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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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wäre ich jetzt auf ein Knie gesunken und hätte um ihre Hand angehalten und sie wäre mit einem geseufzten »Ja« in meine Arme gekommen. Aber das hier war kein Film. Das war die Realität, in der meine Mutter den Verstand verlegte und in der ich auf der Suche nach ewiger Liebe einen abgesägten Fuß fand. Es war die Realität, in der die Frau, in die ich mich mit jeder Minute mehr verliebte, einen meiner Freunde heiratete. Also ließ ich meine Knie ungebeugt und ersparte ihnen den Kontakt mit dem Parkett.
     
    »Ich glaube, dass es möglich ist, jemanden viel mehr zu lieben, als ich SIE geliebt habe.«
     
    Wir sahen uns zufällig genau beim Wort lieben an, weil unsere Blicke sich auf ihrer unruhigen Wanderschaft begegneten, und ich vermisste mein verlorenes Herz zum ersten Mal seit langer Zeit. Du liebst es aber wirklich, gebrochen zu werden, dachte ich und überhörte das ungewohnte Geräusch in meinem Brustkorb.
     
    Der Prosecco war leer, ohne dass ich das Gefühl hatte, etwas getrunken zu haben. »Was denkst du hierüber?« Irene hielt die billige Flasche Rotwein, die mit der Pizza gekommen war, hoch.
     
    »Es ist, vermute ich, egal, ob wir diese Flasche trinken oder uns gegenseitig über den Kopf hauen, das gibt beides böse Kopfschmerzen. Beim Trinken allerdings erst morgen, also her damit!«
     
    Wir zogen mit dem Rotwein auf mein Sofa um und ich sah, dass Irene eine schnelle SMS schrieb. Sie sah meinen Blick und sagte: »Ich kann absolut nicht mehr fahren und frage Markus, ob er mich nachher abholen kann.«
     
    »Bleib doch einfach heute Nacht noch hier.« Mein Satz klang wie der Refrain in einem deutschen Schlager.
     
    Sie unterbrach die schnellen Bewegungen ihres Daumens auf der Tastatur. »Wäre das für dich in Ordnung?«
     
    Wäre das für mich in Ordnung? War Beth Ditto pummelig? Ich schlug meinen schwer beschwipsten Kopf innerlich gegen eine imaginäre Wand.
     
    »Ich fände es wunderbar!«
     
    Unsere Themen wurden mit jemandem Glas Rotwein alberner und als die Flasche leer war, lachten wir grundlos über einen Witz, den Irene mir erzählen wollte, ohne sich auch nur im Geringsten an die Pointe zu erinnern. Je öfter sie sich korrigierte, desto hysterischer wurden unsere Lachkrämpfe.
     
    »Ich kann nicht mehr«, stellte sie schließlich fest, stand auf, ging in mein Schlafzimmer und ließ sich angezogen auf die Bettseite fallen, auf der sie auch in den letzten Tagen geschlafen hatte.
     
    »Du musst dich ausziehen«, lallte ich, folgte ihr und warf mich so schwungvoll auf die freie Seite, dass das ganze Bett wackelte.
     
    »Das Schiff schwankt, ich glaube wir sinken.« Sie griff nach meiner Hand und wir kicherten wieder wie kleine Schulmädchen. Ich begann »What shall we do with the drunken Sailor« zu singen und merkte schnell, dass ich mich nur an diese eine Zeile erinnern konnte. Irene schlug den Takt des einen Satzes kurzfristig auf dem Kissen mit und rollte sich dann zusammen. »Ich muss schlafen, sonst wird mir schlecht.«
     
    »Du musst dich erst ausziehen.« Ich rollte mich auf der anderen Seite zusammen. Ordnung musste sein.
     
    »Ich kann das nicht mehr. Zieh du mich aus«, murmelte Irenes Stimme aus dem Kissen und reckte hilflos beide Arme über den Kopf. Mag sein, dass mir bewusst war, dass eine solche Aufforderung nicht ganz frei von Nebenwirkungen war, aber ich weigerte mich, die Packungsbeilage zu lesen, und lehnte auch einen Besuch bei meinem Arzt oder Apotheker ab. Ich setzte mich stattdessen rittlings auf Irene, zog ihr mit viel Gelächter das T-Shirt über den Kopf und warf es aus dem Bett. Da sie keinen BH trug, lag sie jetzt mit nacktem Oberkörper kichernd unter mir und dieser Anblick jagte mein Blut in Regionen, in denen es keine Hilfe war. Ganz im Gegenteil. Ich ließ mich wieder neben sie fallen und befahl vollkommen vernünftig: »Weg mit der Jeans und dann ab unter die Decke.« Zwischen meinen Beinen spielte eine Percussioncombo auf vielen kleinen Trommeln ein wildes Lied.
     
    »Zu Befehl, Kapitän!« Irene salutierte ungeschickt und wand sich wie ein außergewöhnlich leckerer Aal im Liegen aus der Hose. Endlich lag auch die Jeans neben dem Bett und ich deckte die leise summende und bis auf einen schwarzen Slip nackte Frau zu. Einzelne Trommelwirbel erreichten meine Brust.
     
    »Mir ist kalt.« Irene zitterte sichtbar.
     
    »Deshalb ja die Decke.« Ich fühlte mich seit dem Blick auf Irenes äußerst spärlich bekleideten Körper noch viel nüchterner. Und

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