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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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Wort, obwohl ich sie gut verstanden hatte.
     
    »Tanzen. Du und ich.« Sie unterstrich ihr Wort diesmal mit einer pantomimischen Darstellung, die gleichzeitig lustig und harmonisch war. Ich mochte es, wenn Frauen sich schön bewegten.
     
    »Gerne.«
     
    Wir schlenderten zur Tanzfläche und Judith legte mir auf dem Weg durch die vielen Frauen eine Hand um die Hüfte. »Ich will dich ja nicht gleich wieder verlieren.« Sie lächelte selbstbewusst und verführerisch.
     
    »Ich gehe nirgendwo hin.« Ich schrie den Satz so bedeutungsvoll wie ich konnte in ihr Ohr und legte auf der Tanzfläche meinen Kopf an ihre Schulter. Wer immer diese fremde, abenteuerlustige Frau war, die meinen Körper übernommen hatte, sie gefiel mir.
     
    Judith und ich passten gut zusammen und fanden schnell einen Rhythmus für uns beide und die Musik. Warum hatte ich so lange nicht versucht, die Nähe einer Frau einfach zu genießen? Ohne diese Zentnerlast von ewiger Liebe? Die Antwort auf diese Frage war vermutlich zusammen mit meiner Unsicherheit und dem Wodka im Nebelwald verschwunden, denn ich konnte sie nicht finden. Wir tanzten eine Weile, tranken noch ein sehr grünes Getränk und ließen uns dann wieder auf einen freien Sessel fallen. Die Welt war schön. Sie drehte sich ein wenig schneller als gewohnt, aber sie war schön. Judith strich jetzt auch beim Reden immer wieder sanft über meinen Rücken und als ich ihr bei einem langen Satz nach dem ersten Komma mein Gesicht zuwandte, küsste sie mich ohne Vorwarnung auf den Mund. Das fühlte sich wunderbar an, fremd und vertraut, sanft und sexy. Ich schmeckte den süßen Alkohol auf ihrer Zunge, die meiner fordernd begegnete, und überließ mich dem Kuss. Wie beim Tanzen fanden wir auch beim Küssen schnell einen gemeinsamen Rhythmus. Die Welt drehte sich noch eine Spur schneller. Aus dem Nichts erschien Irenes Gesicht vor mir und der Wunsch zu erfahren, wie sie wohl küsste. Wie sich ihre Lippen anfühlten, wenn man mit den Fingern darüber strich. Wie sich ihre Lippen auf meinem Mund bewegen würden. Ich richtete mich bestürzt auf und sah Judith in die fragenden Augen.
     
    »Gibt es jemanden in deinem Leben?«
     
    Sie hätte so viele Fragen stellen können und ich hätte sie alle mit »nein« beantwortet.
     
    Hast du eine Freundin?
     
    Nein.
     
    Bist du in einer Beziehung?
     
    Nein.
     
    Aber gibt es jemanden in deinem Leben brachte mich zum Denken. Und sie bemerkte das.
     
    »Es gibt jemanden in deinem Leben?«
     
    »Ja.« Ich sah wie Irene neben mir auf der Bank am Rhein saß und über den Fluss schaute. Es gab jemandem in meinem Leben.
     
    »Aber sie ist nicht hier«, sagte Judith und küsste mich fordernd.
     
    »Nein, sie ist nicht hier und sie würde auch nicht hierherkommen«, flüsterte ich nach unserem zweiten, langen, feuchten Kuss an ihrer Wange.
     
    »Hetero?« Sie sah mich wissend an.
     
    »Hetero! Und demnächst verheiratet.« Für den vertrauten, schnellen Schmerz, der sich unter meinen Rippen breitmachte, gab es kein alkoholisches Getränk.
     
    »Kann ich dich dazu bringen, sie heute zu vergessen?« Judith biss mir spielerisch ins Ohrläppchen und leckte dann über meinen Hals.
     
    »Wen?«, fragte ich lächelnd und küsste sie mit einer Leidenschaft, von der ich nicht mehr gewusst hatte, dass ich sie besaß.
     
    Baby fand uns eine Stunde später immer noch ineinander verknäult auf dem Sofa und bot an, uns nach Hause zu fahren.
     
    »Zu dir oder zu mir?« Judith beabsichtigte nicht zu unterbrechen, was wir so ausgiebig angefangen hatten. Und sie wollte auch nicht vorher mit mir ins Kino oder essen gehen. Sie wollte mit mir schlafen. Jetzt. Ich trank mein Getränk mit einem riesigen Schluck aus, spuckte alle meine Bedenken, meine hohen Ansprüche an die ewige Liebe und meine Scheu zusammen mit dem Stiel einer Cocktail-Kirsche in das leere Glas vor mir und sagte: »Zu mir!«
     
    Wir küssten uns aus Babys Auto die Treppe zu meiner Wohnung hinauf und trennten uns nur noch einmal kurz, um jeweils das Badezimmer aufzusuchen. Als ich sie auf mein Bett zog, wurde ich befangen, aber ihre Hand kreiste da schon so gekonnt um meine Brustwarze, dass mein Verstand von meinem Körper in einer Blitzabstimmung entmachtet wurde und den Weg leise murmelnd freigab. Einen Weg, den ich mir immer verboten hatte. Während ich mich in die unvertraute Nähe zu dieser, fremden schönen Frau fallen ließ und ihre Haut sich wie Seidenpapier auf meine legte, fragte ich mich, warum

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