Wagen vor dem Biergarten die nächsten Nachrichten ab, aber es gab keine weiteren Erkenntnisse. Es stand offensichtlich noch nicht fest, ob der Fuß zu einem der beiden anderen Toten gehörte oder ein weiteres Opfer enthüllte. Ob wieder eine Blume oder ein Gedicht bei dem Fuß gefunden worden war, würden wir im Radio sowieso nicht erfahren, aber dafür gab es ja ErzEngel und Duislexic.
     
    Wir suchten uns einen Tisch am Wasser und saßen uns in einem nur von wenigen Worten unterbrochenen, aber nicht unangenehmen Schweigen gegenüber, so als hätten uns die schwierigen Themen der letzten Stunde noch enger verbunden. Ein bunter Erpel paddelte in großen Kreisen eifrig über den dunklen See, als wäre es seine Aufgabe, etwas Bewegung in die spiegelglatte Fläche zu bringen. Kurz bevor wir bestellten, betrachtete er seine Arbeit als getan und flog mit lautem Geschnatter davon.
     
    »Und du hast dich nicht mehr verliebt, seitdem sie dich verlassen hat?« Irene sah dem Erpel hinterher.
     
    »Nein.« Ich wollte gar nicht

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