Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
konnte.
„Stehen in nächster Zeit irgendwelche Benefizveranstaltungen an?“, fragte ich, um sie in die Gegenwart zurückzuholen.
„Der Herbstball am Samstag. Das war’s dann erst mal.“
„Da bin ich bei dir. Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass du während des Trainings nicht allein bist …“
„Ach, Tristan, ich glaube, es ist schon in Ordnung. Ich schließe ab, fahre nach Hause und erzähle Nanna davon. Sie weiß bestimmt, was ich machen soll.“
Mit fahrigen Bewegungen schloss sie alle Türen ab.
Nach der Tür zur Eingangshalle schlug sie leise vor: „Vielleicht sollten wir uns lieber hier trennen.“
War sie verrückt geworden? „Auf keinen Fall. Ich lasse dich doch nicht allein, damit dich die Vampire schnappen.“
Angespannt und mit finsterem Blick überquerte sie neben mir das dunkle Schulgelände und lief zum vorderen Parkplatz. Als sie in ihrem Auto saß, beugte ich mich durch die offene Fahrertür, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben. Sie zog scharf die Luft ein und zuckte zurück. „Tristan … sie könnten uns sehen.“
„Wer?“
„Die …“ Sie sah mich an mit einem Blick, den ich nicht deuten konnte. „Jeder, der noch an der Schule ist.“
Bevor ich erwidern konnte, dass wir, abgesehen von den Vampiren, allein waren, zog sie die Tür zu und ließ den Motor an. Nach einem knappen Winken verschwand sie so schnell, als glaubte sie, sie könnte den Vampiren davonfahren.
Savannah
Vampire in Jacksonville.
Der Gedanke hämmerte mir auf dem ganzen Heimweg durch den Kopf, gefolgt von der Frage: Warum?
Offenbar hatte der Rat sie geschickt, um mich zu beobachten. Deshalb war ich wahrscheinlich auch auf den Begriff „Beobachter“ gekommen. So hatte mein Vater die Ratsspitzel genannt, als meine Veränderungen begannen. Aber warum hatte der Rat Beobachter geschickt? Wusste er über Tristan und mich Bescheid?
Spätestens jetzt mussten sie einen Verdacht haben.
Aber wenn sie von Tristan und mir wussten, warum hatten sie mich den ganzen Tag lang nur beobachten lassen? Hätten sie nicht versucht, uns voneinander zu trennen oder mich von Tristan wegzulocken?
Oder die Beobachter wollten nur sichergehen, dass der Friedensvertrag eingehalten wurde. Vielleicht warteten sie ab, ob ich in Tristans Nähe die Kontrolle verlieren würde, und wollten einschreiten, wenn ich ihn angreifen oder versuchen sollte, sein Blut zu trinken. In diesem Fall würde ich sie enttäuschen, weil mich Tristans Blut nicht im Geringsten interessierte.
Ich wollte sein Herz.
Heute Abend war er über das ganze Schulgelände gelaufen, um etwas für mich herauszufinden, und war so sicher gewesen, dass er mich vor den Vampiren beschützen könnte. Und er hatte mir zeigen wollen, wie man durch Magie Feuer erschaffen konnte, obwohl es verboten war.
Dabei war ich auf dem besten Weg, selbst eine Vampirin zu werden, und hatte gar nicht wirklich versucht, Feuer zu erschaffen. Was hätte er getan, wenn er das gewusst hätte?
Ich musste ihm die Wahrheit sagen. Es war nur fair, wenn er die Risiken kannte. Besonders, weil er die Regeln des Clanns brach, um mit mir zusammen zu sein.
Aber wenn ich ihm gestand, dass ich ein dreckiger Mischling war, würde er mich womöglich nicht mehr sehen wollen.
Andererseits waren wir erst seit Kurzem zusammen. Wer ge-währteschon Einblick in sein Seelenleben, wenn er gerade frisch in einer Beziehung steckte?
Ich sollte erst mal abwarten, ob es hielt, bevor ich ihm noch mehr Familiengeheimnisse verriet. Tristan war berüchtigt dafür, beziehungsscheu zu sein. Wahrscheinlich würde er mich, genauso wie seine früheren Freundinnen, bald satthaben und nach ein paar Wochen mit mir Schluss machen.
Bis dahin musste ich einfach gut aufpassen, dass die Beobachter uns nicht bei irgendwas Romantischem erwischten. Etwa beim Händchenhalten. Oder Küssen. Oder auch beim Umarmen. Verabredungen in der Öffentlichkeit gingen jetzt natürlich erst recht nicht. Solange uns die Vampire oder sonst jemand sehen konnte, durften wir zusammenarbeiten, aber nicht mehr.
Auch wenn es für mich eine echte Qual werden würde.
Ich bog in unsere Einfahrt ein, parkte hinter Nannas Auto und lehnte die Stirn an das Lenkrad. Keine Verabredungen in der Öffentlichkeit. Keine Zärtlichkeiten. Wir durften weder gemeinsam Mittag essen noch zusammen durch die Schulflure schlendern. Wie lange würde Tristan so eine Beziehung wollen? Und zählte das überhaupt als Beziehung?
Tristan
Am nächsten Morgen
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