Herz und Fuß
Wenigstens würde mich das ablenken.
»Was ist kein sicherer Platz zum Parken?«
»Der kleine Parkplatz direkt vor der Kasse.«
»Wer hat sich beschwert?« Ich hoffte, dass man meiner Stimme die Emotionen, mit denen ich kämpfte, nicht anhörte.
»Niemand.«
Ich wartete, aber es folgte keine Erklärung. Natürlich nicht, nur weil mein Leben zur Wasserprobe freigegeben worden war, hieß das ja noch lange nicht, dass sich die grundsätzlichen Dinge änderten. Ich ballte und entspannte beide Hände rhythmisch und erhob mich dann.
»Bleib ruhig oben, du kannst sowieso nicht helfen.«
Ich schaute in die Kamera und mir wurde klar, dass er mich die ganze Zeit hatte sehen können.
»Ich kann leider auch nicht helfen, weil ich ja das Gelände nicht verlassen darf.«
Jetzt wurde die Sache seltsamer. Helmut kam und ging wie er wollte und niemanden interessierte das. Wenn man ihn brauchte war er immer da.
»Helmut, was ist passiert?« Ich verlieh meiner Stimme Nachdruck und wurde mit der längsten Rede unserer gemeinsamen Arbeitszeit belohnt.
»Der ganze Industrieschrott, der hier noch rumliegt. Gefährliches Zeug. Unverantwortlich, eigentlich. Da ist doch dieser Typ von der Polizei gerade rückwärts über dieses Eisenstück gefahren. Mit all den vielen scharfen Kanten. Sieht man ja auch beim Zurückfahren nicht, wenn das genau hinter dem Reifen liegt und in der Erde feststeckt. Ich hatte noch zu ihm gesagt, dass er vorsichtig sein soll, aber er hat das ignoriert. Da will man mal der Polizei helfen … Der Reifen ist auf jeden Fall total zerfetzt. Machse nix.«
Ich spähte über die Plattform und sah den kahlen Zwerg weit unter mir auf dem Parkplatz vor einem Privatwagen knien und vermutlich an einem Wagenheber drehen. Helmut besaß mehr Werkzeug als ein Baumarkt und Reifen wechselte er in einem Tempo, das jedes Formel-1-Team neidisch machen würde. Aber Helmut durfte ja das Gelände nicht verlassen. Ich winkte lachend in die Kamera und sah dann eine ganze Weile zu, wie der Zwerg den Kampf gegen den Wagenheber verlor. Als der ADAC auf den Parkplatz fuhr, ging ich zurück in mein Büro.
Baby hatte viele gute Ideen,
aber ich bezweifelte, dass das eine war.
»Tanzen gehen?«
»Ja.« Sie öffnete meinen Kleiderschrank und begann nach passender Kleidung für mich zu suchen.
»Das.« Sie zog ein schwarzes, knappes Top mit buntem Aufdruck aus dem Regal, das ich mir in einer modisch mutigeren Phase gekauft hatte. Angezogen hatte ich es nie. Ich war froh, dass ich die Woche bis zum Wochenende überlebt hatte, ohne auf der Arbeit einzuschlafen oder mich an der Staatsmacht zu vergreifen. Ich hatte mich schriftlich über die Fragen des Beamten beschwert und man hatte mir telefonisch versichert, dass alle Maßnahmen neben der Ergreifung des Täters auch meinem Schutz dienten. Ich hatte meinen Eindruck, dass sie auch der sexuellen Anregung dieses speziellen Beamten gedient hatten, nicht wiederholt.
Ich fühlte mich müde. Meine Vorstellung von einem freien Wochenende beinhaltete neben ausgiebigen Schlafphasen auch noch ausgiebiges Ruhen und sinnloses Rumliegen. Irene war mit Markus zu irgendwelchen Verwandten gefahren und hatte mich mit vielen besorgten Wünschen zurückgelassen. Ich hatte bei unserem letzten Telefongespräch am gestrigen Mittag den Eindruck gehabt, dass ein Wort von mir gereicht hätte und sie wäre nicht gefahren. Aber ich sagte nichts und dann reichte sie mir Markus, mit dem ich scherzte und lachte und danach legte ich auf, ohne noch einmal mit ihr gesprochen zu haben.
»Und diese Jeans.« Baby war noch immer mit meinem Outfit beschäftigt.
»Ich würde den Abend eigentlich lieber allein verbringen.« Ich räumte die Jeans zurück in den Schrank. Baby nahm sie wieder heraus und legte sie zum schwarzen Top über einen Sessel.
»Statistisch gesehen ist Einsamkeit ungesünder als rauchen.« Sie suchte augenscheinlich schon nach passenden Schuhen.
»Ich bin nicht einsam. Ich möchte nur nicht tanzen gehen. Da starren mich wieder alle an oder fragen mich nach dem Fuß.«
»Die hier!« Sie zog ein Paar bunte Chucks, die ich selten trug, aus einem Karton.
»Nicht, wenn du das hier anziehst. Dann fragen sie dich nach deiner Telefonnummer.« Sie warf mir das schwarze Top zu. Ich fing es auf und legte es ordentlich über einen Sessel. »Was ist das denn überhaupt für eine Party?« Ich hatte in den letzten Wochen
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