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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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Schokoladeneis bedeckten Erdbeere mit meinem Blick in ihren Mund. »Das hier ist übrigens unglaublich lecker.«
     
    Allerdings.
     
    Was hatte sie gefragt? Ob er eine andere Frau hatte? Hatte Markus vergessen zu erwähnen, von welchem Geschlecht ich mir das Herz zerfetzen ließ? Dann war jetzt die richtige Zeit, um die frisch geschlossene Armpartnerschaft auf ihre erste große Probe zu stellen.
     
    »Es gab einen anderen Mann.« So, es war raus und gesagt. Meine Speiseröhre klopfte in einem gut gemeinten Versuch, das fehlende Herz zu vertreten. Ich zählte die Erdbeerstücke in meinem Schälchen und fragte mich, welches Thema ich eigentlich schwieriger fand, Liebe oder Tod.
     
    »Echt? Ich glaube, das hätte mich auch umgehauen, wenn mich ein Kerl für einen anderen Mann verlassen hätte.«
     
    Wunderbare Welt der Missverständnisse. »Es war eine Frau, die mich verlassen hat.« Wunderbare Welt der Offenbarungen.
     
    Irene zog den Löffel etwas zu hektisch durch die Eisschicht, und das verriet ihre Überraschung. Ihre Stimme tat es nicht. »Du bist lesbisch?«
     
    Ich zeigte auf die Flecken an der Wand. »Theoretisch schon.«
     
    Das brachte sie mitten in ihrer leichten Verwirrung zum Lachen und der Moment der Unsicherheit zwischen uns war vorbei. »Also gibt es auch auf der anderen Seite nicht das ewige Glück?«
     
    »Tut mir leid. Wir schreiben das zwar nie in die Broschüren, die lesbisches Leben empfehlen, aber Liebe ist immer reine Lotterie, wenn zwei Menschen beteiligt sind.« Irenes Lachen war wirklich eine Attraktion und ich nahm mir vor, ihr so oft wie möglich einen Grund dafür zu geben.
     
    Sie schloss das schöne Lachen mit einem Seufzen ab. »Ich bin, was Beziehungen angeht, leider keine Expertin und kann dir jetzt nicht die entscheidenden Ratschläge geben. Bis ich Markus getroffen habe, fand ich alles, was über eine Affäre hinausging, irgendwie zu nah. Und Affären fand ich zu belanglos. Da bleibt dann nicht mehr viel. Und dann war ich eines Tages vierzig Jahre alt und dachte zunehmend darüber nach, warum das so war, und eine innere Stimme unkte, dass ich den Rest dieses Lebens alleine verbringen würde und dieser nette, eigentlich zu junge Mann aus der Grafik brachte mir bei jedem Besuch in der Redaktion so viel Kaffee, dass mein Magen in Gefahr war, also ging ich mit ihm aus und stellte fest, dass seine Anwesenheit diese innere Stimme zum Schweigen brachte. Und jetzt heiraten wir.« Sie holte demonstrativ Luft und rührte verlegen etwas Eis unter ihr Obst.
     
    Mir war nicht aufgefallen, dass sie älter war als ich, sie wirkte irgendwie zeitlos. »Das freut mich für dich. Und für Markus.« Es freute mich nicht ganz so sehr, wie es klang und deshalb wechselte ich das Thema wieder zum Tod. »Was willst du denn noch von mir über die Sache mit dem Fuß wissen?«
     
    Sie zog ihre Unterlagen aus der Tasche und stellte mir Fragen, bat um meine Meinung zu Abschnitten im Text und wir diskutierten unseren gemeinsamen Fund und das Gedicht bis zum Abend. Schließlich unterbrach ein lang gezogenes Knurren unser angeregtes Gespräch und ich legte mir schuldbewusst die Hand auf den Magen. »Sieht ganz so aus, als ob dieses Thema nicht mehr in der Lage ist, mir den Appetit zu verderben. Hättest du Lust auf einen Salat in einem Biergarten?«
     
    »Sehr gerne! Kennst du was Gutes? Sonst würde ich das Haus am See vorschlagen.«
     
    »Gute Idee.« Sie hätte auch das Haus am Polarkreis vorschlagen können. »Lass uns mein Auto nehmen, ich fahre.«
     
    Im Auto drehte ich das Radio lauter, weil mir das Lied gefiel. Sie summte mit und beim Refrain fielen wir beide ein. »California dreaming, on such a winters day.« Wir grinsten uns ob dieses spontanen Duetts zufrieden an. »Du kannst auch nicht singen?«
     
    »Keinen Ton.« Ich ließ die Fenster hinunter und der Fahrwind wirbelte übermütig durch den Wagen.
     
    »Wie lange hat deine Beziehung damals gedauert?« Sie sah mich von der Seite an. Ich versuchte nicht zu überinterpretieren, dass Irene das Thema spannend fand. Was sollte ich antworten? Das war eine schwere Frage. SIE hatte unsere gemeinsame Zeit nie für eine Beziehung gehalten. Das war allein meine Interpretation der Ereignisse gewesen. SIE hatte jede verbindliche Bezeichnung abgelehnt, und es hatte SIE gelangweilt, darüber zu sprechen. SIE traf mich oder SIE traf mich nicht, SIE liebte mich einen Monat lang intensiv und ließ sich dann drei Monate nicht sehen. Sie zog in eine

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