Herzblut 02 - Stärker als der Tod
standen alle anderen Autos schon vor der Hütte. Das war die beste Gelegenheit, um einen Schutzzauber auf die Stoßstangen zu bringen.
Autos meiner Freundinnen schützen? Erledigt.
Nachdem ich Teil eins meiner Mission für heute Abend erfüllt hatte, stieg ich die wenigen Stufen zur Tür der Blockhütte hinauf und klopfte. Anne öffnete, und als ich das Häuschen betrat, sprang mich als Erstes der Geruch an. Es kostete mich Überwindung, nicht zurückzuweichen und mir die Nase zuzuhalten.
„Savannah“, flüsterte Anne, als sie mich an der Tür kurz umarmte. „Hast du in den Ferien überhaupt was gegessen? Du bist ja spindeldürr!“
„Danke“, grummelte ich und gab ihr das Geschenk. „Ich freue mich auch, dich zu sehen, Geburtstagskind.“
„Sav! He, du siehst toll aus!“, rief Michelle. Sie lag im Wohnzimmer bäuchlings auf dem Boden. „Neue Diät?“
Ich überhörte die Frage einfach, rang mir ein Lächeln ab und setzte mich neben sie und Carrie. Ich versuchte, nicht zu tief einzuatmen. Irgendwas im Haus stank entsetzlich. Bei jedem Atemzug drehte sich mir fast der Magen um.
Michelle hob ihr Handgelenk. „Riech mal, ich habe ein neues Parfum. Das habe ich mir geholt, als wir neue Badeanzüge kaufen waren. Du warst ja nicht mit.“
Ich schnupperte ganz kurz. Ein extrem starker Geruch nach Blumenund vor allem Alkohol. Er kribbelte etwas in der Nase, verursachte aber nicht diesen Gestank im Haus.
Ich konzentrierte mich auf das, was sie gesagt hatte. „Ach kommt schon, Mädels. Ihr wollt mich nicht wirklich im Badeanzug sehen. Da werdet ihr noch blind.“
Carrie schnaubte. „Wo du schon davon anfängst – was hast du den ganzen Sommer über gemacht, außer uns aus dem Weg zu gehen? So wie du aussiehst, hast du dich zumindest nicht in die Sonne gelegt. Klar soll man sich eincremen, damit man keinen Sonnenbrand bekommt, aber deswegen muss man doch nicht sein ganzes Leben in einer Höhle verbringen. Komm ab und zu mal aus diesem Addams-Family-Haus raus. Etwas Sonne würde dir guttun. Davon bekommst du mehr Vitamin C und D.“
Ich lachte. „Danke. Ich werde versuchen, mir das zu merken.“ Mir fiel ein, dass ich etwas in meiner Tasche hatte. „Ach, ich habe euch übrigens etwas mitgebracht.“ Ich kramte das kleine Bündel hervor, entwirrte es und hielt vier Armbänder hoch. Ich hatte mir dafür ein Buch aus der Bücherei ausgeliehen und stundenlang an ihnen gearbeitet.
„Freundschaftsarmbänder!“, kreischte Michelle und riss mir eins aus der Hand. „Geil!“
Anne kam aus der Küche zu uns.
Grinsend nahm Carrie sich auch ein Armband. „Hübsch. Danke. Hatten wir vier so was schon mal?“
„Nein“, antwortete Anne, beugte sich über meine Schulter und schnappte sich auch ein Armband. „Wurde aber auch Zeit. Gute Idee, Sav. Hier, knote meins mal zu.“
Während ich ihr das Bändchen um das Handgelenk knotete, verscheuchte ich mein schlechtes Gewissen, weil es eigentlich magische Geschenke waren. Trotzdem hatte ich sie aus Freundschaft gemacht. Nur dass ich meine Freundinnen schützen wollte. Und diesen Teil mussten sie nicht unbedingt wissen.
Als alle ihre Armbänder trugen, fragte Anne: „Alles fertig zum Feiern? Fangen wir mit dem Kuchen an, damit ich bald die anderen Geschenke aufmachen kann.“
„Nicht so schnell“, bremste Mrs Albright sie. Sie hatte eine riesigeselbst gemachte Pizza aus dem Ofen geholt und stellte sie auf dem kleinen Tisch ab, der gerade genug Platz für unsere vier Gedecke bot. „Du kennst doch den Ablauf, Anne. Erst Pizza, dann Kuchen und Geschenke.“
Mein Magen verkrampfte sich, und es fühlte sich an, als würde sich meine Speiseröhre komplett zuziehen. Mist. Ich hatte noch nicht überlegt, wie ich mich heute Abend vor dem Essen drücken konnte.
„Das ist ja ein richtiges Kunstwerk, Mrs Albright“, hauchte Michelle, als wir uns an den Tisch setzten.
Und das war nicht übertrieben. Jeder einzelne Pilz, jedes Salamischeibchen und jedes Stückchen Peperoniwurst war perfekt kreisförmig angeordnet, als hätte ein Roboter die Pizza belegt.
Aber der Geruch – mein Gott, ich musste mich fast übergeben.
Wir setzten uns an den Tisch, während Annes Eltern hinter ihrer Tochter stehen blieben, weil wir nicht genügend Stühle hatten.
„Kopf runter“, befahl Mrs Albright.
Alle neigten die Köpfe zum Gebet, sogar Michelle, obwohl ihre Familie nicht in die Kirche ging. Ich fügte meinem Gebet stumm die Bitte hinzu, dass ich dieses Essen irgendwie hinter
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