Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
einer weiteren langen Pause nickte der Vampir in der Mitte. „Wir willigen ein. Savannah, wurdest du je in Magie unterrichtet?“
„Nein. Selbst an Punkten, wo es geholfen hätte, wollten meine Großmutter und meine Mutter das nicht. Sie haben allen versprochen, dass sie mich nicht unterrichten werden.“ Zum Glück.
„Michael, du wusstest vorher nicht, dass sie Blutdurst verspürt?“, fragte der Ratspräsident.
„Nein, Caravass. Ich habe es zum selben Zeitpunkt erfahren wie du.“
Eine Woge der Beunruhigung ging vom Rat aus.
„Allerdings sollten meine Erinnerungen heute gezeigt haben, dass Savannah getestet wurde und den Drang kontrollieren kann“, fügte Dad hinzu.
„Bei normalem menschlichen Blut“, wandte Caravass ein. „Der Bericht der Beobachter hat gezeigt, dass sie sich bei Clann-Blut nicht unter Kontrolle hat. Das ist ein Anlass zu großer Besorgnis. Wir können nicht zulassen, dass sie unseren Friedensvertrag mit dem Clann gefährdet oder uns vor der ganzen Welt enttarnt. Wenn man sie nicht unter Kontrolle halten kann, stellt sie eine Gefahr für unsere gesamte Gesellschaft dar.“
„Nein, das tue ich nicht.“ Unglaublich, dass ich es wagte, etwas zu sagen. Jeder von ihnen hätte mir problemlos das Genick brechen können, bevor ich auch nur gemerkt hätte, dass er nicht mehr auf seinem Platz saß.
Caravass starrte mir direkt in die Augen. „Wie kannst du dir da sicher sein?“
„Weil ich in den letzten sechs Monaten oft mit einem Nachfahren des Clanns allein war. Ich hätte reichlich Gelegenheit gehabt …“ Ihn auszusaugen? Von ihm zu trinken? Wie lautete die richtige Formulierung? „… ihn zu beißen. Aber das habe ich nicht.“
„Eine bewundernswerte Selbstbeherrschung“, gab Caravass zu. „Trotzdem hast du die Beherrschung teilweise verloren, als du kürzlich sein Blut gesehen und gerochen hast, nicht wahr?“
Ich schluckte schwer. Schon bei diesen Worten erfüllte die Erinnerung an den Geschmack wieder meinen Mund. „Das stimmt. Aber in diesem Moment habe ich zum allerersten Mal den Blutdurst verspürt. Jetzt weiß ich, wie er sich anfühlt, und kann meine Reaktion kontrollieren. Außerdem habe ich ja nicht zugebissen.“
„Wir brauchen Beweise. Wenn du wirklich glaubst, dass du dich vollkommen im Griff hast, unterziehst du dich freiwillig unserer Prüfung.“ Auf eine Geste von Caravass hin drückte ein Wächter an der rechten Wand auf einen Knopf. Ein ebener Wandabschnitt glitt in eine Vertiefung und enthüllte ein Fenster, hinter dem eine Art Verhörraum lag.
Auf einem Metallstuhl mitten in dem sonst leeren, grauen Raum saß Tristan. Er war mit Handschellen gefesselt und ohnmächtig.
Unwillkürlich sog ich scharf die Luft ein. Tristan. Was hatten sie ihm angetan? Ging es ihm gut?
Dad hätte mich warnen können, dass Tristan die Überraschungwar. Der Clann würde deswegen fuchsteufelswild werden. Wahrscheinlich würden die Nachfahren mir auch noch die Schuld dafür geben. Andererseits wäre Tristan tatsächlich nicht hier, wenn ich der Versuchung nicht nachgegeben hätte und seine Freundin geworden wäre. Also war es wohl doch meine Schuld.
„Es wird schon jetzt deutlich, dass du dich in der Gegenwart dieses Hexenjungen nicht völlig unter Kontrolle hast“, sagte Caravass.
„Zur Hälfte bin ich ein Mensch. Ich empfinde etwas für ihn“, gestand ich flüsternd und riss den Blick von Tristan los.
„Gefühle sind ein Zeichen für fehlende Kontrolle“, zischte eine Ratsherrin mit verkniffener Miene. „Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere ganze Gesellschaft durch ein Mädchen gefährdet wird, das seine Gefühle nicht im Griff hat.“
„Besonders nicht, wenn der Grund dafür ein Clann-Mitglied ist“, stimmte Caravass zu.
Die Angst der Ratsmitglieder wuchs weiter, bis sie mich fast erstickte.
Was für Heuchler! Sie wollten mir nicht mal die Gelegenheit geben, mich zu beweisen. Ich musste etwas sagen. „Stellen Sie mich doch auf die Probe.“
Dad erstarrte. „Ich möchte zu bedenken geben, dass die Prüfung auf ein vertretbares Maß beschränkt werden sollte, um keinen neuen Krieg mit dem Clann auszulösen. Die Nachfahren könnten es schon als Verletzung des Vertrags ansehen, dass wir ihren zukünftigen Anführer entführt haben. Vielleicht wäre es unklug, sie noch weiter zu provozieren.“
Wie sollten sie den Clann noch weiter provozieren? Indem sie Tristan töteten?
Als der Rat zögerte, stockte mir der Atem.
„Nun gut“, willigte Caravass
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