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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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ErzEngel hatte ihn und mich bei seinen Worten so unschuldig angestrahlt, dass sie mir fast etwas zu bemüht vorgekommen war.
     
    So vergingen meine Tage mit dem Geräusch, das die Alltagsmühlen des Lebens machten. Der Herbst konnte es nicht mehr abwarten, die Farbregie zu übernehmen und die Luft dauerhaft herunterzukühlen. Er jagte zwei frühe Stürme über das Gasometerdach und ich stellte mich absichtlich in den beschleunigten Regen, der mir waagerecht ins Gesicht fegte. In einem Musical hätte ich dabei traurig gesungen und ausdrucksvoll getanzt, hier stand ich regungslos und holte mir eine leichte Erkältung.
     
    Eigentlich war das eine Jahreszeit, die ich gern mochte. Ich mochte den milden Farbton, den die Blätter annahmen, den Geruch des Waldes, der schwerer wurde, und die Aussicht auf warme, dunkle Abende mit einer Decke und einem Buch. Dieser Herbst aber war schuld an meiner verstopften Nase und seine Farben und Gerüche waren düstere Vorboten eines ewigen, kalten Winters. Bis zu Irenes Hochzeit waren es noch genau vier Wochen und ich hatte nichts mehr von ihr gehört. Sie hatte sich nicht einmal erkundigt, wie es meiner Mutter ging. Das hatte Markus für beide getan und wenn es ihn verwirrte, dass die neue beste Freundin seiner Frau in deren Leben nicht mehr vorkam, ließ er es sich bei unserem kurzen Telefonat nicht anmerken. Er hatte von den Vorbereitungen zur Hochzeit erzählt und mich von Irene gegrüßt. Auch das war so normal, dass ich davon Kopfschmerzen bekam.
     
    Es war auch kein umstrickter Fuß mehr aufgetaucht und die Bemühungen der Medien, das Warten wach zu halten, hörten abrupt auf, als in einem Nachbarort ein gekränkter Schüler seinen Mathematiklehrer in der kleinen Pause erschoss. Die gefrorenen Füße waren blitzschnell Eis von gestern und alle Gespräche drehten sich um eine Jugend, die erstaunlich schlecht mit Frustrationen umgehen konnte. Ich konnte das auch nicht, blieb aber meiner Devise, von Schusswaffengebrauch abzusehen, treu. Die verzweifeltste Tat, die ich an einem einsamen regnerischen Abend beging, war es, den Apfelmuskuchen, den Rose-Lotte Stein mit hochrotem Kopf abgegeben hatte, zu probieren. Auf dem wie immer leicht verbrannten Boden wartete eine Mischung aus Babybreioptik und Tapetenkleisterkonsistenz, die sich auch geschmacklich zwischen den beiden nicht so recht entscheiden konnte. Nach einem ganzen Stück gewann der Tapetenkleister, zumindest was die Wirkung anging, und ErzEngel musste mir am späten Abend einen Kamillentee kochen.
     
    »Warum backt sie so schlecht?« Ich hielt mir den tonnenschweren Magen und schaute anklagend auf den restlichen Kuchen.
     
    Meine Mutter bewegte den Teebeutel schnell im heißen Wasser auf und ab. »Sie hat es nicht leicht.«
     
    »Ich habe es auch nicht leicht. Du hast es nicht leicht. Backen wir deshalb?«
     
    »Wir haben andere Möglichkeiten.« Ihr Tonfall war nicht so leicht, wie er hätte sein können.
     
    »Andere Möglichkeiten, das Leben unserer Mitmenschen zu gefährden?« Ich beobachtete den Teebeutel, der wie eine Nähmaschinennadel in den Tee fuhr. ZackZackZackZack.
     
    »Andere Möglichkeiten, Kontakt aufzunehmen. Fertig!« ErzEngel brachte mir den Tee, der weniger gezogen hatte, als dass er mit einem Kamillebeutel tätowiert worden war und setzte sich zu mir.
     
    »Trink.«
     
    »Ist mit dir alles in Ordnung?« Ich nahm einen winzigen Schluck des heißen, weitgehend geschmacksneutralen Getränks.
     
    »Mit mir ist alles prima.« Sie betrachtete ihre Fingernägel und pulte mit dem Zeigefingernageln ein kleines Dreckpartikelchen unter dem kleinen Fingernagel hervor. Sie hatte den Satz eigenartig betont. Mit mir ist alles prima. So, als ob sie auch sagen wollte, dass es jemand anderen gab, mit dem nicht alles in Ordnung war. Und schon gar nicht prima.
     
    Natürlich, sie machte sich Sorgen um mein wenig erfolgreiches Liebesleben. »Du musst dir nicht zu viele Gedanken um mich machen. Ich komme klar. Das mit Irene war nur ein Strohfeuer.« Ich wärmte mir die Hände am heißen Becher und wusste, dass ich log. Meine Gefühle für Irene und unsere gemeinsame Zeit waren kein Strohfeuer, sie waren ein Flächenbrand und sie schwelten rot glühend und so riesig, dass die NASA sie aus dem All mit bloßem Auge hätte erkennen können. Zum Glück hatten die Astronauten an Bord der internationalen Raumstation meist andere Naturkatastrophen zu beobachten.
     
    ErzEngel glaubte meine Version und sah mich erleichtert

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