Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
Vom Netzwerk:
schlecht?«
     
    »Diese Frage hast du dir doch sicher schon selber beantwortet.« Baby klang ungehalten.
     
    »Baby, es war einfach unglaublich und ich bin sicher, dass es ihr gefallen hat.«
     
    »Das ist doch der Klassiker, oder? Die Heterofrau, die kurz vor der Eheschließung gerade genug mit dem Feuer spielt, um sich nicht die Finger zu verbrennen. Du kannst sicher sein, dass ihr euer Trinkgelage die perfekte Ausrede bietet, um die ganze Sache nicht weiter ernst zu nehmen. Wie immer sie es gefunden hat, sie war ja unter Schaumweineinfluss und nicht verantwortlich für ihre Taten.«
     
    »So ist sie nicht!« Ich wurde wütend.
     
    »Und warum ist sie dann wortlos verschwunden? Warum hat sie dich nicht geweckt nach eurer tollen gemeinsamen Nacht?«
     
    Ich hatte darauf nur deprimierende Antworten, also brummelte ich eine Abschiedsfloskel und legte auf.
     

Das Krankenhaus roch heute
     
    viel stärker nach Desinfektionsmittel als am gestrigen Tag und die künstliche Beleuchtung in den langen Fluren war gnadenlos hell. Viele der Menschen, die durch die Flure eilten, hatten Blumen und Geschenke im Arm, und das erinnerte mich daran, dass ich zwar die Tasche mit der Wäsche, nicht aber den Pflaumenkuchen mitgebracht hatte. Ich fragte mich zur Cafeteria durch und kaufte ein Stück Kuchen, das den Vergleich mit Rose-Lotte Steins Backerzeugnissen nicht scheuen musste, aber auch nicht konnte.
     
    ErzEngel lag friedlich schlafend in ihrem immer noch sanft abgedunkelten Einzelzimmer und zum ersten Mal an diesem seltsamen Tag fühlte ich mich gut. Ich stellte den Kuchen auf und die Tasche neben den Nachttisch, zog mir einen Stuhl an die Bettseite und setzte mich neben sie. Auch heute lief ein Schlauch in ihren Arm und ein kleiner Monitor zeigte eine Linie, die in regelmäßigen Zacken ausschlug. Ich nahm ihre Hand und verflocht unsere Finger miteinander. Sie lag ganz friedlich da. Ich betrachtete ihr Gesicht und machte mir Vorwürfe. Vielleicht hatte ich die Folgen des Unfalls gnadenlos unterschätzt oder absichtlich übersehen, dass eine Zweiundsiebzigjährige nicht mehr ganz jung war.
     
    »Charlotte.« Sie öffnete die Augen.
     
    »Ja, ich bin da.« Unsere Finger drückten sich fest umeinander und sie sah sich um.
     
    »Warum bin ich im Krankenhaus?«
     
    »Du warst verschwunden.« Ich war mir nicht sicher, ob ich ihr das sagen durfte. Sie drehte den Kopf und ihr Blick fiel auf das Kuchenpaket.
     
    »Ich habe dir Pflaumenkuchen mitgebracht. Und Sachen zum Anziehen.«
     
    »Danke. Dieses Hemd gefällt mir eigentlich ganz gut.« Sie sah auf das feine Blumenmuster, das ihren Oberkörper bedeckte. »Den Kuchen esse ich vielleicht später, oder?«
     
    »Ja, iss ihn, wann du Lust hast.«
     
    Sie ballte probeweise die Hand, auf deren Rücken die fest abgeklebte Kanüle lag. »Ich war im Garten. Die Schnecken haben schon wieder den ganzen Salat aufgefressen. Es war so warm. Ich habe überlegt, wie wir sie loswerden können.«
     
    »Und dann ist dir schwindelig geworden?« Ich hatte keine Ahnung, wie so etwas ablief. Die Tür hinter mir öffnete sich und eine Krankenschwester betrat den Raum. Sie nickte mir zu, grüßte meine Mutter freundlich und begann dann, den Beutel am Infusionsständer zu wechseln. ErzEngel sah ihr dabei zu und sagte: »Nein. Es ging mir gut, aber zu den Schnecken ist mir nichts eingefallen. Obwohl ich lange darüber nachgedacht habe. Und dann bin ich hier aufgewacht. Seltsam, denn bis hierher kann ich nicht gehen.«
     
    »Sie haben dich gefahren.« Ich sagte das, bevor ich richtig überlegt hatte.
     
    »Das mag ich nicht!« Ihr Blick wurde so unruhig, wie er in der Zeit nach dem Unfall gewesen war. Als sie tagelang mit gesenktem Kopf die Straßen mit ihren Schritten vermessen hatte. Die Krankenschwester warf mir einen strafenden Blick zu. Ich löste meine Hand aus den Fingern, die sie festhielten, und strich meiner Mutter sanft über die Wange. »Das ist jetzt vorbei. Wichtig ist, dass es dir wieder besser geht und du bald nach Hause kommst.«
     
    Sie musterte mich und die wache Intelligenz, die ich aus ihren Blicken kannte, war zurückgekehrt. Oder wollte ich das nur so sehen?
     
    »Heute ist nicht mehr Freitag, oder?«
     
    Die Schwester überprüfte den frischen Beutel kurz, lächelte meiner Mutter beruhigend zu und verließ den Raum wieder.
     
    »Nein. Es ist Montag.«
     
    »Und wo war ich in der Zwischenzeit?«
     
    Ich blieb bei der Wahrheit. »Man hat dich gestern in den

Weitere Kostenlose Bücher