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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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Prognose konnte und wollte sie aber nicht treffen. Es war immerhin beruhigend zu erfahren, dass solche Verwirrungszustände durch extremen Flüssigkeitsmangel schlimmer wurden und sie auf eine Besserung innerhalb der nächsten Tage hofften.
     
    »Aber wir können auch nicht ausschließen, dass sich der Zustand ihrer Mutter nicht wieder vollständig bessert. Sobald es ihr körperlich gut geht, werden wir ein paar Tests machen, um uns einen besseren Überblick zu verschaffen. Hat sie früher schon solche Momente gehabt?«
     
    »Sie hat manchmal ein paar Sachen vergessen, aber eigentlich nichts Wichtiges.«
     
    Die Ärztin sah mich an und nickte verständnisvoll. »Lassen Sie uns mal in Ruhe nach ihrer Mutter schauen. Wir brauchen noch ein paar Angaben von Ihnen und dann schlafen Sie selber erst mal wieder eine Nacht durch.«
     
    Ich folgte ihr in ein Büro, das durch eine Glasscheibe vom Flur getrennt war, und beantwortete eine Fülle von Fragen.
     
    »Sehe ich so schlimm aus?«, fragte ich Irene, als wir im Taxi nach Hause fuhren. Sie sah mich lange und liebevoll an. »Müde, du siehst müde aus.«
     

Sie war wieder da,
     
    das war alles, was zählte. Alle anderen Probleme mit ErzEngels Gesundheit würden wir lösen. Im Vergleich zu dem, was ich in den letzten Tagen und Stunden befürchtet hatte, schien mir eine altersbedingte Verwirrung im Augenblick handhabbar. Mir war schon klar, dass ihr Zustand Grund genug für neue Sorgen bot, aber meine Mutter war nicht länger verschwunden, sondern lag warm und sicher in einem Bett und wurde betreut. Sie war in keinem dunklen Verlies gefangen und trieb auch nicht tot im kalten Fluss. Gut, sie erkannte mich noch nicht, aber niemand hatte sie entführt und niemand hatte sie eingefroren. Erst jetzt gestand ich mir vollständig ein, all diese Szenerien ununterbrochen durchgespielt zu haben. Ich war wirklich sehr müde, aber auch hoffnungsvoll, dass jetzt alles gut werden würde. Was immer mit ErzEngel nicht in Ordnung war, wir würden es gemeinsam bekämpfen und ich würde von jetzt an besser auf sie achten. Ich lieh mir Irenes Handy, verständigte Heiner und es gelang mir sogar, seine Hinweise darauf, dass er das schon lange hatte kommen sehen, zu ignorieren. »Du solltest sie jetzt noch nicht besuchen«, riet ich ihm und stellte fest, dass er das auch gar nicht vorgehabt hatte.
     
    »Die Polizei hatte mich natürlich sofort unterrichtet und wir haben uns auch über die Mitteilung an die Medien verständigt.«
     
    Ich war mir zwar sicher, dass die nüchtere Meldung über die Rückkehr unserer Mutter, die in den letzten Stunden in Radio und Fernsehen zu hören gewesen war, nichts mit ihm zu tun hatte, ließ das aber unerwähnt.
     
    »Ich rufe morgen auf der Station an und unterhalte mich mit dem behandelnden Arzt«, bellte er noch durch die Leitung, bevor wir auflegten. In seinem Ton hatte bei aller Arroganz eine Mischung aus Angst und Abwehr gelegen, die mir die Unfallnacht meiner Eltern in Erinnerung rief. Und Heiners Anblick im Wartezimmer. Er war zweimal bewusstlos geworden in dieser Nacht und betrat Krankenhäuser seitdem freiwillig nicht mehr.
     
    Zu Hause angekommen konnte ich feststellen, dass eine verwirrte Seniorin ohne Verbindung zu den bestrickten Füßen die Sensationssucher nicht länger interessierte, denn die Meute war weitergezogen. Ich verständigte alle Leute, die mir einfielen, und sorgte dafür, dass die Seniorinnen sich gegenseitig anriefen. Jetzt, da sie meine Mutter in Sicherheit wusste, interessierte sich Baby nach einigen ermutigenden Worten sofort auch wieder für die von mir und Irene gemeinsam verbrachten Nächte. »Und dieser ganze gespendete Trost war rein platonisch?«
     
    »Du bist unmöglich!«
     
    Irene warf mir aus der anderen Zimmerecke einen fragenden Blick zu und mir fiel auf, dass sie ihre Sachen zusammensuchte.
     
    »Baby, ich rufe dich an, wenn ich mehr weiß.« Ich drückte sie weg, ließ das Festnetz in seine Station fallen und ging zu Irene. »Du willst gehen?«
     
    »Naja …, du solltest jetzt mal gut ausschlafen … und dann gibt es ja ab morgen eine Menge für dich und deine Mutter zu tun.« Sie sah verloren aus und hatte ihren Satz mehrmals hörbar unterbrochen. Sie hatte recht, natürlich hatte sie recht. Ab morgen würde ich so viel Zeit wie möglich mit ErzEngel verbringen und da brauchte sie über Tag nicht länger neben mir zu sitzen und mit mir zu warten. Aber ich wollte nicht, dass sie ging. Ich wollte diesen

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