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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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Sprachlosigkeit und Wut, die meine rechte Hand veranlasste, sich zu ballen, um die Angelegenheit nonverbal zu klären.
     
    »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
     
    »Sie haben doch ausgesagt, dass eine ihrer Bekanntschaften verheiratet war?«
     
    Eine meiner Bekanntschaften? Konnte mal jemand den DeLorean anwerfen und mich aus dem Mittelalter zurückholen?
     
    Der wiedergeborene Scherge Torquemadas wühlte in einer Aktenmappe, die so eng unter seinem Arm geklemmt gewesen war, dass ich sie erst jetzt bemerkte.
     
    Nun, ich würde diesem haarlosen Zwerg, der Lesben wahrscheinlich nur grell beleuchtet und spärlich bekleidet kannte, nicht noch mehr Anlass für sein kleines Hirnkino geben. Ich zwang die Finger der rechten Hand sich zu entspannen und versuchte mich zu beruhigen. Von der Wand lächelte mir Lara Croft aus einem Poster entgegen und ich wusste, dass sie mit dem Rechtgläubigen nicht so viel Geduld gehabt hätte.
     
    »Eine meine früheren Freundinnen hat nach unserer Beziehung geheiratet, ja.«
     
    »Und dieser Mann hat vom Vorleben seiner Frau gewusst?«
     
    Das war eine Frage, die ich mir auch schon oft gestellt hatte, wenn auch nicht mit  den gleichen Worten, aber ich dachte nicht daran, diesen speziellen Teil meines Lebens zu diskutieren.
     
    »Ich habe keine Ahnung, was dieser Mann weiß oder nicht weiß, aber ich bin sicher, dass er irgendwo weit weg ein glückliches Leben ohne eisgekühlte Senioren führt.« Führte er das? Führte SIE das? Nun brachten mich diese unverschämten Andeutungen und willkürlichen Schlussfolgerungen auch noch dazu, wieder über IHR Leben nachzudenken. Jetzt reichte es.
     
    »Hören Sie zu: Ich weiß nicht, was sich in Ihrem Kopf beim Thema Lesben für Dinge abspielen, und ich will es auch gar nicht wissen, aber wenn Sie es nicht schaffen, meine sexuelle Orientierung von Ihren Ermittlungen zu trennen, dann werden Sie nicht weit kommen.«
     
    Er wechselte leicht die Gesichtsfarbe, aber da sein ganzer Kopf schon rot leuchtete, huschte das neue Rot fast ungesehen über seine Mimik. Nur die Nase wurde deutlich dunkler und hob sich hervor. Er wurde dadurch nicht wesentlich attraktiver.
     
    »Ich wollte Ihnen natürlich nicht zu nahe treten«, sagte er schnell und sein Tonfall verriet, dass er das sehr wohl wollte. »Das ist ein ganz normaler Teil unserer Ermittlungen. Sie wollen doch auch, das diese Sache möglichst schnell aufgeklärt wird, nicht wahr? Und da könnten ja theoretisch noch mehr Männer sein, mit deren Frauen sie befreundet waren. Oder sind. Hat nicht Frau Thomas die Nacht gestern in ihrem Haus verbracht?« Seine unruhigen Augen glitzerten glücklich bei dieser Vorstellung. Draußen vor dem halb geöffneten Fenster entfernte Helmut unsichtbares Unkraut vom Rand des Weges. Seine Miene zeigte an, dass er jedes Wort gehört hatte. Als er meinen Blick bemerkte, fiel ihm auf, dass das unsichtbare Unkraut ausreichend bekämpft war, und er verschwand eiligen Schrittes in Richtung Parkplatz. Ich wandte mich wieder dem Beamten zu. »Ich finde es interessant, dass Sie die Überwachung, die meinem Schutz dienen soll, dazu nutzen, sich Informationen über mein Privatleben zu beschaffen, und ich werde mich auf jeden Fall über diese Tatsache beschweren. Und ja, mir liegt sehr viel daran, dass diese Sache aufgeklärt wird. Deshalb bitte ich Sie ja auch, sich von ihren wirren Fantasien über mein Liebesleben zu lösen und wieder den Tatsachen zuzuwenden. Wo und mit wem Frau Thomas ihre Nächte verbringt ist, doch wohl ganz allein ihre Sache!« Meine Stimme klang laut und schrill. Wir wussten beide, dass ich jetzt als Erste die Grenze zwischen Höflichkeit und Ehrlichkeit überschritten hatte, und er war sichtlich froh, mir diese Emotion entlockt zu haben.
     
    »Ich nehme Ihre Antwort und Ihr Verhalten zu Protokoll.« Er verließ meinen Bürocontainer grußlos und machte sich vor der Tür demonstrativ eine Weile Notizen. Ich beobachtete ihn durchs Fenster und warf ihm erst einen leeren Kaffeebecher hinterher, als ich sicher war, dass er den Aufprall nicht mehr hören konnte. Dann stieg ich zu Fuß alle zwölf Etagen zum Gasometerdach hinauf und setzte mich zitternd vor Wut auf eine leere Plattform.
     
    »Ich habe immer gesagt, dass das kein sicherer Platz zum Parken ist.« Helmuts Stimme knirschte aus dem Funkgerät. Er war berühmt für seine kryptischen Funksprüche und so lag es jetzt an mir, herauszufinden welche Besucherbeschwerde diesem Satz vorausgegangen war.

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