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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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frieren lag mir fern, ich tanzte im heißen Rhythmus der aufgeregten Schlagwerker. »Warte einen Moment, dann wird dir schon warm.«
     
    »Kannst du mich nicht wärmen?«
     
    Pauke! Pauke! Becken! Gong!
     
    Ja, das konnte ich und wahrscheinlich gründlicher, als sie es sich jetzt vorstellen konnte. Und ich konnte zusätzlich unsere Freundschaft nachhaltig beenden.
     
    »Das wird schon.« Ich rubbelte mit beiden Händen oberhalb der Decke weitgehend neutral über ihren Rücken. Morgen würde der Papst in Rom meine Seligsprechung einleiten.
     
    »Du bist lieb.« Sie seufzte noch einmal und schlief ein.
     

Ich erwachte in völliger Dunkelheit
     
    und bewegte mich nicht. Meine Decke lag zu einer dicken Rolle verwurstet neben mir und ich lag als vorderer Löffel perfekt in Irene eingepasst unter ihrer Decke. Irenes Arm umfasste mich, so unschuldig, wie er es auch in den beiden vorausgegangenen Nächten getan hatte, nur dass wir jetzt zwei weitgehend nackte Löffel waren und ihre Brust sich an meine sensiblen Schulterblätter schmiegte. Zum Glück war der Weg dieses Reizes durch meine alkoholbetäubten Nervenbahnen bis in die Zentrale wie eine Wanderung durch Tiefschnee. Ich konnte ihm zusehen, wie er sich mühselig vorwärtskämpfte. Auch im Kopf angekommen, löste die Information über diese spezielle nackte Brust an meinem Rücken nur einen milden, wenn auch angenehmen Funken aus, denn die meisten meiner Gehirnzellen lagen aufgequollen und miteinander verklebt in Prosecco und Rotwein wie Haferflocken in warmer Milch. Nur ein einzelner Gedanke rannte frei herum, während die anderen ihre träge Formlosigkeit genossen. ErzEngel ist wieder da, dachte ich und war sicher, dass dieser bewegliche Gedanke für das Glücksgefühl in meinem Inneren verantwortlich war.
     
    Dann spürte ich wieder, wovon ich eigentlich erwacht war. Irenes Hand wanderte im Schlaf über meinen Bauch zu meiner Brust und legte sich zögernd um die Rundung. Diese spezielle Nervenbahn war überraschenderweise frei von Tiefschnee. Ihre Finger ertasteten den Rand meiner Brustwarze, zogen sich zurück, kamen wieder und verwandelten sie mit einer kurzen Reibung von einer sanften Hügellandschaft zu einem Geröllfeld, in dessen Mitte sich aus dem Nichts einer steiler Obelisk erhob. Eine Welle der Erregung schoss mir durch den Körper, schmolz den restlichen Schnee und ich zwang mich, weiter ruhig zu atmen. Versteh das jetzt bloß nicht falsch, sie schläft, dachte ich, denn ihr Atem war die ganze Zeit tief und vollkommen regelmäßig. Ein Finger umkreiste den gerade gewachsenen Hinkelstein und ich stöhnte, ohne es verhindern zu können, leise auf. Irenes Atem blieb weiter gleichmäßig, während ich mit Haferflockenbrei-Gehirnzellen versuchte, meine Erregung zu kontrollieren. Es gab in meinem Körper mittlerweile eindeutige Anzeichen dafür, dass mir das nicht gelang.
     
    Gut, so geht das nicht weiter. Flucht einleiten. Ich rutschte möglichst zufällig ein wenig höher und ihre Hand verlor den Kontakt zu meiner erigierten, erogenen Zone.
     
    Warten.
     
    Ruhig atmen.
     
    Lauschen.
     
    Irene reagierte nicht.
     
    Weiter.
     
    Ich versuchte eine leichte Drehung auf den Rücken, um in einem nächsten Schritt ihrer Nähe ganz zu entkommen, und sie nahm meine Bewegung auf und drehte mich mit überraschender Kraft ganz herum.
     
    Jetzt lagen wir nackt Brust an Brust und Mund an Mund. Das hatte ja prima geklappt.
     
    Ruhig bleiben und nachdenken. Irene atmete weiter regelmäßig und ich bemühte mich diesen Rhythmus aufzunehmen.
     
    Ein.
     
    Aus.
     
    Ein.
     
    Aus.
     
    Jeder Geburtsvorbereitungskurs wäre stolz auf unser synchrones Atmen gewesen.
     
    Einen kleinen Blick konnte ich doch riskieren, sagte ich mir nach gefühlten Ewigkeiten und schaute kurz auf die leicht geöffneten Lippen direkt vor den meinen.
     
    Fehler. Fehler. Fehler.
     
    Eine Flut von nicht verklebten Gedanken stürzte sich in mein Bewusstsein.
     
    Wenn du doch wach wärest, dachte ich. Wenn du doch wach und lesbisch wärest und mich so wollen würdest, wie ich dich in diesem Augenblick will.
     
    »Ich möchte dich unglaublich gerne küssen«, sagte die schlafende Irene im selben Moment und das Herz, das ich nicht hatte, blieb stehen.
     
    »Du schläfst nicht?« Ich zog sie unwillkürlich noch dichter an meine Haut.
     
    »Ist das deine Antwort?« Ihre Augen waren immer noch geschlossen.
     
    »Nein«, sagte ich. »Das ist meine Antwort.« Und dann überwand ich den

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