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Herzbesetzer (German Edition)

Herzbesetzer (German Edition)

Titel: Herzbesetzer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Wegberg
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angesichts des gedeckten Tisches, »ist ja alles schon fertig!«
    »Hab ich doch gesagt«, antworte ich und würde mich am liebsten ohrfeigen. Anoki wirft mir einen raschen Blick zu, ehe er sich hinsetzt: er hat schon registriert, dass hier Gewitter in der Luft liegt. Nein! Ich will das nicht! Er hat genug Arschtritte bekommen, ich muss mich da nicht auch noch einreihen!
    »Ich komm gleich wieder«, murmele ich und eile ins Bad, um eine der Tabletten zu nehmen, die er gestern erfolglos gesucht hat. Er hat vergessen zu lüften, und ich ärgere mich darüber, genau wie über das feuchte Handtuch auf dem Boden. Ich hasse es, wenn er sein Handtuch auf den Boden wirft! Okay. Ruhig. Tief atmen. Ich kehre zurück in die Küche und übe ein strahlendes Lächeln, das total missglückt. Anoki merkt es nicht; er ist mit Essen ausgelastet.
    Schweigend setze ich mich ihm gegenüber und beiße lustlos in ein Körnerbrötchen.
    »Hast du doch noch welche gefunden?«, zwitschert Anoki unschuldig.
    Ich halte im Kauen inne und starre ihn an, bis ich verstanden habe, was er meint. »Du hast nicht gelüftet und dein nasses Handtuch auf den Boden geworfen«, sage ich statt einer Antwort.
    »Ach ja«, sagt er freundlich, aber desinteressiert und mampft weiter. Ist das jetzt sein viertes oder sein fünftes Brötchen?
    In diesem Moment fällt mir eine Begebenheit aus meiner Kindheit ein; ein Sonntagsfrühstück mit meinen Eltern und Benni, ganz ähnlich wie dieses. Wir saßen um unseren großen Esstisch herum, und es herrschte gedrückte Stimmung. Ich war neun Jahre alt und fragte mich, warum meine Eltern so mies gelaunt waren und wieso meine Mutter so rote Augen hatte, als hätte sie geweint. Aber während des ganzen Frühstücks redeten sie nicht mit uns darüber, sie waren nur besonders reizbar. Mehrmals fuhr mein Vater mich in scharfem Ton an, weil ich die linke Hand nicht ordentlich neben dem Teller liegen hatte, und meine Mutter ermahnte Benni, nicht mit dem Essen zu spielen, gerade zu sitzen und sich nicht den Mund am Ärmel abzuwischen. Ich kann mich gut erinnern, dass ich nach der Mahlzeit bedrückt und verwirrt raus in den Garten ging. Ich musste nicht lange warten, bis Benjamin mir folgte und mich wortlos von der Schaukel jagte. Also verkroch ich mich hinter den Rhododendronbusch, aber auch dorthin kam Benni mir bald nach. Er suchte offensichtlich meine Nähe, weil er genauso irritiert war wie ich. Erst nachmittags löste sich das Rätsel, als mein Vater sagte: »So, zieht euch mal die Schuhe an. Wir gehen uns von Oma verabschieden.« Da erfuhren wir, dass in der Nacht meine Großmutter – Mamas Mutter – gestorben war. Warum hatten sie uns das nicht sofort gesagt? Oder wenigstens mir? Ich war neun, ich wusste, was Tod bedeutet, und ich war gekränkt, dass sie mich nicht informiert hatten. Wozu sollte das gut sein? Hatten sie gedacht, ich würde vor Trauer zusammenbrechen oder etwas Unpassendes sagen? Ich hatte ein feines Gespür für angemessenes Verhalten, auf das ich stolz war, und ich wäre sogar in der Lage gewesen, es Benni schonend beizubringen, so was konnte ich ganz gut. Stattdessen hatten sie mich behandelt wie ein Baby, und das habe ich ihnen lange nicht verziehen.
    »Ich war eben bei der Sparkasse«, sage ich ohne Einleitung. »Mein Konto ist gesperrt.«
    Diesmal hält Anoki im Kauen inne. Er hebt langsam den Kopf. »Was heißt das?«, fragt er.
    »Das heißt, dass ich meinen Überziehungskredit ebenfalls überzogen habe. Ich darf bis zu fünftausendsiebenhundert Euro mehr abheben, als ich tatsächlich an Guthaben besitze. Und die sind jetzt weg, und vermutlich noch ein paar Euro mehr.«
    Anoki sieht mich beunruhigt an. »Dann kannst du jetzt kein Geld mehr abholen, bis du die ganzen Schulden abbezahlt hast?«, will er wissen. »Na ja, nicht ganz. Der Dispokredit bleibt bestehen. Hoffe ich jedenfalls. Aber es muss erst wieder Geld aufs Konto kommen, vorher krieg ich nichts. Und das passiert erst nächste Woche Freitag.«
    »Scheiße«, sagt Anoki leise. »Das ist ja krass.«
    Jetzt frage ich mich, ob es richtig war, mit ihm darüber zu reden. Er wirkt bestürzt. Hat er nicht schon genügend Ärger? Muss ich ihm auch noch mit meinen Geldnöten kommen? Ach, verdammt …
    »Wird schon irgendwie gehen«, sage ich in einem hilflosen Versuch, die Realität schönzureden. »Ich hab ja noch was im Portemonnaie.«
    »Und wie viel?«, fragt Anoki.
    Ich hatte gehofft, dass er das nicht tun würde. »Zweiunddreißig Euro«,

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